Olympiasieger und Skandalnudel Finnlands Skisprung-Ikone Nykänen ist tot
04.02.2019, 08:35 Uhr
Matti Nykänen ist in jungen Jahren schon sehr erfolgreich: Mit 18 Jahren gewinnt der Skispringer seinen ersten WM-Titel, mit 20 holt er Gold bei den Olympischen Spielen. Doch seinen Ruhm kann Nykänen nicht verarbeiten und bekommt sein Leben nicht in den Griff. Nun ist er im Alter von 55 Jahren gestorben.
Die Skisprung-Welt trauert um Matti Nykänen. Der viermalige Olympiasieger starb in der Nacht zum Montag im Alter von 55 Jahren. Das berichtet das finnische Magazin "Seiska" unter Berufung auf Nykänens Ehefrau Pia. Der Skiweltverband Fis bestätigte die Nachricht am Morgen und auch Finnlands Sportminister, Sampo Terho, äußerte bereits via Twitter seine Trauer.
Die Todesursache ist noch unbekannt. Der ehemalige Sportler sei aber seit einiger Zeit krank gewesen, sagte der Chef des Finnischen Skisprungverbandes Mika Kulmala der Deutschen Presse-Agentur. "Matti Nykänen ist tot. Einer der größten Skispringer aller Zeiten, vielleicht der größte, ist nicht mehr da", sagte Sportdirektor Clas Brede Brathen des Verbands.
Jens Weißflog, mit dem sich Nykänen in den 80er-Jahren viele enge Duelle lieferte, hat bestürzt auf die Nachricht reagiert: "Das ist schockierend, eine schlimme Nachricht", sagte der 54-Jährige. "Matti und ich waren so viele Jahre gemeinsam unterwegs. Er war für mich wie ein Alltagsmensch, ob auf der Schanze oder außerhalb." Weißflog erinnert sich: "Uns verbinden so viele Geschichten. Natürlich gab es die bestimmenden Momente wie Olympia 1984, als wir uns die Medaillen geteilt haben, oder 1988, wo er dann überlegen war. Es gab Zeiten, in denen wir enge Konkurrenten waren." Dieter Thoma sagte: "Heute ist ein großer Sportler gegangen, der für mich als Jugendlicher ein großes sportliches Vorbild war."
Ein gefallener Held
Nykänen war einmal der beste Skispringer der Welt. Mit 18 Jahren gewann er die WM, mit 19 die Vierschanzentournee, mit 20 Olympia-Gold in Sarajevo. Später folgte der tiefe Absturz des Überfliegers. Der Alkohol, die Frauen, das Herz. Die Hölle sei nicht so schlimm "wie mein Leben jahrelang war", sagte der gefallene Held 2012 in einem "Welt"-Interview: "Die Hölle muss ein besserer Ort sein."
"Nykänen hatte diese Genialität leider nur auf der Schanze, im Leben war er etwas verloren", sagte Bundestrainer Werner Schuster einmal. Da hatte der Finne gerade seinen Uralt-Rekord von 46 Weltcup-Siegen an Gregor Schlierenzauer verloren. Nykänen reiste daraufhin zum Springen nach Kuopio, um dem Österreicher persönlich zu gratulieren: "Gregor, du bist jetzt ein ganz großer Skispringer. Für mich der größte aller Zeiten." Das war höflich, aber nicht unbedingt richtig. Vier Olympiasiege wie Nykänen hat Schlierenzauer (noch) nicht zu bieten. Vier Triumphe im Gesamtweltcup auch nicht. "Matti war zu seiner Zeit einzigartig", sagte auch Jens Weißflog, der sich mit dem finnischen Leichtgewicht viele Jahre lang einen erbitterten Zweikampf um die großen Titel lieferte: "Das war eine gesunde Rivalität. Nykänen war für mich eine Art Vorbild."
"Ich hatte es satt, es war zu viel"

In den 80er-Jahren duellierte sich Matti Nykänen unter anderem mit dem DDR-Athleten Jens Weißflog.
(Foto: imago/WEREK)
Doch all die Titel, all die Medaillen, sie halfen Nykänen im richtigen Leben nicht weiter. In seinem Wikipedia-Eintrag finden sich heute mehr Zeilen über die Zeit nach der Karriere als über die Jahre als Sportler. Die meisten handeln von Skandalen. Von seinen drei Scheidungen. Von einer Vorstrafe wegen Körperverletzung, weil er seine Frau mit einem Messer attackierte. Von seiner Zeit als Stripper und als Darsteller in Erotikvideos. Von einem Herzinfarkt im Jahr 2004. Und immer wieder von Alkohol. "Wenn du trinkst, lebst du wie in einer Blase, siehst keinen Sinn", sagte Nykänen der "Welt" und versuchte sich an einer Erklärung: "Ich stand viele Jahre im Mittelpunkt, alle haben sich um mich gerissen. Ich hatte es satt, es war zu viel. Ich war unglücklich und habe angefangen, in mir drinnen eine Mauer hochzuziehen. Ich war sehr jung, als ich erfolgreich geworden bin, die Medien waren die ganze Zeit um mich herum - ich hätte Hilfe gebraucht. Das war der Anfang. Ich habe später getrunken, weil ich nichts anderes zu tun hatte, weil ich vergessen wollte."
Zu seinem 50. Geburtstag im Jahr 2013 sagte Nykänen, er habe sein Leben im Griff. Auch Weißflog erklärte: "Zum letzten Mal haben wir uns vor zwei Jahren noch einmal in Finnland getroffen. Da hat er gut gewirkt, alle anderen haben das auch bestätigt." Nun ist Nykänen gestorben.
Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa