Pressestimmen

Rösler wird FDP-Chef "Profilierung kaum möglich"

Verhilft Philipp Rösler der FDP zu neuer Glaubwürdigkeit?

Verhilft Philipp Rösler der FDP zu neuer Glaubwürdigkeit?

(Foto: picture alliance / dpa)

Die FDP hat einen neuen Chef, Philipp Rösler meldet seine Kandidatur als Partei-Vorsitzender an. Er gilt als unverkrampft und sympathisch. Doch wird ihm das, gefangen im Minenfeld des Gesundheitsministeriums, wenig nützen. Von dort aus kann er eher als Chefchen denn als Chef agieren, meint nicht nur n-tv.de.

Es möge unklug sein, dass Philipp Rösler Gesundheitsminister bleibe, so die Landeszeitung, denn in diesem Ressort ließen sich keine "Sympathiepunkte holen". Doch könnte sich sein "Verzicht auf einen Machtkampf mit Brüderle (…) als kluger Schachzug bezahlt machen". Er habe die zukünftige Richtung der Liberalen bereits deutlich gemacht: "Vorwärts mit Vergangenheit. Schließlich seien die Liberalen stets eine Partei von Maß und Mitte gewesen. Mit anderen Worten: Westerwellesche Klientelpolitik und Steuersenkungslitaneien soll es nicht mehr geben." Der Gesundheitsminister wisse, mutmaßt das Blatt, aus Lüneburg, "dass er in einer komfortablen Lage ist und seinen Kurs durchsetzen kann. Denn wer jetzt Flügelkämpfe vom Zaun bricht, lässt die FDP vollends abstürzen."

"Mit Freundlichkeit allein wird der künftige FDP-Chef das Ruder nicht herumreißen können", meint die Nürnberger Zeitung. Vor Rösler liege schwere Arbeit, "er muss die bürgerrechtliche Tradition mit dem starken Wirtschaftsflügel verbinden - und den Bürgern in Zeiten tiefer Verunsicherung erklären, weshalb der Staat nicht alles regeln soll und kann." Dazu brauche der künftige FDP-Chef ein Team, "und wohl auch deswegen hat Rösler davon abgesehen, gleich tabula rasa zu machen", stimmt die Zeitung zu.

Auch die Rhein-Zeitung geht auf die "Machtprobe" mit dem Bundeswirtschaftsminister ein und stellt Positives heraus. Denn auch wenn "der sanfte Wilde aus dem Norden" diese verloren habe "und im Haifischbecken der Gesundheits-Lobby kaum für positive Schlagzeilen sorgen kann", Philipp Rösler besitze "ein nicht zu unterschätzendes Plus: Der Niedersachse gehört zu einer Garde von Politikern, die als Kontrast im normalen Berliner Parteibetrieb auffallen, weil sie unverkrampft auftreten und sympathisch wirken."

Der Münchner Merkur nennt die gute Nachricht zuerst: "Nach quälenden Geburtswehen hat sich die FDP einen neuen Anführer beschert." Das war es aber auch schon, denn die schlechte ist: "Mit dem erhofften Blitzstart raus aus der Misere wird es nichts werden. Denn Philipp Rösler bleibt gefangen im Minenfeld des Gesundheitsministeriums, in dem jede unvorsichtige Bewegung zu Blessuren führt und Profilierung kaum möglich ist." Aber genau das brauche die FDP laut dem Blatt aus Bayerns Landeshauptstadt. "Verlorenes Vertrauen kann man nicht zurückbefehlen, sondern nur mühsam erwerben. In einer Koalition, in der der Partner seine 'ausgeliehenen' Wähler zurückhaben will, während der abgehalfterte Vorsitzende im Außenamt sein Verlierer-Image konserviert, ein fast aussichtsloses Unterfangen."

Ein Parteichef oder zumindest ein künftiger müsse vor allem eins leisten können: ein Machtwort. "Doch dazu waren Rösler und seine neue U40-FDP schon beim Start nicht stark genug", konstatiert die Abendzeitung. Ergo bleibe ein jeder, was er gerade sei, "und die FDP bekommt einen Chef, der eher ein Chefchen ist." Das Fazit des Blattes aus München ist vernichtend: "Schlimmer hätte es für die Liberalen kaum laufen können. Sie hat jetzt einen Wirtschaftsminister, den sie loswerden wollte, einen Außenminister, der nicht mehr fürs Parteiamt taugt, einen Entwicklungshilfeminister, dessen Posten sie noch im Wahlkampf abzuschaffen versprach. Und einen Gesundheitsminister, der gerne richtig groß rausgekommen wäre, aber nicht konnte."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger

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