Verfahren gegen DSK eingestellt Ungestraft davongekommen?
23.08.2011, 19:05 UhrEin New Yorker Richter stellt das Strafverfahren gegen Dominique Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung ein. Nun ist er zwar ein freier Mann, doch seine politische Karriere und sein Ansehen sind zerstört. Denn ohne Prozess kann es auch keinen Beweis seiner Unschuld geben. Und während manche Zweifel daran hegen, ist er für andere ein bloßes Opfer des US-amerikanischen Justizsystems und der Medien.
Für den Münchner Merkur gibt es nach dem Ende des Strafverfahrens gegen Dominique Strauss-Kahn keine Gewinner, nur Verlierer: "In weltweiter Erinnerung bleiben die Fotos vom Herrn des Geldes in Handschellen. Verloren ist sein Job als IWF-Chef, dahin die Chance auf eine Präsidentschaftskandidatur. Was immer in dem Hotelzimmer geschah, wird ihn wie ein böser Geist verfolgen. Denn ohne Prozess gibt es auch keinen Beweis seiner Unschuld. Gleichzeitig ist das Zimmermädchen für den Rest ihres Lebens als Lügnerin gebrandmarkt. Ihre Perspektive ist Katastrophe pur. Zu den Verlierern gehört aber auch die US-Justiz, die im Vorfeld der Anklage gnadenlos in zwei Biografien wütete. Es bleibt der Verdacht, dass sich ein unerfahrener Anwalt verrannt hat oder - noch schlimmer - dass man mit viel Geld die besseren Chancen vor Gericht hat."
Vor der US-amerikanischen Justiz müsse sich der ehemalige IWF-Chef bald nicht mehr fürchten. Aber "seine Reputation, auch seine berufliche Existenz sind zerstört", schreibt die Stuttgarter Zeitung. Darüber hinaus mahnt das Blatt: "Wer gegen Vorverurteilungen ist, muss nun freilich mit derselben Entschiedenheit gegen eine Nachverurteilung jener Frau kämpfen, die den mächtigen Mann der Vergewaltigung beschuldigt hat." Denn der Rechtsstaat urteile nicht über die Wahrheit, sondern nur darüber, was nachzuweisen sei. "Das schafft zwar oft neues Unrecht. Doch damit muss man leben. Alles andere wäre noch schlimmer."
Der Kölner Stadt-Anzeiger hinterfragt den Wahrheitsaspekt kritischer: "Strauss-Kahn erhält seine Freiheit wieder und kann nach Frankreich zurückkehren. Es bedeutet aber nicht, dass er unschuldig ist. Die Frage der Schuld bleibt - zumindest strafrechtlich - ungeklärt. Mehr noch: Es bleibt der Verdacht, dass er in Wahrheit zwar schuldig ist, juristisches Können seiner Anwälte und Inkompetenz des Staatsanwaltes ihn aber ungestraft davonkommen lassen." Aus diesem Grund, schlussfolgert das Blatt, dürfe Strauss-Kahn in naher Zukunft keine verantwortungsvolle Rolle auf der politischen Bühne übernehmen – "auch wenn mancher Parteifreund immer noch auf ihn hoffen mag".
Das Handelsblatt nimmt dagegen das US-amerikanische Rechtssystem unter die Lupe und zieht eine Lehre aus dem geplatzten Verfahren gegen Dominique Strauss-Kahn: "Gnade jedem, der in die Fänge des US-Justizsystems gerät. Denn auch wenn die Staatsanwaltschaft nun im letzten Moment einen Fall stoppte, dem die Basis fehlte, so offenbart die Causa DSK die Schwächen des amerikanischen Rechtssystems. Diese sind: der Hang zu übereilter Entscheidungsfindung, das permanente Füttern der Medien mit Details aus laufenden Verfahren, ein Geschworenensystem, das zur Willkür einlädt, und vor allem ein Rechtsverständnis, das in erster Linie auf Abschreckung beruht." Strauss-Kahn habe über Mittel verfügt, um sich dagegen zur Wehr zu setzen. Wer diese nicht habe, muss befürchten, dass ihm vor Gericht keine Gerechtigkeit widerfahre, meint das Blatt aus Düsseldorf.
Das vorschnelle Urteil der Medien über Strauss-Kahn macht der Fränkische Tag zum Thema: "Dem Franzosen eilt der Ruf als Filou und Schürzenjäger voraus - also muss er auch die Vergewaltigung begangen haben. So gut wie keine Zweifel! Dabei hätten die sehr schnell kommen müssen. Von Beginn an strotzte der Fall vor ungeklärten Fragen. Es wurde wild spekuliert, Entlastendes entsprechend klein gehalten. So bitter es ist: Letztlich ist Strauss-Kahn ein Opfer der Medien geworden - zumindest, was die rein juristische Betrachtung des Falles betrifft. Moralisch mag das anders aussehen."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger