
Kostenfalle PKV? Zumindest kann in einen anderen Tarif gewechselt werden.
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Die Beiträge für private Krankenversicherungen steigen. Das überfordert so manchen finanziell. Gut, dass es die Möglichkeit gibt, in einen günstigeren Tarif des Versicherers zu wechseln. Doch das ist gar nicht so einfach und erfordert eine sorgfältige Prüfung - und meist auch etwas Geld, um langfristig zu sparen.
Wer privat krankenversichert ist, muss sich oftmals auf steigende Beiträge einstellen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Über die Jahre bleibt der eine Tarif relativ preisstabil, während der andere teurer und teurer wird. Wie sich der eigene Beitrag entwickelt, entscheidet dabei das sogenannte "Kollektiv". Das sind all diejenigen, die sich in diesem Tarif befinden. Sind hier vorwiegend Gesunde, bleibt auch der Beitrag stabil. Sammeln sich im Kollektiv jedoch überdurchschnittlich viele Kranke und der Versicherer entscheidet vielleicht sogar, den Tarif für Neuzugänge zu schließen, steigen die Beiträge überdurchschnittlich an - ganz gleich, ob er gute oder schlechte Leistungen bietet.
Für den, der regelmäßig Post mit Beitragsanpassungen von der privaten Krankenversicherung (PKV) bekommt, kann dies ein Hinweis sein, dass sich der Tarif ungünstig entwickelt. Es wäre also erstrebenswert, dahin zu wechseln, wo die Gesunden in der Überzahl sind. Langjährig privat Krankenversicherte sollten allerdings nicht einfach wie gesetzlich Versicherte die Krankenkasse wechseln, wenn ihnen diese zu teuer wird. Denn es ist wenig sinnvoll, den Vertrag zu kündigen, um zu einer anderen Versicherung zu wechseln. Dann gehen die über meist viele Jahre angesparten Alterungsrückstellungen verloren, was den neuen Tarif nach kurzer Zeit extrem teuer macht.
Versicherung muss auf günstigere Alternativen hinweisen
Gut aber, dass es nach Paragraf 204 des Versicherungsvertragsgesetzes für den Versicherten das Recht gibt, jederzeit in einen anderen Tarif innerhalb des eigenen Versicherungsunternehmens mit dem sogenannten gleichartigen Versicherungsschutz zu wechseln. Tut er das innerhalb einer Gesellschaft, bleiben ihm auch die Altersrückstellungen erhalten und eine neuerliche Gesundheitsprüfung erspart. Zumindest so lange die Leistungen des neuen Kontraktes nicht höher sind.
Immer, wenn der Versicherer den Beitrag erhöht, muss er den Kunden auf günstigere Alternativen hinweisen. Die Verbraucherzentralen empfehlen, dass Kunden ihr Versicherungsunternehmen unter Berufung auf den Paragrafen 204 auffordern sollten, ihnen Angebote zum Wechsel in sämtliche den Wünschen entsprechende Tarife zu unterbreiten. So weit, so gut - in der Theorie. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu Problemen, wollen Versicherte ihren gesetzlich verbrieften Anspruch eines Tarifwechsels in Anspruch nehmen, wie unter anderem die Verbraucherzentrale Bundesverband in der Vergangenheit berichtete.
Und noch immer lassen sich aus den Hinweisen der Versicherungen, die sie zu den neu offerierten Tarifen geben, nicht immer die genauen Leistungen erkennen. Es gilt deshalb bei einer Prüfung sehr genau darauf zu achten, wo es beim neuen Angebot Leistungseinschränkungen gibt. Denn die Krux steckt wie immer im Detail. Der Versicherte muss seinen Vertrag gut kennen und überlegen, ob etwaige Einschränkungen die Ersparnis wirklich wert sind.
Tarifvergleich komplexe Angelegenheit
Denn vergleichbare oder bessere Leistungen für einen niedrigeren Beitrag anzubieten, liegt verständlicherweise nicht unbedingt im Interesse des Versicherers. Dasselbe gilt mitunter für den Versicherungsvermittler oder Makler. Denn sinkt der Beitrag, sinkt auch die Bestandsprovision. An diesem Interessenskonflikt haben auch die sogenannten "Leitlinien" wenig geändert, mit denen sich die Versicherer verpflichtet haben, Wechselwillige zu unterstützen. Einige Verbraucherzentralen bieten Unterstützung in Form von kostenpflichtiger Beratung beim Tarifwechsel an.
