Sport

Handball-WM im eigenen Land Bieglers "Ladies" träumen vom Coup

Die deutschen Handball-Frauen wollen ihrem Coach etwas zurückgeben.

Die deutschen Handball-Frauen wollen ihrem Coach etwas zurückgeben.

(Foto: imago/Claus Bergmann)

Seit 20 Monaten trainiert Michael Biegler die deutschen Handballerinnen - und der Coach schafft, woran niemand mehr geglaubt hat. Nach dem Absturz aus der Weltspitze sind die "Ladies" jetzt Medaillenkandidat - im eigenen Land soll der WM-Coup gelingen.

Nervosität vor der Heim-WM? Anspannung vor dem Auftaktspiel? Erfolgsdruck als Bürde? Michael Biegler lässt der ganze Trubel kalt. "Ich bin sehr entspannt. Wenn man einen Fokus braucht, macht Nervosität als Sparringspartner keinen Sinn", sagte der Bundestrainer vor dem WM-Start der deutschen Handballerinnen. Gelassen. Unaufgeregt. Typisch Biegler halt.

Biegler, der selbst nie Profi-Handball gespielt hat, schafft den Turnaround.

Biegler, der selbst nie Profi-Handball gespielt hat, schafft den Turnaround.

(Foto: imago/Contrast)

Während seine selbsternannten "Biegler-Ladies" vor Aufregung kaum schlafen können, ist der 56 Jahre alte Trainer in den unruhigen Tagen vor dem Höhepunkt im eigenen Land der ruhende Pol. Nach langer intensiver Zusammenarbeit verspricht er "einen überragenden kämpferischen und leidenschaftlichen Auftritt" seines Teams, doch markige Sprüche von Platzierungen und Medaillen fallen nicht. Sie sind einfach nicht sein Ding.

Mit seiner besonnenen und authentischen Art nimmt Biegler seinen Spielerinnen ganz bewusst den Druck, denn die Erwartungshaltung vor dem Eröffnungsspiel am Freitag (ab 19 Uhr bei Sport1) ist riesig. Erklärtes Ziel ist das Halbfinale in Hamburg. Schon bei Bieglers Amtsübernahme im April 2016 - da war das deutsche Team bei der WM gerade auf Platz 13 abgestürzt - sprach DHB-Vize Bob Hanning von der "letzten Chance für den Frauenhandball. Wenn das nicht funktioniert, dann kann man die Tür abschließen."

Plötzlich Medaillenkandidat - dank Biegler

Die deutschen Vorrundenspiele

Gruppe D in Leipzig

Sonntag, 3. Dezember
Südkorea - Deutschland 20.30 Uhr

Dienstag, 5. Dezember
Deutschland - Serbien 18 Uhr

Mittwoch, 6. Dezember
Deutschland - China 18 Uhr

Freitag, 8. Dezember
Niederlande - Deutschland 18 Uhr

Seitdem sind 20 Monate vergangen. Und Biegler, der zuvor noch nie ein Frauen-Team betreut hatte und nach dem Turnier in den Männer-Handball zurückkehrt, hat sich der Herkulesaufgabe als vermeintlich letzter Hoffnungsträger einer ganzen Sportart beherzt angenommen. Mit akribischer Detailarbeit, mutigen Entscheidungen und klarer Ansprache führte der Rheinländer die Nationalmannschaft aus dem grauen Mittelmaß zurück in die erweiterte Weltspitze.

Nach Platz sechs bei der EM vor Jahresfrist in Schweden gehören seine "Ladies", wie Biegler das Team fast liebevoll nennt, nun tatsächlich zu den Medaillenkandidaten. Für das Projekt Heim-WM stellte der nach außen manchmal etwas kauzig anmutende Biegler in den zurückliegenden Monaten alles hintenan. Immer wieder besuchten er und DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld die Bundesligisten, führten unzählige Gespräche über Strukturen und individuelle Karriereplanung - und stellten mit einem Mix aus erfahrenen Kräften wie Torfrau Clara Woltering und jungen Wilden wie Emily Bölk oder Xenia Smits ein vielversprechendes Ensemble zusammen.

"Weit nach vorne gebracht"

Mit seiner authentischen, direkten Art trifft Biegler den Nerv seiner Spielerinnen, sie danken es ihm mit bedingungsloser Gefolgschaft. "Er hat uns in allen Bereichen weit nach vorne gebracht. Für uns war es eine riesige Bereicherung, mit ihm zusammengearbeitet zu haben und mit ihm die WM bestreiten zu dürfen", sagte Woltering. Auch Kapitänin Anna Loerper hebt die "sehr, sehr große Rolle" Bieglers hervor. "All das, was er uns gibt, und die Energie, die er dem Projekt zuführt, das möchten wir ihm und uns jetzt auch wiedergeben."

Biegler - oder "Beagle", wie er genannt wird - hat Handball nie als Profi gespielt. In jungen Jahren war er Leichtathlet, fokussierte sich auf den Hammerwurf. Als junger Mann wurde er dann Trainer im Männer-Handball und betreute in 32 Jahren 13 Vereine. Mit der Nationalmannschaft Polens holte er 2015 WM-Bronze - bevor er mit dem Engagement bei den Frauen des DHB vor gut anderthalb Jahren für ihn völliges Neuland betrat. Ein Männertrainer bei den DHB-Frauen - das brachte schon einmal Erfolg. Armin Emrich führte die deutschen Handballerinnen bei der WM 2007 zu Bronze, der bis dato letzten deutschen Medaille. Zehn Jahre später soll sich dieser Erfolg bei der WM im eigenen Land wiederholen.

Quelle: ntv.de, Christoph Stukenbrock, sid

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