Hessen Clever statt teuer: Drei Kommunen zeigen, wie Sparen geht
23.10.2025, 14:10 Uhr
(Foto: Stadt Bad Soden-Salmünster/dpa)
Ein Naturbad ohne Chlor, Aufsicht und hohe Kosten? Wie Bürger in Bad Soden-Salmünster ihr Schwimmbad mit Mut und Muskelkraft gerettet haben. Und wie auch andere Städte findig mit Geld umgehen.
Bad Soden-Salmünster/Nidderau/Mörfelden-Walldorf (dpa/lhe) - Normalerweise steht der Bund der Steuerzahler in Hessen mit erhobenem Zeigefinger da – jedes Jahr prangert er in seinem sogenannten Schwarzbuch an, wo nach seiner Ansicht öffentliche Gelder verschwendet wurden. Doch einmal im Jahr gibt es auch Lob: Statt Vergeudung steht dann vorbildliches Wirtschaften im Mittelpunkt.
Gemeinsam mit dem Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) zeichnet der Steuerzahlerbund (BdSt) in diesem Jahr drei Kommunen aus, die nach Ansicht der Verbände gezeigt haben, wie verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeld aussehen kann. Bad Soden-Salmünster, Nidderau (beide Main-Kinzig-Kreis) und Mörfelden-Walldorf (Kreis Groß-Gerau) erhielten dafür den "Spar–Euro" - eine in Glas gefasste Münze samt Urkunde. Die Auszeichnung soll ausdrücklich andere Städte, Gemeinden und Landkreise zur Nachahmung ermutigen, wie beide Verbände betonten.
Schwimmbad gerettet
In Bad Soden-Salmünster haben engagierte Bürgerinnen und Bürger nach Angaben des Preiskomitees ihr Schwimmbad im Stadtteil Mernes vor der Schließung gerettet. Mit Eigeninitiative, Spenden, rund 5.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit und Fördermitteln vom Land wurde daraus ein modernes, energieautarkes Naturbad. Der Strombedarf wird über die Photovoltaikanlage gedeckt
Der Clou: Das quellgespeiste Wasser kostet nichts und wird biologisch ohne den Einsatz von Chlor geklärt. Und dank eines Sicherheitskonzepts, das künftig auch einen Betrieb ohne Badeaufsicht ermöglichen soll, kann die Stadt jedes Jahr rund 40.000 Euro Personalkosten sparen.
Die Gesamtkosten für das Projekt betrugen nach Angaben der Stadt über eine Million Euro, wovon 565.000 Euro über die Dorfentwicklung des Landes Hessen gefördert wurden. "Der städtische Eigenanteil blieb damit äußerst gering – ein Bruchteil dessen, was ein vergleichbares konventionelles Freibad gekostet hätte", sagt Bürgermeister Dominik Brasch (CDU).
"Wir haben hier einen Weg gefunden, einem kleinen Bad in einem kleinen Stadtteil eine Zukunft zu geben", betont der Bürgermeister. Das dürften andere gerne nachmachen.
Keine Aufsicht - wie soll das gehen?
Die Stadt hat laut Brasch von einem auf Haftrecht spezialisierten Juristen ein Sicherheitskonzept entwickelt. Es werde künftig eine flexible Betriebsweise ermöglichen, die sich an Besucherzahlen und Personalverfügbarkeit orientiere. "Der Badebetrieb kann vollständig beaufsichtigt, in einer hybriden Form zu festgelegten Zeiten mit Aufsicht oder – nach klaren Regelungen – auch aufsichtsfrei erfolgen", erklärt der Bürgermeister.
Dabei setze das Konzept auf Eigenverantwortung der Badegäste, eindeutige Hinweissysteme, angepasste Betriebszeiten sowie geschultes Personal im Umfeld, beispielsweise am Schwimmbadkiosk, das im Notfall die Rettungskette auslösen könne. "Diese Form der rechtlich abgesicherten Selbstregulierung ist für kleine Kommunen ein zukunftsweisender Weg, um trotz Fachkräftemangels und knapper Haushaltsmittel den Betrieb solcher Einrichtungen zu sichern", sagt Brasch.
"Das funktioniert nur, wenn alle mit anpacken"
Rund 50 Freiwillige im Alter zwischen 17 und 70 Jahren hätten bei der Sanierung des im vergangenen Jahr wiedereröffneten Bades mit angepackt, berichtet Thorsten Desch, einer der ehrenamtlichen Helfer aus dem knapp 900 Einwohner zählenden Stadtteil. Auch ortsansässige Betriebe hätten mitgeholfen und lediglich das gelieferte Material in Rechnung gestellt. "Das funktioniert nur, wenn alle mit anpacken." Und dieser Zusammenhalt sei in Mernes gegeben, dank der intakten Ortsgemeinschaft und des regen Vereinslebens.
Wie wird sonst noch gespart?
Auch der laufende Betrieb erfolgt nach Angaben der Stadt überwiegend durch ehrenamtliche Kräfte: Freiwillige übernehmen Reinigung, Pflege, Gartenarbeiten, technische Kontrollen und das "Winterfestmachen" der Anlage. "Dadurch sind die städtischen Betriebskosten minimal", betont Bürgermeister Brasch. Das Kioskgebäude wird von einem ortsansässigen Ehepaar betrieben, das zugleich die sanitären Anlagen betreut.
Verwaltungsdienstleistungen in Nidderau digitalisiert
Die ebenfalls mit dem "Spar-Euro" ausgezeichnete Stadt Nidderau punktet nach Ansicht der Preisrichter mit Bürgerfreundlichkeit und technologischem Fortschritt. So können an einem Bürgerterminal rund um die Uhr digitale Anträge gestellt werden. An einem Abholterminal wiederum können auch außerhalb der Dienstzeiten Pässe und Dokumente abgeholt werden.
Aus Sicht der Jury handelt es sich um eine "Win-win-Situation" für alle Beteiligten: Verwaltungswege werden kürzer und das Serviceangebot besser – und das ganz ohne zusätzliches Personal.
Sparwillen beim Kläranlagenausbau in Mörfelden-Walldorf
Auch Mörfelden-Walldorf hat nach Ansicht von Steuerzahlerbund und Städte- und Gemeindebund einen besonderen Sparwillen gezeigt. Beim Umbau der städtischen Kläranlage, die als erste in Hessen um eine vierte Reinigungsstufe erweitert worden ist, wurde jeder Posten auf den Prüfstand gestellt. Dies und die nochmals erhöhten Fördermittel des Landes Hessen führten dazu, dass die Gesamtkosten um zehn Prozent auf rund 50 Millionen Euro gedrückt wurden.
So wurde den Angaben zufolge beispielsweise auf eine fast eine Million Euro teure Fahrzeughalle verzichtet, ebenso auf einen Kellerausbau, ein Satteldach und ein zweites Obergeschoss im Betriebsgebäude. "In Zeiten, in denen Preissteigerungen bei öffentlichen Vorhaben an der Tagesordnung sind, hat Mörfelden-Walldorf aus Sicht der Jury auf vorbildliche Weise den Rotstift angesetzt und sich dadurch im Umgang mit öffentlichen Mitteln als besonders verantwortungsvoll gezeigt", lobt das Gremium.
Quelle: dpa