Sport

Fifa-Skandal zieht weitere Kreise Funktionär gesteht Bestechung für WM

Fifa-Präsident Joseph S. Blatter hat durch seinen angekündigten Rücktritt ein Beben ausgelöst. Es wird viel über die Hintergründe spekuliert. Die Nachfolgediskussion ist in vollem Gange. Derweil packt ein "Whistleblower" bei den US-Behörden aus.

Nach der überraschenden Rücktrittsankündigung von Fifa-Chef Joseph Blatter gerät die WM-Vergabe an Russland und Katar immer stärker in den Blickpunkt. Neben den Schweizer Behörden prüft auch die US-Bundespolizei FBI die beiden Entscheidungen des Fußballweltverbandes, wie es aus Ermittlerkreisen heißt. An der Vergabe des Turniers für die Jahre 2018 und 2022 hat es wiederholt scharfe Kritik gegeben. Beide Länder haben jedoch stets ein Fehlverhalten zurückgewiesen. Der katarische Außenminister warf Kritikern Vorurteile und Rassismus vor.

Das FBI untersucht die WM-Vergabe an das Golfemirat spätestens seit September 2011. Aus den Akten geht hervor, dass eine Mitarbeiterin der katarischen Bewerbungsorganisation aussagte, sie habe gesehen, wie Vertreter Katars 1,5 Millionen Dollar an drei afrikanische Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees gezahlt habe. Damit sollte demnach sichergestellt werden, dass sie für den Wüstenstaat stimmen. Die Frau widerrief dann ihre Aussage. Später sagte sie jedoch FBI-Vertretern, sie habe dies auf Druck des katarischen Bewerbungskomitees getan.

Fifa-Whistleblower plaudert

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Der ehemalige Fifa-Funktionär Chuck Blazer sagte aus, er und andere hätten Bestechungsgelder für die WMs 1998 und 2010 angenommen.

(Foto: AP)

Derweil hat der ehemalige FIFA-Funktionär Chuck Blazer den US-Behörden als "Whistleblower" gestanden, dass er und andere Funktionäre Bestechungsgelder für ihre Stimme bei der WM 1998 und 2010 angenommen haben. Das geht aus dem offiziellen Vernehmungsprotokoll hervor. Die Endrunde vor 17 Jahren in Frankreich war bisher noch nicht in Verdacht geraten. Auch für die Übertragungsrechte des Gold Cups in den Jahren 1996, 1998, 2000, 2002 und 2003 seien Schmiergelder geflossen, sagte Blazer in der Vernehmung.

Blatter tat unterdessen so, als wäre nichts gewesen, als hätte er nicht am Vorabend die Fußball-Welt komplett aus den Angeln gehoben. Wie immer erschien der 79-Jährige am Morgen nach seiner Rücktrittsankündigung als Erster im Büro auf dem Zürichberg. Ob er freiwillig abtritt oder nur nicht vom FBI in Handschellen vom Thron gezerrt werden wollte, wird die US-Behörde bald beantworten. Die Suche nach dem besten Nachfolger wird deutlich länger dauern.

"Warum ist er nicht letzte Woche zurückgetreten?", sagte der englische Verbandsboss Greg Dyke: "Offensichtlich gibt es eine 'smoking gun' (einen eindeutigen Beweis, d. Red.) oder Ähnliches." Offiziell wird Blatter zwar noch auf keiner Liste von Verdächtigen der US-Bundesbehörden, die seit Monaten wegen des Verdachts auf Geldwäsche und der Bildung krimineller Vereinigungen ermitteln, geführt. Laut US-Medien wird sich das aber bald ändern - weil zu viele seiner ehemaligen engsten Vertrauten schon ins Netz gegangen sind.

Fahndung auf Stufe Rot

In der Schweiz sitzen die ehemaligen FIFA-Vizepräsidenten Jeffrey Webb (Kaimaninseln) und Eugenio Figueredo (Uruguay) in Auslieferungshaft, Interpol lässt seit Mittwoch per "Red Notice" (dringender geht es nicht) nach dem Ex-Vize Jack Warner (Trinidad und Tobago) und Ex-Exko-Mitglied Nicolás Leoz (Paraguay) fahnden. Dazu kommt der gesundheitlich angeschlagene "Whistleblower" Chuck Blazer, früher auch Mitglied im Exekutivkomitee. Sitzen diese bald alle in den Verhörzimmern des FBI und der US-Staatsanwaltschaft, könnte es extrem eng werden für Blatter. "Jetzt, wo die Leute sich selbst retten wollen, gibt es möglicherweise ein Rennen, wer zuerst gegen Blatter auspackt", zitiert der US-Fernsehsender ABC News eine Quelle aus Ermittlerkreisen.

In seinen 40 Jahren bei der FIFA ist Blatter, der am Dienstag gut 100 Stunden nach seiner Wiederwahl in einer knappen Erklärung seinen Rücktritt angekündigt hatte, allerdings noch nie belangt worden. Nie konnte ihm eine direkte Verbindung zu all den Skandalen nachgewiesen werden.

"Mit dieser Entscheidung wollte er in erster Linie auch uns, seine Familie, schützen", sagte seine Tochter Corinne Blatter-Andenmatten (54) dem Schweizer Blick: "Seine Entscheidung hat nichts, aber auch gar nichts, mit den kursierenden Anschuldigungen zu tun. Mein Vater ist ein ehrlicher Mensch, der sein Leben dem Fußball gewidmet hat." Dieses Vermächtnis ist aber in höchster Gefahr, zumal völlig offen ist, wer es übernimmt.

Zwischen Dezember 2015 und März 2016 soll der außerordentliche Wahl-Kongress der FIFA angesetzt werden, er findet in in Zürich statt. Die Nachfolge-Regelung ist dringend, nur Stunden nach der Blatter-Erklärung kreisten bereits die möglichen Kandidaten wie die Geier über dem bald verwaisten Fußball-Thron. Prinz Ali bin Al Hussein (39/Jordanien), am Freitag noch der klare Verlierer gegen Blatter, will nochmal antreten, dazu kamen Brasiliens Idol Zico (62) und der südkoreanische Auto-Milliardär Chung Mong-Joon (63). Weitere Namen werden folgen. Die erwarteten "Big Player" für die Wahl der 209 Verbände, UEFA-Präsident Michel Platini (59/Frankreich) und der kuwaitische Scheich Ahmad al Sabah (51), hielten sich noch bedeckt, auch Jérôme Champagne ließ seine Kandidatur offen.

Quelle: ntv.de, ppo/rts

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