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Wie lange bleibt Timo Werner? "Ein Stück Papier" macht Leipzig glücklich

Zweites Spiel, zweiter Sieg, zweiter Treffer - es läuft bei Timo Werner und RB Leipzig.

Zweites Spiel, zweiter Sieg, zweiter Treffer - es läuft bei Timo Werner und RB Leipzig.

(Foto: imago images / Eibner)

Auf die Ausstiegsklausel kommt es an: Timo Werner hat zwar seinen Vertrag verlängert, dürfte aber in der kommenden Saison trotzdem RB Leipzig verlassen. Nur eben nicht ablösefrei. Eine langfristige Zusage des Nationalspielers ist das jedoch nicht.

Timo Werner war bei der Spielanalyse etwas aus der Übung, als er am Sonntagnachmittag zum ersten Mal nach über acht Monaten wieder vor die Mikrofone trat. Der Stürmer von RB Leipzig reihte zunächst zwei Phrasen aneinander und schloss etwas verlegen mit den Worten: "Die alte Leier." Das klang nicht besonders euphorisch für einen, der beim 2:1 (1:0) gegen Eintracht Frankfurt nicht nur den Treffer zum frühen 1:0 erzielt hatte (10.), sondern wenige Stunden zuvor auch seinen Vertrag um drei Jahre bis 2023 verlängert hatte.

High Noon, zwölf Uhr mittags, hatte der Angreifer den neuen Kontrakt zu deutlich besseren Bezügen - als neuer Leipziger Spitzenverdiener beträgt sein Jahresgehalt wohl sechs bis sieben Millionen Euro - und versehen mit einer jährlich sinkenden Ausstiegsklausel im Büro des neuen Sportdirektors Markus Krösche unterschrieben. Für 30 bis 47 Millionen Euro - da unterscheiden sich die Angaben - kann ein interessierter Klub Werner nun in den kommenden Transferperioden aus seinem Vertrag herauskaufen. Eine Wende, die noch zu Beginn der vergangenen Woche nicht abzusehen war. Erst am Mittwoch hatten sich Werners Berater Karlheinz Förster und eine RB-Abordnung in München getroffen und am Donnerstag telefonisch alles klar gemacht. "Das war ein langes Hin und Her", räumte Werner ein. "Aber am Ende habe ich gesagt, dass der Schritt, dieses Jahr nochmal mit RB anzugreifen - mit Ruhe - besser ist." Dieses Jahr wohlgemerkt. Dass Werner 2020 wechselt, ist also nach wie vor wahrscheinlich. Nur eben nicht ablösefrei.

Machtdemonstration gegenüber dem FC Bayern

"Wir haben jetzt die Saison Ruhe und was dann in der Saison passiert, werden wir sehen", sagt Klubboss Oliver Mintzlaff und schob hinterher: "Irgendwann kommt vielleicht der Zeitpunkt, an dem er zu einem ganz großen Klub wechselt." Dass Werner nicht einfach seinen Vertrag aussitzt und sich dann einen Verein aussuchen kann, wertete Mintzlaff auch als Machtdemonstration gegenüber dem FC Bayern, der sich verpokert haben dürfte. "Das ist ein klares Signal, dass wir kein Ausbildungsverein sind und uns die Spieler nach zwei, drei Jahren verlassen. Wir setzen auf Nachhaltigkeit und Kontinuität", so der Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH und Vereinspräsident. Nachdem es über Monate hieß, dass es keine konkreten Angebote für Werner gegeben habe, sagte Mintzlaff nun: "Es gab genug Topklubs, die seriös angeklopft haben und Angebote unterbreitet haben. Aber Timo wollte nicht ins Ausland." Unter anderem Atletico Madrid, bestätigte Mintzlaff, und der FC Valencia wollten den deutschen Nationalspieler.

Werner selbst war der Rummel um ihn sicht- und hörbar peinlich. So verriet er vor dem Spiel nur einzelnen Kollegen, dass er bleibt. Die anderen erfuhren es dann via Stadionsprecher, der die Nachricht beim Verlesen der Aufstellungen herausschrie. In der Halbzeit warb RB mit kostenloser Beflockung für Trikots mit Werners Rückennummer elf. "Mir war es schon unangenehm, dass das hier im Stadion bekanntgegeben wurde. Ich wollte nicht so ein Brimborium draus machen. Im Endeffekt ist es ein Stück Papier, das unterschrieben wurde", sagte Werner lapidar. Nach dem Spiel hätten ihm die Kollegen in der Kabine gratuliert. "Es wurde ganz ruhig behandelt in der Kabine. Es wurde genug darüber geschrieben, ich wollte das nicht nochmal in der Mannschaft aufbauschen", erklärte Werner.

Werner fühlt sich befreit

Zwar mochte der 23-Jährige seinen Treffer gegen Frankfurt nicht auf die Vertragsverlängerung schieben, räumte aber ein, nun befreiter spielen zu können: "Es ist nochmal ein anderes Gefühl als wenn man abseits des Platzes mit anderen Dingen so bisschen seinen Stress hat." Gegen die Eintracht zeigte er früh seinen Torriecher und seine Abschlussqualität, als er sich nach einer Ecke von Marcel Sabitzer und Kopfballverlängerung von Yussuf Poulsen frei stahl und aus kurzer Distanz abzog. "Es war wichtig bei den Temperaturen heute, dass wir früh in Führung gegangen sind", sagte Werner erleichtert. "Wir haben Frankfurt nicht so spritzig erwartet, haben nicht unser bestes Spiel abgeliefert."

Auch Yussuf Poulsens sehenswerter Treffer zum 2:0 gab Leipzig keine Sicherheit.

Auch Yussuf Poulsens sehenswerter Treffer zum 2:0 gab Leipzig keine Sicherheit.

(Foto: imago images / Picture Point LE)

Denn nach guten 20 Leipziger Minuten kam die Eintracht immer besser ins Spiel und beherrschte die Partie in der zweiten Hälfte mit enorm viel Ballbesitz und Spielkontrolle. Filip Kostic (6.) und Goncalo Paciencia (27., 65.) vergaben Großchancen. Auch nach Yussuf Poulsens Traumtor, als der Däne nach einer Flanke von Emil Forsberg volley abzog und den Ball ins Netz jagte (80.), steckten die Frankfurter trotz 32 Grad im Schatten nicht auf. Paciencias Treffer zum Anschluss per Direktabnahme nach Flanke von Timothy Chandler (90.), kam zwar zu spät. Und doch war Gäste-Trainer Adi Hütter zurecht zufrieden mit der Reaktion, die sein Team auf das 0:1 in den Europa-League-Playoffs bei Racing Straßburg zeigte. "Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt", sagte der Eintracht-Trainer. "Fußballerisch hat mir das gut gefallen, vor dem Tor hat die Konsequenz gefehlt." Für mehr Torgefahr ist Sturm-Turm Bas Dost im Anflug, am Montag wird der Niederländer den Medizincheck in Frankfurt absolvieren, wie Hütter bestätigte.

"Unentschieden wäre gerechter gewesen"

Sein Leipziger Kollege Julian Nagelsmann war nach seiner Heimpremiere zwar glücklich über das Ergebnis, aber nicht zufrieden mit dem Spiel seiner Mannschaft. Auch er sagte: "Ein Unentschieden wäre gerechter gewesen." Er räumte ein, dass er das Frankfurter Spiel ganz anders erwartet hatte, mit vielen langen Bällen wie in der vergangenen Saison. Stattdessen zeigte die Eintracht ball- und passsicheren Kombinationsfußball mit Sebastian Rode und dem Japaner Daichi Kamada als Dreh- und Angelpunkte.

Beim 4:0-Auftaktsieg bei Union Berlin vor einer Woche hatte sich Nagelsmann den Gegner noch mit "Lockbällen" ins Zentrum und gezielten Flankenwechseln zurechtgelegt und gezeigt, dass RB nun auch Ballbesitzfußball spielen und eine massierte Abwehr knacken kann. Davon war gegen Frankfurt nicht viel zu sehen. Ohne Kevin Kampl fehlte dem Leipziger Spiel Struktur, Diego Demme erwischte keinen guten Tag und wurde zur Pause durch Konrad Laimer ersetzt.

Leipzig schwächelt im Spielaufbau

Doch es blieb dabei: RB zeigte in der zweiten Hälfte reihenweise Missverständnis beim Spielaufbau und beim Umschalten. "Das war nicht so schön anzuschauen wie gegen Union Berlin", räumte Nagelsmann ein. Und Poulsen wies vor dem kommenden Programm in Mönchengladbach, gegen den FC Bayern und dem Start in der Champions League darauf hin, dass eine Leistungssteigerung vonnöten ist: "Es gab viele Dinge, die wir hätten anders machen müssen, auf die wir nicht oder zu spät reagiert haben", sagte Poulsen. So wie in den ersten 30 Minuten (Poulsen: "top, top, top") müsse RB dann über die gesamte Spielzeit hinweg agieren.

Für Timo Werner endete das Spiel übrigens vorzeitig mit seiner Auswechslung (79.) und Sprechchören aus dem Fanblock. Zwar hielt sich der schnelle Stürmer den Oberschenkel, doch wie Nagelsmann verriet, habe er einen Schlag aufs Auge bekommen und "nicht mehr alles ganz klar gesehen". Es war ein turbulenter Sonntag für den gebürtigen Stuttgarter.

Quelle: ntv.de

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