Steinbrück-Nominierung "Nicht mehr als ein König ohne Land"
01.10.2012, 19:41 Uhr
Seit heute Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2013: Peer Steinbrück. Die offizielle Kür soll durch einen Sonderparteitag am 9. Dezember in Hannover folgen.
(Foto: dpa)
Die leidige K-Frage der SPD ist entschieden: Ex-Finanzminister Peer Steinbrück tritt bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr gegen Kanzlerin Angela Merkel an. Der frischgekürte SPD-Kanzlerkandidat wartet nicht lange und skizziert bereits jetzt, wie er Merkel - mit der er lange Zeit als gutes Team galt - in einem Jahr aus dem Kanzleramt vertreiben möchte. Ob der Meister der Rhetorik Chancen hat und was er Merkel entgegensetzen kann, diskutiert die deutsche Zeitungslandschaft. Steinbrück-Biograf Eckart Lohse stellt indes im Interview mit n-tv.de fest: "Er muss weiterhin provozieren".
Der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt: "Will Steinbrück seinen Ruf als Politiker waren, der weit in bürgerliche Schichten hineinwirken kann, muss er eine über Jahrzehnte herausgebildete Bewährungsprobe für sozialdemokratische Kanzlerkandidaten bestehen". Steinbrück müsse seine Autorität walten lassen und "die Parteilinke in die Schranken weisen", heißt es weiter. Und: "Weil außer den Inhalten auch noch Schröders Stil in der SPD inzwischen verpönt ist, geht das nur auf dem Wege der Überzeugung, nicht 'par ordre de Mufti'".
Einen ähnlichen Ansatz vertritt die Frankfurter Rundschau. Nach Ansicht der Kommentatoren aus Hessen ist es "im praktischen System des Ausbalancierens der politischen Kräfte" notwendig, "nicht nur von unten nach oben, sondern auch von oben nach unten zu entscheiden. Für einen gewählten Kanzler ist das leichter als für einen Kanzlerkandidaten. Es zählt jedoch zu den Geheimnissen von Autorität, umstrittenen Entscheidungen Legitimität zu verschaffen und die widerstrebende Mehrheit am Ende auf ihre Seite zu bringen. Steinbrück geht einen schweren Gang".
Für die Hessische Niedersächsische Allgemeine verschwindet "der erhoffte Null-Problemo-Raketenstart" Steinbrücks "hinter einer großen Rauchwolke", denn anders als von Parteichef Gabriel angekündigt, gebe es keinen Rentenkompromiss in der SPD: "Drei Jahre in der Opposition reichten nicht, um die Partei startklar zu machen. Nun also im Dezember. Vielleicht. Dabei reicht allein schon der Blick auf die Geringverdiener, dass die bisherigen Reformen unseres Rentensystems nur ein Anfang gewesen sein können". Die Kommentatoren aus Kassel resümieren: "Es gibt viel zu tun für eine Opposition, die gewählt werden will. Noch ist ihr Anführer Peer Steinbrück nicht mehr als ein König ohne Land".
Skeptisch gibt sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): "So lange wurde also getan, als sei das Rennen halbwegs offen, um den Kandidaten nicht zu 'verbrennen'? Wenn das stimmt, hat die Parteiführung viel Aufwand getrieben, um ihren Kandidaten dann doch gleich ein wenig anzukokeln, und zwar just an dem Tag, an dem er vom Vorstand nominiert wurde. Nicht genug, dass die Partei im Dezember nicht ganz unwichtige Beschlüsse gefasst hatte, die Steinbrück früher noch an der Seite des mittlerweile aus der Partei ausgeschlossenen Wolfgang Clement mit galligem Humor hingenommen hätte. Die SPD wird ihm jetzt auch eine Rentenpolitik zumuten (...) Die Hoffnung jedenfalls, dass sich Steinbrücks Kandidatur disziplinierend auf die Parteilinke auswirken werde, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Rente ist ein Symbolthema".
Dem Thema Rente widmet sich auch die Rhein-Zeitung. Nach Ansicht der Kommentatoren sollte die SPD darüber diskutieren, "wie ein starker Staat die Bedingungen am Anfang des Lebens, bei der Bildung, stärken kann, anstatt den staatlichen Reparaturbetrieb am Ende des Lebens der Bürger zu ölen. Peer Steinbrück ist kurz davor, eine Mindestrente, eine Absenkung des Rentenniveaus und Korrekturen bei der Rente mit 67 durchzuwinken. Schade, eigentlich. Er sollte auf sein Wahlkampfvorbild Gerhard Schröder hören. Die Demografie kann auch nicht durch Parteipapiere außer Kraft gesetzt werden".
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke