Börsen auf Talfahrt "Süßigkeiten-Entzug tut weh"
19.08.2011, 20:26 UhrWieder einmal sorgen die Finanzmärkte für einen Paukenschlag nach dem anderen - weltweit stürzen Aktienkurse ab, Börsianer stehen unter Dauerstress, Kleinanleger sind überfordert. Und die Politik? Die läuft den rasend schnellen Ereignissen hinterher. Für die Kommentatoren der deutschen Zeitungen steht fest: Der Ärger ist noch lange nicht vorbei.
Die Süddeutsche Zeitung zeigt Kante: "Wer glaubt, man müsse nur die Spekulanten zähmen und die Gefahr sei gebannt, der irrt. Eine Woche ist das Leerverkaufsverbot alt, an dem Ausverkauf von Aktien hat sich nichts geändert". Der Kern des Übels steht für die Kommentatoren der der Münchener Zeitung fest: "Angst macht den Anlegern, dass die Regierungen keinen Weg aus der Schuldensucht aufzeigen. Der Merkel-Sarkozy-Gipfel hat nichts hervorgebracht als die alte Idee einer Finanztransaktionssteuer. Finanzmärkte sind nicht gut oder böse. Sie reagieren auf Entscheidungen, mit denen Unternehmen und Politiker sie füttern. Zu lange wurden die Börsen wie verwöhnte Kinder mit Süßigkeiten gemästet, jetzt müssen sich Investoren wieder an Schwarzbrot gewöhnen. Der Entzug tut weh. Politiker und Börsianer müssen das aushalten".
Handlungsbedarf sieht auch der Südkurier aus Konstanz: "Der vermeintlich große Wurf in der Euro-Krise, den Angela Merkel und Nicolas Sarkozy vor wenigen Tagen so vollmundig angekündigt haben und der eine engere Verzahnung der Wirtschaftspolitik so wie eine Schuldenbremse für alle vorsieht, hat die Börsianer nicht überzeugt. Sie werden wohl erst locker lassen, wenn sich die Politiker eindeutig entschieden haben. Entschieden darüber, ob sie ein wirklich gemeinsames Europa - und damit auch eine Transferunion - anstreben oder am Status Quo festhalten wollen - mit allen Konsequenzen. Denn mit dem jetzigen Zuschnitt der Währungsunion wird letzteres auf Dauer kaum möglich sein".
"Es ist eine Mixtur aus drohender Rezession, Banken- und Schuldenkrise, die die Lage an den Märkten so ungemütlich macht", schreibt der Münchner Merkur. "Hinzu kommt: Die Regierungen, aber auch die Notenbanken haben ihr Pulver zur Ankurbelung der Wirtschaft weitgehend verschossen. Und: Noch immer haben etliche Marktteilnehmer die Illusion, der scheinbar unbezwingbar Gigant Deutschland könne ganz Europa aus seinen Schulden herauskaufen, sei es über Rettungsschirme oder Eurobonds. Dieser unausrottbare Glaube birgt großes Enttäuschungspotenzial. Hohe vierstellige Milliardenbeträge wird auch Deutschland nicht stemmen können. Selbst wenn sich die Kanzlerin von den EU-Partnern breitschlagen ließe: Am Ende könnten ihr die Wähler in den Arm fallen."
Der steigenden Unsicherheit an den Börsen und in den Firmenzentralen etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, versucht die Sächsische Zeitung aus Dresden: "Unternehmen und Verbraucher sollten versuchen, sich von entsetzt dreinblickenden Aktienhändlern im Fernsehen nicht anstecken zu lassen. Sonst wird das schlimmste Szenario sich selbst erfüllender Erwartungen Wirklichkeit: Investitionen in Fabriken oder in neue Möbel könnten verschoben werden. Die Bremsspuren für die Wirtschaft würden in diesem Fall erheblich stärker ausfallen".
Die Märkische Oderzeitung stellt fest: "So schlecht sind die Wirtschaftsdaten vielfach gar nicht, als dass eine allgemeine Panik ausbrechen müsste. Man spürt das Krisenpotenzial, das schon, und weiß - theoretisch -, wie zu handeln wäre". Aber, und das ist das Entscheidende für die Zeitung aus Frankfurt/Oder: "Die Politik tut sich unglaublich schwer damit. Es werden Entscheidungen getroffen, die keine Lösungen sind, oder doch nur halbe". Die Börsenkurse, so die Kommentatoren, spiegelten deshalb nur die Frage: "Was passiert demnächst?".
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke