Pressestimmen

Die Trennung der Wulffs "Sie gab ihm ihre Jugend"

Ein Bild aus den berühmten besseren Jahren, als die Wulffs noch ein Glamour-Paar waren.

Ein Bild aus den berühmten besseren Jahren, als die Wulffs noch ein Glamour-Paar waren.

(Foto: dpa)

Eigentlich geht das ja niemand etwas an. Aber natürlich ist die Trennung von Christian und Bettina Wulff dennoch eine Nachricht. Und Nachrichten werden kommentiert. Mit Häme halten sich die Zeitungen zurück. Stattdessen gibt es schmalzige Floskeln, ein bisschen Mitgefühl für Herrn und Kritik an Frau Wulff.

"Eine Ehe und eine Beziehung bewähren sich erst in schlechten Zeiten", weiß die Thüringische Landeszeitung. "Viele Ehen überstehen diese Krisen aber heute nicht mehr. Weil die Menschen nicht mehr auf Krisensituationen eingestellt sind, weil gegenseitiges Stützen und Helfen nur noch begrenzt möglich ist, weil Egoismus über das Versprechen des gegenseitigen Beistandes siegt. So oder so ähnlich muss es auch im Falle Wulff gewesen sein. Eine Glamour-Beziehung, so lange alles gut ging. Die Klatschblätter voll, immer neue Home-Storys - und dann der zum größten Teil selbst verschuldete berufliche Absturz des Mannes. Das hat die Beziehung nicht ausgehalten, weil sie auf Krisensituationen nicht angelegt war."

Vor dem Hause Wulff in Großburgwedel werden mittlerweile sogar Müllwerker fotografiert.

Vor dem Hause Wulff in Großburgwedel werden mittlerweile sogar Müllwerker fotografiert.

(Foto: dpa)

Die Leipziger Volkszeitung ist von der Nachricht der Trennung nicht überrascht: "Neue Brille, neue Frisur - jeder Paartherapeut weiß, was das bedeutet. Zudem liegen seit September die Scheidungspapiere öffentlich aus: Gut 200 Seiten 'Jenseits des Protokolls', unterschrieben von Frau Bettina, in denen sie beklagt, dass ihr Mann es nicht geschafft habe, sich auch noch um ihre Gefühle zu kümmern."

Auch die Nürnberger Nachrichten verweisen auf das Buch von Bettina Wulff, in dem sie "sehr Intimes und auch sehr viel Abfälliges über ihren Mann" preisgeben habe. Dieses Buch sei "eine Art Scheidungserklärung vor den Augen der Republik" gewesen. "Welche Motive die 39-Jährige antrieben, das geht in der Tat niemanden etwas an. Aber es lässt sich aus ihrem Reden, Schreiben und Handeln schon etwas herauslesen, das zusehends zu beobachten ist: Wie sie da etwa lamentierte über all die Belastungen, die mit ihrer Rolle als Präsidenten-Gattin verbunden gewesen seien, das zeigte doch eine reichlich ausgeprägte Ich-Bezogenheit. Zu diesem offiziell gar nicht existierenden Amt der First Lady gehören eben auch Aufgaben und die Tatsache, im Blickpunkt zu stehen. Aber ein Begriff wie 'Pflichtbewusstsein' passt vielleicht nicht in die Weltsicht von Bettina Wulff."

Die Neue Presse aus Hannover erinnert an das Jahr 2006, als "die jugendliche PR-Frau Bettina wie eine politische Frischzellenkur auf den biederen Ministerpräsidenten aus Niedersachsen" gewirkt habe. "Mehr Glamour, neuer Style, neue Freunde - die Verwandlung des Christian Wulff war offenkundig in jenen Tagen." Doch, so das Blatt weiter, Wulff habe seiner Frau nach seinem Rücktritt als Bundespräsident "offenbar nicht mehr ausreichend zu bieten". "Die Trennung erfolgte erwartungsgemäß und im gegenseitigen Einvernehmen. Schuldfrage ungeklärt. Und was bleibt, ist hier die moderne Frau - dort der gebrochene Mann."

"Christian und Bettina Wulff haben von Anfang an eine medial inszenierte Beziehung geführt, wie sie in Politikerkreisen ihresgleichen sucht", schreibt das Flensburger Tageblatt. "Sie ist zugleich ein Lehrstück dafür, wie sich mit der Macht der Medien Karrieren befördern und ebenso brachial zerstören lassen. Christian Wulff - das ist die Tragik des CDU-Mannes - hat sich verirrt in der Welt des Scheins. In der Welt der Gier und Gefälligkeiten. Wie sehr er damit dem höchsten Amt des Staates und mithin der Politik im Ganzen geschadet hat, das hat er nicht erkannt. Die Affäre um die Finanzierung seines Einfamilienhauses und gesponserte Urlaube hat Wulff nicht nur das Amt des Bundespräsidenten, sondern letztlich wohl auch seine zweite Ehe gekostet. Gescheitert als Staatsoberhaupt, gescheitert als Ehemann - viel tiefer kann man kaum fallen."

Ganz anders die Sicht der Nordsee-Zeitung: Das Blatt aus Bremerhaven weist darauf hin, dass in Deutschland jede dritte Ehe scheitert. "Dass auch vermeintlich einflussreiche Menschen davor nicht gefeit sind, macht Bettina und Christian Wulff menschlich. Und jede bösartige Häme, die einem auf der Zunge liegt, doppelt überflüssig."

Ähnlich sehen es die Lübecker Nachrichten: "In zweieinhalb Jahren hat Christian Wulff fast alles verloren: sein Amt, seine Reputation, jetzt seine zweite Ehefrau und Familie. Wulff hat genug Angriffsfläche geboten. Er hat zu verstehen gegeben, dass dieses Amt zu groß für ihn war. Und er hat selbst nicht oder erst zu spät verstanden, warum. Jetzt steht er vor den Trümmern seiner Ehe, die vielleicht ein großes Missverständnis gewesen ist. Aber das wissen nur zwei Menschen. Und nur die geht es etwas an."

Die Nürnberger Zeitung lässt sich nicht davon abhalten, die Ehe der Wulffs zu analysieren. "Er gab ihr Bedeutung, sie gab ihm ihre Jugend. Der Preis, den er zahlte, war höher: Jeder seiner Fehler hatte damit zu tun, dass er ihr gefallen wollte. Nun, da er sie endgültig nicht mehr halten kann, schweigt er immerhin zu den Demütigungen, die sie ihm bereitet. Gegen die ärgste ist er ohnehin machtlos: Offenbar hat Bettina ausgerechnet Kai Diekmann über die Details der Trennung informiert. Der 'Bild'-Chef zeigt Christian Wulff auf der Titelseite als hilflosen Zwerg, auf den seine Noch-Ehefrau milde lächelnd herunterblickt. Die Würde aber ist in diesem Fall auf der Seite des Zwergs."

Quelle: ntv.de

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