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Hamburg & Schleswig-Holstein Empfindliche Exponate – Moorleichen reisen nach Dänemark

Die Moorleichen sind die wohl bekanntesten Exponate auf Schloss Gottorf. Nun ziehen sie temporär nach Dänemark. Eine Herausforderung für die Restauratoren.

Schleswig (dpa/lno) - Nach Jahrzehnten in Schloss Gottorf in Schleswig ziehen die bekannten Moorleichen nach Dänemark. Zumindest temporär: Die empfindlichen Stars der Gottorfer Archäologie haben in speziellen Klimakisten und einem besonderen Lastwagen, der weniger Erschütterungen hat, die Museumsinsel verlassen und werden während der Umbauarbeiten des Schlosses die nächsten Jahre im etwa zweieinhalb Autostunden entfernten Silkeborg Museum ausgestellt. Dort wird am 8. Oktober anlässlich der Auffindung des berühmten Tollund-Manns vor genau 75 Jahren die Schau "Die Schläfer im Moor" eröffnet. 

Die Gottorfer Moorleichen nehmen dabei eine zentrale Rolle in der Präsentation ein. Benannt sind die zum Teil mehr als 2.000 Jahre alten und dank der idealen Bedingungen in Mooren überaus gut erhaltenen menschlichen Überreste nach den Orten ihres Auffindens: das Kind von Windeby, die Männer von Damendorf und Rendswühren sowie der Schädel von Osterby und ein Haarteil des Mannes von Dätgen.

Moorleichen stark mit Schadstoff belastet

Die Reise der Exponate und die Vorbereitungen dafür waren auch für die erfahrenen Restauratoren von Schloss Gottorf herausfordernd. Es habe der Verdacht bestanden, dass die Moorleichen durch Konservierungsmittel und Pestizide Schadstoff belastet sind, sagt Restauratorin Corinna Mayer. Umfangreiche Analysen im Vorfeld bestätigten den schlimmsten Verdacht "allumfassend". 

Das bedeutet: Jedes Mal, wenn die Vitrinen, in denen die Moorleichen liegen, geöffnet werden, müssen spezielle Schutzvorkehrungen getroffen werden. Ein Luftfiltergerät läuft und die Restauratoren müssen Ganzkörperanzüge sowie Schuhüberzieher, Handschuhe, Atemmaske sowie Schutzbrille tragen. 

Zustand der Exponate wird dokumentiert 

Es sei das erste Mal für sie, dass sie die Moorleichen bewegen, sagte Restauratorin Corinna Mayer der Deutschen Presse-Agentur. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Janosch Willers öffnet Mayer vorsichtig die Vitrine, in der das Kind von Windeby liegt. Bevor die Moorleichen auf die Reise gehen, dokumentieren die beiden Restauratoren akribisch Position und Zustand des Exponats. Später werden sie auf den Platten, auf denen sie liegen, in die Kisten gelegt. 

Eine Herausforderung, denn die drei Körper seien in sehr unterschiedlichen Zuständen und auch die Präsentation sei sehr unterschiedlich, sagt Mayer. "Wir haben das Kind von Windeby, das ist in sich eigentlich sehr stabil und mit dem Untergrund verbunden." Und dann gebe es eine Moorleiche, die quasi lose auf dem Untergrund aufliegt. "Da müssen wir erst einmal wirklich den Körper vom Untergrund heben. Das hat vom bestehenden Team noch nie jemand gemacht." 

Für die Restauratoren sind Moorleichen besonders 

Sie und ihr Kollege Willers hätten oft vor den Vitrinen gestanden und überlegt, "wie können wir es am besten machen", sagt Mayer. "Ich glaube, bei anderen Objekten hätten wir uns im Vorfeld nicht so viele Sorgen und Gedanken gemacht." 

Auch bei anderen Exponaten machten sie sich natürlich Gedanken, dass nichts beschädigt werde, "aber es ist gefühlt für mich schon was anderes, weil es halt menschliche Überreste sind und kein Metall- oder Keramikobjekt. Ich gehe da auf jeden Fall anders ran", so Mayer. Auch für Willers sind die Moorleichen ethisch besonders empfindliche Objekte. Es seien ja Leichen von Menschen. 

"Glücksfall" für beide Seiten

Mayer findet, "für Silkeborg ist es ein glücklicher Zufall, dass wir die Ausstellung ausräumen mussten". Man sei wirklich froh, dass die Exponate gezeigt werden und diese nicht die nächsten Jahre in einem Depot verschwinden. "Wir geben sie in die besten Hände."

Quelle: dpa

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