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"Mit zehn Jahren schon geraucht" Die Darts-WM verliert heute ihr Markenzeichen

Rente für die Reibeisenstimme: Caller-Legende Russ Bray verabschiedet sich von der Darts-WM.

Rente für die Reibeisenstimme: Caller-Legende Russ Bray verabschiedet sich von der Darts-WM.

(Foto: picture alliance / DPPI media)

Ein neuer Darts-Stern wird heute Abend aufgehen, wenn Luke Littler und Luke Humphries den Weltmeister ausspielen. Gleichzeitig endet mit dem WM-Endspiel eines der wichtigsten Kapitel des Pfeilesports.

Für sein markantestes Merkmal musste Russ Bray nach eigener Aussage nie arbeiten. "Meine Stimme ist, wie sie ist. Meine Stimme kostet mich nichts und bringt mir viel Geld. Das ist so, wie ich bin", sagte der 66 Jahre alte Darts-Schiedsrichter. Seine Reibeisenstimme, mit der er seit Jahrzehnten den Ausruf "Onehundredandeighty" (180) in die Arenen dieser Welt brüllt, macht Bray zu einem unverwechselbaren Teil des Dartsports. Heute Abend (21 Uhr/Sport1, Dazn und im ntv.de-Liveticker) wird der Engländer im Alexandra Palace von London letztmals ein großes Spiel leiten.

28 Weltmeisterschaften und Hunderte WM-Partien mit Bray werden dann Geschichte sein. "Ich fühle mich sehr gut. Ich freue mich wirklich darauf, noch einmal dieses Finale zu callen", sagte Bray der Deutschen Presse-Agentur zu seinem letzten Einsatz auf der ganz großen Bühne. Seine Tätigkeit als Gerüstbauer konnte er in den 90er-Jahren hinter sich lassen, als er in der Profidarts-Organisation in die Riege der Schiedsrichter rutschte - und dort immer weiter aufstieg.

Sein Highlight? Das WM-Finale 2007 zwischen den beiden erfolgreichsten Spielern aller Zeiten, Phil Taylor und Raymond van Barneveld. "Das Barney-Taylor-Finale in der Circus Tavern war das letzte, das dort stattfand", erinnerte sich Bray zuletzt in einem Interview mit der britischen Nachrichtenagentur PA Media. "Es ging bis zu einem Sudden-Death-Leg. Das war sehr, sehr besonders."

"Muss nicht mehr auf Baustellen stehen"

Bray arbeitete als Gerüstbauer, trieb sich aber in seiner Freizeit bei lokalen Dartturnieren herum. Weil der Caller damals mehrfach einfach nicht auftauchte, sprang Bray ein und entdeckte sein Naturtalent. Es machte ihm so viel Spaß und das Feedback war so gut, dass er das Hobby zum Beruf machte. 1996 wurde er von der damals in den Kinderschuhen steckenden Profidarts-Organisation PDC verpflichtet.

"Er muss nicht mehr draußen auf kalten Baustellen stehen. Die Caller lieben das so. Die sind jeden Tag gut gelaunt, da gibt es keinen Beef, die leben ihren Traum, sind sehr dankbar", berichtet Elmar Paulke, Darts-Kommentator bei Dazn. "So habe ich Russ immer erlebt. Das mag ich sehr an ihm. Er wusste, dass er auf seiner Sonnenseite ist." Wer Bray bei der WM in London erlebt, sieht ihn stets lachen - und nicht nur als brüllenden Schiedsrichter oben auf der Bühne.

Bray verschwindet nicht ganz

Der Darts-Veteran, der seit 1996 dabei ist, gibt in den Katakomben Interview um Interview, in diesem Jahr natürlich noch mehr als sonst. Wenn er anderweitig nicht gebraucht wird, steht er in der Great Hall des "Ally Pally" für Fotos mit dem WM-Pokal bereit. 20 Pfund pro Foto mit der gigantischen Sid Waddell Trophy und Caller-Ikone Bray? Die bunt gekleideten und bestens gelaunten Fans stehen dafür Schlange.

Bray wird nicht komplett aus der Darts-Welt verschwinden. Er soll Botschafter der PDC werden und auf der Asien-Tour der PDC zum Einsatz kommen, außerdem bei den World-Series-Events in New York, Bahrain, Australien und Neuseeland. Auf mehr Freizeit mit seiner Frau freut sich der Mann mit der rauchigen Stimme trotzdem. "Sie geht selbst in Rente im Januar. Wir werden mehr Zeit gemeinsam haben und unseren Ruhestand genießen", kündigte Bray an. Geplant ist etwa eine gemeinsame Kreuzfahrt.

Mit zehn Jahren schon geraucht

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Die Spieler sind von Bray begeistert - und haben viele Erinnerungen an ihn. "Jeder verbindet Darts mit ihm. Auch ich als damaliger Zuschauer weiß noch ganz genau, dass er ein Aushängeschild war. Man hat sich immer schon auf seine Stimme gefreut", sagte Martin Schindler, der bei dieser WM als einer von vier Deutschen in der Runde der letzten 32 ausgeschieden ist. PDC-Geschäftsführer Matthew Porter dankte Bray für einen "unglaublichen Beitrag" über die vergangenen 30 Jahre. "Die Stimme von Russ ist ein Synonym für unseren Sport", fügte Porter an.

Bray ist ein echtes Original, ein Markenzeichen des Dartsports. Aber nicht nur die Stimme ist unverwechselbar. "Ich habe schon mit zehn Jahren geraucht", erzählte Bray jüngst der "Sport Bild". Dies sei in den 60er-Jahren ganz normal gewesen und von Kindersendungen zusätzlich beeinflusst worden. Mit 53 hörte Bray dann auf zu rauchen. "Meine Stimme hat sich seitdem nicht geändert", sagte er. Die Darts-Fans können das bezeugen.

Quelle: ntv.de, sks/dpa

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