Ohne Sperrfrist Gibt's Kindergeld für EU-Ausländer sofort?
16.03.2021, 19:12 Uhr
Das Kindergeld ist zum Jahreswechsel um 15 Euro pro Kind gestiegen.
(Foto: Jens Büttner/ZB/dpa/Symbolbild)
Wer aus der Europäischen Union ohne Job nach Deutschland kommt, kann meistens nicht sofort Kindergeld beziehen. Anders liegt der Fall, wenn der Ehepartner hier schon länger lebt und arbeitet, urteilte das Finanzgericht Münster.
EU-Ausländer, die nach Deutschland ziehen, können hier Anspruch auf Kindergeld haben. Sind sie nicht erwerbstätig, gilt zwar in der Regel eine dreimonatige Sperrfrist. Allerdings nicht immer, wie das Finanzgericht Münster ( Az.: 8 K 2975/20 Kg) in einem Fall entschieden hat. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins hin.
In dem verhandelten Fall zog eine bulgarische Staatsbürgerin im Sommer 2020 mit ihren Kindern nach Deutschland zu ihrem Mann. Dieser lebte und arbeitete bereits seit Ende 2019 in Deutschland. Er ist angestellt und in Vollzeit berufstätig. Die Frau beantragte Kindergeld für die beiden Kinder. Die Familienkasse lehnte den Antrag für die ersten drei Monate ab. Für arbeitslose EU-Bürger gelte eine dreimonatige Sperrfrist ab Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland.
Fiktiver Familienwohnsitz ausreichend
Die Frau klagte und bekam Recht. Die Sperrfrist greife hier nicht, entschied das Gericht. Die Frau habe bereits vor dem Sommer 2020 Anspruch auf deutsches Kindergeld gehabt. Für die Begründung eines Wohnsitzes sei auch ein fiktiver Familienwohnsitz ausreichend. Einen solchen habe die Frau schon vor ihrem Zuzug nach Deutschland gehabt, weil ihr Ehemann hier gewohnt und gearbeitet habe.
Es sei nicht der Sinn der Sperrfrist, den Kindergeldanspruch für solche EU-Bürger auszuschließen, die ohnehin schon als "fiktiv Inlandsansässige" einen Anspruch haben. Das deutsche Sozialsystem solle vielmehr davor geschützt werden, in unangemessener Weise in Anspruch genommen zu werden.
Das Kindergeld ist zum Jahreswechsel 2020/2021 um 15 Euro pro Kind gestiegen. Für das erste und zweite Kind werden dem am Freitag vom Bundesrat gebilligten Gesetz zufolge ab Januar 2021 jeweils 219 Euro gezahlt, für das dritte Kind 225 Euro und für jedes weitere Kind je 250 Euro.
Quelle: ntv.de, awi/dpa