Rheinland-Pfalz & Saarland Premiere – Wie eine Flussbestattung ablaufen kann
29.09.2025, 04:03 Uhr
Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland in Deutschland, das Flussbestattungen erlaubt. Das Gesetz ist jetzt in Kraft. Auf dem Wasser bereitet man sich vor.
Riol/Trier (dpa/lrs) - Die Urne steht im Oberdeck des Schiffes auf einem mit Blumen dekorierten Tisch. Bestatterin Ulrike Grandjean nimmt die Urne in beide Hände und trägt sie durch eine offene Tür auf das Außendeck. Sie hebt sie über ein Geländer und lässt sie an Seilen hinunter in Richtung Mosel. "So könnte es gehen", sagt Grandjean zu Kapitän Joachim Zimmermann.
Es ist ein erster Probelauf für eine Flussbestattung, wie es sie schon bald in Rheinland-Pfalz geben wird. Und es ist bundesweites Neuland: Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland, das seinen Einwohnern diese Art der Beisetzung erlaubt. Das neue Bestattungsgesetz ist seit Samstag in Kraft. Damit sind jetzt Beisetzungen von einem Schiff aus auf einem der vier Flüsse Rhein, Mosel, Saar oder Lahn möglich.
Für die Flussbestattungen braucht es besondere Genehmigungen. Diese können nun beantragt werden, wie das Gesundheitsministerium in Mainz mitteilt. Zunächst wird noch jeder Fall einzeln entschieden. Später soll eine Durchführungsverordnung kommen, die die Abläufe leichter macht und Dinge festlegt, wie an welcher Stelle im Gewässer eine Flussbestattung erfolgen kann.
Interesse an Flussbestattungen besteht
Grandjean und Schiffsbesitzer Zimmermann haben sich nach dem neuen Gesetz schon mal zusammengesetzt. "Der Bestatter hat ja in der Regel kein Schiff", sagt Grandjean. Daher sei sie über die Kooperation mit Zimmermann froh. Wenn das Gesetz gelte und man eine Verfügung habe, könne man also loslegen, sagt sie an Bord in Riol. "Wir haben auch schon Anfragen."
Zimmermann ist schon viele Jahre mit seiner Partnerin Petra Bernard als Bootsfrau auf dem Schiff Telegraaf IV. auf der Mosel unterwegs. Bisher wird das Ex-Postfrachtschiff für Familienfeiern genutzt. "Das Schiff hat viel Historie und ist auch passend für Flussbestattungen", sagt der 69-Jährige. Er merke bereits großes Interesse an seinem neuen Angebot: "Es haben sich schon 12 oder 13 Bestatter bei mir gemeldet. Es kommt fast jeden Tag einer dazu."
Urne muss sich im Wasser rasch auflösen
Auch wenn bis jetzt nicht alle Details klar sind: Der Rahmen, wie eine Besetzung im Fluss abläuft, stehe, sagt Grandjean aus Trier. Das Ablassen der Urne solle von einem Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens erfolgen. Die Urne müsse aus Zellulose sein - also einem Material, das sich nach dem Sinken rasch im Wasser auflöse.
Man wisse, dass man nicht von einer Brücke beisetzen dürfe, ebenso wenig vom Land oder einem Steg aus: "Heißt also vom Schiff aus", sagt sie. Ob die Bestattung auf dem Schiff mit oder ohne Angehörige erfolge, könne gewählt werden, fügt Zimmermann hinzu. Möglich sei sie auch mit oder ohne Fahrt. Auf dem Oberdeck habe er Platz für 60 Leute.
Grandjean, die auch stellvertretende Vorsitzende des Bestatterverbands Rheinland-Pfalz ist, ist froh, dass sie auch bald Flussbestattungen anbieten kann. "Ich finde das eine ganz tolle Alternative." Sie geht aber davon aus, dass nach einem ersten Hype diese Bestattungsform letztlich einen eher geringeren Prozentsatz der Beisetzungsmöglichkeiten ausmachen werde.
Hauptgrund ist Heimatverbundenheit
Eine Flussbestattung werde im Schnitt günstiger sein als eine Urnenbeisetzung auf dem Friedhof, weil man keine Grabstätte erwerben müsse, sagt sie. Zahlen könne sie nicht nennen, da Wünsche und Kosten bei Bestattungen individuell sehr verschieden seien.
Zimmermann sagt, er habe schon früher immer gedacht, dass er für sich auch eine Flussbestattung wolle. "Bisher ging das aber ja nicht." Mit der angekündigten Neuerung des Gesetzes habe er gleich die Internetseite erstellt. Ihm gefalle die Vorstellung: "Die Asche landet letztendlich im Meer."
Bei vielen, die eine Flussbestattung wünschten, spiele die Heimatverbundenheit eine große Rolle, sagt Grandjean. Bootsfrau Bernard fügt hinzu: "Das ist die letzte Reise, die wir den Leuten anbieten. Es gibt ganz viele Menschen, die der Mosel so verbunden sind, gerade im Trierer Raum. Ich denke, sie warten nur auf das Angebot."
Zimmermann berichtet, die Anfragen von Bestattern erreichten ihn aus ganz Rheinland-Pfalz: von Vallendar über Birkenfeld und Pirmasens bis Kaiserslautern. "Ein Bestatter aus Birkenfeld hat schon zwei Verfügungen. Wenn es so weit ist, will er es unbedingt hier machen", sagt er.
Mit der Neufassung des Bestattungsgesetzes in Rheinland-Pfalz werden auch Tuchbestattungen ermöglicht, aus der Asche Verstorbener dürfen Diamanten hergestellt werden, die Asche kann unter bestimmten Umständen auch unter einem Apfelbaum verstreut oder in der Urne zu Hause aufbewahrt werden.
Quelle: dpa