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Mecklenburg-Vorpommern KI geht in die Schweinesprachschule - für mehr Tierwohl

Grunzen, Quieken, Schreien: Künstliche Intelligenz soll anhand von Lauten herausfinden, ob es Schweinen wirklich gut geht. Was der Cocktail-Party-Effekt ist und wieso sich die KI damit schwertut.

Dummerstorf (dpa/mv) - Was bedeutet ein tiefes Grunzen, was ein Grunzen mit anschließendem Quieken? Geht es dem Schwein gut? Das soll nach Plänen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Software künftig dank Künstlicher Intelligenz (KI) eigenständig erkennen. "Im Prinzip schicken wir jetzt die KI in die Schweinesprachschule", sagte Verhaltensforscherin Sandra Düpjan vom Forschungsinstitut Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf bei Rostock. 

Grundlage des in diesem Jahr gestarteten vierjährigen Projektes sei ein Datensatz mit mehr als 7.400 Einzellauten von mehr als 400 Schweinen in 19 verschiedenen Situationen. Ein mögliches Anwendungsszenario sei, dass Landwirte dank Mikrofonen im Stall und Lautanalyse künftig nicht nur gewarnt würden, wenn es Tieren schlecht gehe, sondern auch langfristig das tatsächliche Tierwohl messen könnten.

Cocktail-Party-Effekt bereitet Probleme

Dabei gibt es nach Aussage Düpjans allerdings noch Hürden, etwa den sogenannten Cocktail-Party-Effekt. "Im Stall ist es laut, da quatschen die auch durcheinander." Menschen könnten wunderbar im Stimmengewirr einzelne Stimmen ausmachen. "Das kann eine KI überhaupt nicht."

Düpjan selbst verstehe die Schweine nach jahrelanger Arbeit zu dem Thema schon recht zuverlässig. Ihre Diplomarbeit verfasste sie zu Lautäußerungen bei Wildmeerschweinchen, sie promovierte zu Stresslauten bei Schweinen. Und wie klingt ein glückliches Schwein? "Im Wesentlichen vor allem eben Grunzer, kurze Grunzer, auch gerne unregelmäßig." Enden sie in einem Quieken, deute das allerdings auf Unwohlsein.

Umweg über Bilderkennung

Das FBN arbeitet mit dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) zusammen. Die dortigen Kolleginnen und Kollegen seien erfahren beim Thema Computer Vision, also Bildanalyse mittels KI. Die Klänge werden also erst in Bilder, sogenannte Spektrogramme umgewandelt, wie Düpjan erklärt. Die KI werde mit diesen Bildern gefüttert. "Weil ja im Moment ganz viel KI-Entwicklung stattfindet Richtung Bilderkennung und darauf kann man dann wunderbar aufsatteln."

Das Vorhaben ist Teil des Verbundprojektes KI-Tierwohl. Ziel ist es, mit KI das Tierwohl von Nutztieren, aber auch von Labortieren automatisiert und kontaktlos zu erfassen, nicht nur akustisch, sondern etwa auch visuell oder mit anderen Sensoren. Zahlreiche Einrichtungen in MV sind beteiligt, beispielsweise die Universitätsmedizin Rostock, die Universitäten Rostock und Greifswald, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) für Tiergesundheit und die Hochschule Neubrandenburg.

Tierwohl auch direkt messen

In den zurückliegenden Jahren sei man immer mehr zu der Überzeugung gekommen: "Tierwohl kann nicht da aufhören, wo ich sage: Das Tier ist nicht krank und hat keine Schmerzen und wächst irgendwie noch und hat keinen massiven Stress." Tierwohllabel stützten sich im Moment vor allem auf die Bedingungen für die Tiere - welches Futter gebe es, wie sehe die Haltung aus. Solche Faktoren stünden aber eher für das Potenzial für gutes Tierwohl. "Wir wollen hin zu tierbezogenen Indikatoren, dass wir wirklich auf Ebene des Tieres merken: Fühlt es sich jetzt wohl?"

Da Landwirte in der Regel kaum Zeit hätten, sich in Ruhe in den Stall zu stellen und ihre Tiere zu beobachten, könnte hier eine Automatisierung helfen. "Dann hänge ich eben mein Mikrofon in den Stall und das ist 24 Stunden, sieben Tage die Woche da und kann mir am Ende dann auch irgendeinen Mittelwert ausgeben."

Quelle: dpa

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