Pressestimmen

Gerichtshof kritisiert Vorratsdatenspeicherung "Wann wir in die Badewanne gehen"

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Nach einem kritischen Gutachten am Europäischen Gerichtshof ist der Streit um die Einführung der Vorratsdatenspeicherung neu entbrannt. Bei n-tv.de schreibt Christoph Herwartz von einem späten Erfolg für die FDP. Die deutsche Presse spekuliert, was das Gutachten für eine neue Bundesregierung bedeutet.

Telefondienstleister müssten gewährleisten, dass Dienste wie etwa die NSA außen vor bleiben.

Telefondienstleister müssten gewährleisten, dass Dienste wie etwa die NSA außen vor bleiben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Trotz einer berechtigten Forderung der Sicherheitsbehörden nach Waffengleichheit mit Kriminellen steht für die deutsche Presse das Schutzbedürfnis der Privatsphäre an erster Stelle. Laut dem Münchner Merkur würden Polizei und Geheimdienste "am liebsten den gesamten Datenverkehr in einem riesigen "Vorratsbehälter" bunkern, um nach Belieben darin zu fischen, während Datenschützer darin einen unzulässigen Generalverdacht gegen die  Bevölkerung sehen. Spätestens die Schnüffelwut der NSA müsste Justiz, Sicherheitsbehörden und Politik zur Einsicht gebracht haben."

Das Delmenhorster Kreisblatt überträgt die Vorratsdatenspeicherung auf das reale Leben: "Es wäre so, als würde permanent jemand hinter uns herlaufen und alles dokumentieren, was wir so treiben. Wo wir gerade sind, mit wem wir sprechen, was wir einkaufen, wann wir in die Badewanne gehen - nur, damit den Behörden dann im Falle eines schwerwiegenden Tatverdachts der Datensatz mit einem so ausführlichen Profil eines Menschen zur Verfügung steht, wie es sich der Normalbürger gar nicht vorstellen kann."

Für die Nürnberger Nachrichten ist die Datenspeicherung zur Terrorismusbekämpfung "bislang nur eine Behauptung ohne Beweise: Seit 2010 gibt es in Deutschland nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine solche Speicherung mehr, ohne dass das Land im Terror versunken wäre."

Trotzdem ist die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar, erinnert die Mitteldeutsche Zeitung aus Halle: "In seiner Einschätzung folgt [der Generalanwalt] Cruz Villalón damit in weiten Teilen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010. Mehr Datenschutz und höhere Zugriffshürden verlangte Karlsruhe damals. Die Richter erklärten die Speicherung für sechs Monate, wie sie in Deutschland galt, an sich aber als "nicht schlechterdings unvereinbar" mit dem Grundgesetz."

Der Generalanwalt hegt also keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen diesen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Laut Kölner Stadt-Anzeiger ist einer Vorratsdatenspeicherung deshalb rechtlich nicht beizukommen. "Ganz anders sieht das aber politisch in einer Zeit aus, da die Sensibilität gegenüber solch großen Datensammlungen durch die NSA-Affäre gestiegen ist."

Einer neuen Regierungskoalition empfiehlt die Rhein-Zeitung aus Koblenz, vorzubeugen und die Vorratsdatenspeicherung genau so zu formulieren, wie es sowohl das deutsche Verfassungsgericht als auch der Generalanwalt verlangen. "Damit gelänge nicht nur der Nachweis, eine EU-Vorgabe umgesetzt zu haben. Das gäbe auch ein Vorbild für die erst in zwei Jahren zu erwartende neue EU-Richtlinie ab, würde den verfolgungsfreien Raum der Verbrecher in Deutschland endlich wieder eindämmen und wäre ein Beleg, wie Datenschutz funktioniert und gleichzeitig schwere Straftaten aufgeklärt werden können."

Zusammengestellt von Anna Veit

Quelle: ntv.de

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