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Weltrekord hauchdünn verpasst Duplantis baut Wolkenkratzer in Berliner Halle

Duplantis springt, die Welt guckt zu.

Duplantis springt, die Welt guckt zu.

(Foto: dpa)

Armand Duplantis ist gerade erst 22 Jahre alt, hat im Stabhochsprung aber schon fast alles erreicht. Beim Istaf-Hallenmeeting in Berlin zeigt der Schwede, in welchen Sphären er sich wie selbstverständlich bewegt. Einzig die Krönung einer beeindruckenden Vorstellung bleibt aus.

In außergewöhnlichen Momenten wirkt es oft, als würde die Zeit stillstehen. Alles vergeht wie in Zeitlupe, Sekunden fühlen sich in der Erinnerung minutenlang an. Armand Duplantis fehlte in Berlin nur eine Winzigkeit, um einen solchen Moment zu erschaffen. Dafür hatte der schwedische Stabhochspringer, den alle nur "Mondo" nennen, beim ISTAF Indoor 6,19 Meter auflegen lassen. Weltrekord. Nach 20 Schritten Anlauf setzte Duplantis den Stab in den Einstichkasten, katapultierte sich nach oben - und schlug nach der Landung die Hände über dem Kopf zusammen. Weil sich die Latte nach kurzem Hin-und-Her auf den Aufliegern doch noch auf den Weg nach unten gemacht hatte.

Duplantis hätte sich nun nachhaltig über den verpassten Weltrekord ärgern können, stattdessen sagte er nach dem Wettkampf einen bemerkenswerten Satz. "Ich bin jetzt an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ich mich in kleinen Schritten weiter entwickle und verbessere." Bemerkenswert ist dieser Ausspruch nicht so sehr, weil er vom amtierenden Europameister, Olympiasieger und Weltrekordler stammt. Sondern, weil Duplantis einen derartigen Satz weniger als zwei Monate nach seinem 22. Geburtstag formuliert. Dass er an diesem Abend dennoch den Meetingrekord und seine eigene Weltjahresbestleistung überbot, ging in der Dramatik seines letzten Sprungs fast ein bisschen unter.

"Ich bin wirklich glücklich mit den 6,03 Meter", sagte Duplantis vielleicht auch deshalb hinterher. Nur sieben Menschen waren jemals besser, doch für den Schweden sind solche Höhen inzwischen nur noch Durchgangsstation für den nächsten Angriff auf den eigenen Weltrekord. In Berlin segelte Duplantis locker und leicht über seine Einstiegshöhe von 5,59 Meter, danach über 5,70 Meter, auch 5,81 Meter waren keine Herausforderung. Im Stabhochsprung nennen sie das deutliche Überqueren der Latte "ein Haus bauen", bei Duplantis handelt es sich, um im Bild zu bleiben, längst um Wolkenkratzer.

Keine Ausnahme, sondern die Regel

Die zwei ungewohnten Fehlversuche bei 5,92 Meter erklärte der Schwede damit, dass das in Berlin erst sein zweiter Wettkampf in dieser Hallensaison war. Es fehle somit noch an Rhythmus und Routine. "Aber Sorgen macht mir das nicht", er habe viel mehr "eine ganze Menge Potenzial erkannt". Das war allerdings auch kaum zu übersehen, als er die 5,92 Meter im dritten Anlauf souverän überquerte. Bei 6,03 Meter passte im ersten Versuch der Abstand zur Latte noch nicht ganz, im zweiten lief es deutlich besser. "Danach haben sich die Sprünge wirklich gut angefühlt", sagte Duplantis und verdeutlichte dabei zugleich, dass akzeptable Leistungen für ihn dort beginnen, wo andere die Stäbe längst sorgsam eingepackt haben.

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So wie beispielsweise Torben Blech, seines Zeichens immerhin amtierender deutscher Hallenmeister. Der blieb an diesem Abend mit übersprungenen 5,45 Meter weit unter seinen eigenen Erwartungen. Zumindest dem Eindruck nach, den der ehemalige Zehnkämpfer hinterließ, als er nach seinem Ausscheiden auf der Matte hockte. Kaum eine Disziplin ist so diffizil wie der Stabhochsprung, in kaum einer Disziplin wirken sich kleine Fehler so unbarmherzig auf das Resultat aus. Denn es muss ja nicht nur die Höhe passen, sondern auch der Anlauf, das Einstechen des Stabes, der Absprung in den sich biegenden Stab, das Aufrollen auf dem Weg nach oben, die Drehung zum Überqueren der Latte, das rechtzeitige Loslassen des Stabes und natürlich die Landung.

Duplantis, der als 15-Jähriger schon die U18-WM gewinnen konnte, hat diese Abläufe nahezu perfektioniert. Herausragende Leistungen wie an diesem Abend sind keine Ausnahme, sondern die Regel. In zehn seiner jüngsten elf Wettkämpfe sprang der 22-Jährige 6,00 Meter oder höher, seit dem legendären Sergej Bubka beherrschte niemand diese Marke so konstant. Der Ukrainer verbesserte bis zu seinem endgültigen Karriereende im Jahr 2000 insgesamt 35-mal den Weltrekord. Duplantis ist der bislang einzige Springer, der sowohl in der Halle als unter freiem Himmel die Bestmarken des Ukrainers übertreffen konnte. Dass er seinen eigenen Weltrekord erneut steigert, ist angesichts solcher Auftritte wie in Berlin nur eine Frage der Zeit.

Quelle: ntv.de

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