Reisen nach Großbritannien Das sind mögliche Brexit-Folgen für Urlauber
24.06.2016, 13:01 UhrVeränderungen bei Grenzkontrollen, Fluggastrechten und Ticketpreise - der Austritt Großbritanniens aus der EU könnte auch für Urlauber einige Folgen haben. Die wichtigsten Punkte im Überblick.
Wer in den kommenden Wochen nach Großbritannien reist, der kommt gerade etwas ins Grübeln. Nach dem Votum für den Brexit dürften sich viele Urlauber und Geschäftsreisende fragen, was die Entscheidung für sie bedeutet.
Das britische Pfund verliert in diesen Stunden rasant und das hat auch große Folgen für die Wechselkurse. Wie stark europäische Touristen vom schwachen Pfund profitieren werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Fakt ist, es wird Veränderungen geben, die sich auf die Geldbörsen der Touristen auswirken. Aufgrund der Wechselkurse und möglichen Neuaufstellungen von Fluggesellschaften könnten beispielsweise die Preise für Flugtickets ansteigen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einreise: Großbritannien ist kein Mitglied des Schengener Abkommens. Die beteiligten Staaten verzichten in aller Regel bis auf Stichproben auf Passkontrollen an ihren gemeinsamen Grenzen. Derzeit bedeutet das bei Reisen auf die Insel: Es gibt bei der Einreise nach Großbritannien strengere Kontrollen als in vielen Teilen der EU. Urlauber müssen also wenigstens ihren Personalausweis vorzeigen. "Und daran wird sich auch künftig erst mal nichts ändern", erklärt Bernd Krieger, Leiter des Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz Deutschland. Ob der Ausweis künftig reicht oder vielleicht sogar Reisepass und Visum nötig sind, ist nun eine Frage, die geklärt werden muss.
Mögliche Veränderungen bei Grenzkontrollen
Nach dem Austrittsprozess, für den der Vertrag von Lissabon zunächst bis zu zwei Jahre vorsieht, könnte es zum Beispiel weitergehen wie in der Schweiz, die ebenfalls kein EU-Mitglied ist: Dort dürfen sich EU-Bürger bis zu 90 Tage visumsfrei in dem Land aufhalten. Das gilt auch für Norwegen. Es ist ebenfalls kein EU-Mitglied, allerdings hat sich das Land dem Schengener Abkommen angeschlossen. Aber: Laut dem Auswärtigen Amt erkennen viele Behörden und Banken den EU-Personalausweis in Norwegen nicht an. Hier empfiehlt das Ministerium daher bei einem längeren Aufenthalt einen Reisepass.
Auch die Fahr- und Fluggastrechte könnten vom Brexit betroffen sein: Die EU-Leitlinien sprechen Reisenden zum Beispiel bei Verspätung oder Annullierung eine Entschädigung zu, wenn sie mit dem Zug oder Flugzeug innerhalb sowie aus der oder in die EU reisen. Was wird daraus? "Das kann man im Moment gar nicht sagen", erklärt Krieger.
Reiserechte müssen neu geregelt werden
Möglich ist, dass Großbritannien solche Regelungen auch weiterhin einhält. So garantieren laut Krieger etwa auch Island und Norwegen als Nicht-EU-Mitglieder die gleichen Fahrgastrechte wie die Staatengemeinschaft, denn sie gehören dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) an. Krieger rechnet sogar mit einem britischen Abkommen mit der EU. Denn: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Vereinigte Königreich seinen Bürgern nicht mehr die Verbraucherrechte geben möchte wie bisher", sagt der Verbraucherschützer. Das würde den Briten selbst auch schaden. Außerdem hätte das Auswirkungen auf den Tourismus: "Diese Regelungen sind ein Wettbewerbsvorteil", erklärt Krieger. Würden britische Fluggesellschaften diese nicht mehr garantieren, könnte das dazu führen, dass Reisende eher darauf verzichten. Und wenn das aber doch so kommt?
Ansprüche hat man nur, wenn man von einem Flughafen in der EU abfliegt oder mit einer EU-Fluglinie in einem Mitgliedsland ankommt. Das heißt zum Beispiel: Fliegt man mit einer Nicht-EU-Fluglinie wie künftig British Airways von Großbritannien in die USA und verspätet sich stark, gebe es künftig keine gesetzlich zugesicherten Ersatzleistungen mehr. Etwas anders sieht es aus, wenn es sich dabei um einen Anschlussflug handelt. Verpasst man etwa das Flugzeug, weil ein im Zusammenhang mit dem USA-Flug gebuchter Zubringer aus Deutschland nach Großbritannien zu spät ankommt, gibt es weiterhin eine Entschädigung. Denn man kommt aus einem EU-Land. Weiterhin Leistungen bekommt man auch, wenn man aus den USA nach London mit einer Airline fliegt, die ihren Sitz in der EU hat.
Was ist mit der Auslandskrankenversicherung?
Nach dem Brexit-Votum ändert sich erstmal nichts für Touristen, die auf ihrer Reise in Großbritannien erkranken. Denn bis zum EU-Austritt der Briten gilt eine Übergangsfrist, für die zunächst bis zu zwei Jahre vorgesehen sind.
In dieser Zeit übernehmen die Krankenkassen die Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen im Ausland weiterhin - allerdings jeweils nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das bestätigten der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Was nach der Übergangsfrist gilt, muss neu verhandeln werden. Somit ist noch nicht klar, ob der Status quo danach erhalten bleibt.
Teurer telefonieren
Wenn in einem Jahr EU-weit die Roaming-Gebühren wegfallen, wird der Brexit noch nicht vollzogen sein. Ab dem tatsächlichen Austritts-Zeitpunkt müssen sich die Mobilfunkanbieter aber nach einer ersten Einschätzung von "Teltarif" nicht mehr an die Vorgaben der EU zum Thema Roaming in Großbritannien halten. Dies könne bedeuten, dass die Mobilfunkanbieter Großbritannien in die gleiche Ländergruppe einsortieren wie Schweiz und Norwegen und der Kunde sich im Vorfeld informieren muss, welcher Tarif in Großbritannien gilt. Zu der Frage, wie Großbritannien nach dem Austritt aus der Europäischen Union tariflich behandelt werden könnte, wollten sich die großen Mobilfunkanbieter Telekom, Telefónica (O2/E-Plus) und Vodafone auf Anfrage zunächst nicht äußern.
Quelle: ntv.de, sgu/kwe/dpa