Beim Einordnen eines neuen Tarifes können aber auch unabhängige Versicherungsberater auf Honorarbasis oder sachverständige Tarifwechselberater helfen. Diese unterscheiden sich in Expertise und Vergütung. Während Versicherungsberater ein Stundenhonorar in Rechnung stellen, verlangen Tarifwechselberater meist ein Erfolgshonorar als Teil der Ersparnis des ersten Jahres. Dadurch lassen sich bei gleichwertigen, nicht selten sogar besseren Leistungen durch einen Tarifwechsel im Durchschnitt 2500 Euro im Jahr einsparen, wie Nico Ferrarese, Geschäftsführer des Tarifwechselberaters Minerva KundenRechte aus langjähriger Erfahrung zu berichten weiß.
Bietet der neue Tarif bessere Leistungen, steht eine neue Gesundheitsprüfung für diese Mehrleistungen an. Die können Versicherte aber auch zu ihrem Vorteil nutzen. Sind bei Vertragsabschluss festgestellte Krankheiten geheilt und damit vereinbarte Risikozuschläge obsolet, kann auch das den Beitrag wieder etwas senken. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse dann wieder gestrichen werden müssen.
Oft werden Standard- oder Basistarif angeboten
Versicherer schlagen Wechselwilligen gerne den Standard- oder Basistarif vor. Beide bieten ähnliche Leistungen wie die gesetzliche Krankenversicherung. Der Standardtarif ist in den meisten Fällen die günstigere Variante, denn der Beitrag im Basistarif entspricht in der Regel dem Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (derzeit 728,18 Euro monatlich) plus dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen. Außerdem gibt es im Basistarif keinen reduzierten Beitrag für Ehepartner.
Offen steht der Standardtarif allerdings nur Versicherten, die seit mindestens 10 Jahren privat krankenversichert und mindestens 65 Jahre alt sind. Oder die mindestens 55 Jahre alt sind und deren gesamtes Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (2023: 59.850 Euro) nicht übersteigt oder die jünger als 55 Jahre alt sind und eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften beziehen oder beantragt haben und ihr gesamtes Einkommen die genannte Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt.
Für alle anderen gibt es den Basistarif. Zu bedenken ist aber, dass beide Tarife nur die Grundversorgung zu bieten haben. Alles, was darüber hinausgeht, hat der Kunde selbst zu zahlen.
"Die sogenannten 'Sozialtarife' der PKV, der Standardtarif und der Basistarif, sollten für Tarifwechselwillige nie die erste Wahl sein. Denn es gibt immer gute Vollversicherungstarife, die günstiger als diese Tarife sind. Sowohl der Standard- als auch der Basistarif haben ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis. Tarifwechselwillige sollten diese Tarife meiden, auch weil ein erneuter Wechsel in der Regel nicht mehr möglich ist" rät aber Experte Ferrarese.
Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung?
Ein Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse steht nicht allen privat Versicherten offen. Zurückwechseln können alle Angestellten, die weniger als 59.850 Euro (Jahresarbeitsentgeltgrenze 2023) verdienen. Wer mehr verdient, kann die Arbeitszeit verringern, ein Sabbatical einlegen oder, wenn der Bruttolohn nur wenig über der genannten Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, auch in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Das mindert ebenfalls den Bruttolohn. Auch wer arbeitslos wird, kann wieder unter den Schutz der Gesetzlichen zurück.
Selbstständige haben es deutlich schwerer. Denn dafür ist die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit erforderlich. Wer diese aufgibt, kann sich gegebenenfalls beim Ehepartner familienversichern lassen oder aber arbeitslos melden.
Ein Zurück ist allerdings nur dann noch möglich, wenn der Versicherte unter 55 Jahre alt ist. Für Ältere ist dies nur noch erlaubt, wenn sie in den letzten fünf Jahren wenigstens einen Tag lang gesetzlich krankenversichert waren. Es kann eine Pflichtversicherung, freiwillige Versicherung oder Familienversicherung gewesen sein. Für den, der bereits in Rente ist, gibt es jedoch kaum einen Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.
Quelle: ntv.de