Die NFL-Playoffs im Überblick Jackson und die Ravens sind nicht zu toppen
11.01.2020, 08:57 Uhr
Lamar Jackson, Quarterback der Baltimore Ravens, ist bekannt für spektakuläre Aktionen und gilt als einer der besten Spielmacher dieser NFL-Saison.
(Foto: imago/Icon SMI)
Im Conference-Halbfinale der NFL kämpfen acht Teams um den Einzug in die Vorschlussrunde des Super Bowls. Tom Brady und seine Patriots sind nicht mehr dabei - dafür die jungen, wilden Quaterbacks um Lamar Jackson, die gerade eine neue Ära begründen.
In der National Football League (NFL) gibt es zwei Gruppen, genannt Conference, die jeweils unterteilt sind in vier Divisionen. Die American Football Conference (AFC) und die National Football Conference (NFC), deren Aufteilung nicht geografisch sondern historisch bedingt erfolgte, spielen in den Playoffs ihre eigenen Champion aus. Heute und am Sonntag kommt es direkt zum Halbfinale der jeweiligen Conference, auch Divisional Round genannt. Die Gewinner der darauffolgenden Conference-Championships (19. Januar) ziehen dann schließlich in den Super Bowl (2. Februar) ein, um im wichtigsten Spiel des Jahres aller US-Sportarten den Sieger des ganzen Landes zu ermitteln.
Welche Überraschungen gab es bisher?
Der vielleicht beste Quarterback aller Zeiten, Tom Brady, ist schon ausgeschieden. In den Wild Card Games unterlag der mittlerweile 42-jährige Starspieler des Serienmeisters New England Patriots den Tennessee Titans. Auch ein weiterer Altmeister im Kreis der besten aller Zeiten, Drew Brees (40 Jahre) mit seinen New Orleans Saints, zog im Wild Card Game den Kürzeren, nachdem sein Team in der Saison sogar nur drei Spiele verloren hatte. Die beiden Spieler haben die meisten (Brees: 547, Brady: 541) Touchdown-Pässe der gesamten NFL-Historie geworfen.
Besonders Brady ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema in den US-Medien. Unterschreibt der Oldie in der Offseason einen neuen Vertrag bei New England oder wechselt er zu einem neuen Verein? Seine Karriere wird er dieses Jahr noch nicht beenden, wie er die Tage auf Instagram bekannt gab. Der Eigentümer der Patriots, Robert Kraft, "betet", dass der Quarterback bleibt.
Das Playoff-Aus von Brady und Brees ist auch eine Zäsur: Denn selbst wenn die beiden Altstars weiterspielen, die NFL regieren jetzt die jungen, lauffreudigen Quarterbacks. Von den acht verbleibenden Teams haben vier einen Spielmacher, der jünger als 28 Jahre ist. Die Superstars Lamar Jackson (Baltimore Ravens), Deshaun Watson (Houston Texans) und Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs) sind sogar erst 24 Jahre oder jünger und werden als die Zukunft der Liga angesehen. Lediglich Aaron Rodgers (Green Bay Packers) ist mit 36 Jahren noch ein Oldtimer unter den verbleibenden Passverteilern. Mit diesen Playoffs wird also das Ende einer Ära eingeläutet.
Wer ist Favorit?
Als Mannschaft mit der besten regulären Saison gelten die Baltimore Ravens als Topfavorit auf den Super Bowl. Der erst 23-jährige Quarterback Jackson überzeugte mit präzisen Pässen. Mit 36 Touchdown-Pässen führte er die NFL 2019 an. Dazu kommen atemberaubende Läufe, so stellte er einen neuen QB-Rekord mit 1206 erlaufenen Yards in einer Spielzeit auf. Mit dem Tempo der Ravens können, wenn, dann die Chiefs aus Kansas City mithalten. Spielmacher Mahomes lief nach Jackson die zweitmeisten Yards auf dieser Position und besitzt das zweitbeste Pass-Interception-Verhältnis der Liga.
Das beste hat Rodgers von den Packers, die zum Favoritenkreis gezählt werden müssen. Allerdings haben sie im Conference-Halbfinale mit den Seattle Seahawks eine hohe Hürde zu nehmen. Schließlich deren Spielmacher Rusell Wilson in der Saison bereits 31 Touchdown-Pässe geworfen. Ebenfalls unglaublich stark spielten die San Francisco 49ers in der Saison auf. Allerdings wird Passverteiler Jimmy Garoppolo als kleine Schwäche angesehen. Der 28-Jährige wurde 13 Mal intercepted, mehr als dreimal so oft wie Rodgers, und liegt im Pass-Interception-Verhältnis nur auf Platz 25 von 32.
VIERTELFINALE
San Francisco 49ers -
Minnesota Vikings 27:10
Baltimore Ravens -
Tennessee Titans 12:28
Kansas City Chiefs -
Houston Texas 51:31
Green Bay Packers -
Seattle Seahawks 28:23
HALBFINALE
Sonntag, 19. Januar, 21.05 Uhr
Tennessee Titans - Kansas City
Montag, 20. Januar, 00.40 Uhr
Green Bay Packers - San Francisco
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Die Conference-Halbfinals
San Francisco 49ers (13 Siege - 3 Niederlagen) - Minnesota Vikings (10-6)
Was für San Francisco spricht: Die 49ers haben die beste Bilanz der NFC und deshalb Heimrecht im Viertelfinale. Die Kalifornier stellen die zweitbeste Defensive der gesamten NFL, was die zugelassenen Yards angeht. Sich darauf zu verlassen, ist jedoch schwierig. Denn die defensive Performance lässt sich gerade im Alles-oder-Nichts-Format nur schwer voraussagen, weil sie immer auf die Offensive des Gegners reagieren muss. Aber auch San Franciscos Angriff gehört zu den besten der Liga: 381,1 Yards erzielten Quarterback Jimmy Garoppolo und Co. pro Partie, nur drei Teams waren besser. Mit dem Duo aus Tight End George Kittle und Wide Receiver Emmanuel Sanders verfügt Garoppolo über zwei verlässliche Passempfänger. Randnotiz: Für die 49ers läuft der einzig verbliebene deutsche NFL-Profi Mark Nzeocha auf.
Was für Minnesota spricht: Nimm eine großartige Defense, paare sie mit einem überdurchschnittlichen Quarterback und du hast eine Chance auf den Super Bowl, heißt es gerne mal unter NFL-Experten. Vikings-Spielmacher Kirk Cousins spielt in dieser Saison allerdings eher durchschnittlich, auch wenn seine Pässe auf die Receiver Adam Thielen und Kyle Rudolph den durchaus überraschenden 26:20-Erfolg bei den New Orleans Saints perfekt machten. Laut der Statistik-Seite "Pro Football Reference" stellt Minnesota unter 32 Teams die zehntbeste Defensive, was die pro Spielzug erlaubten Yards für den Gegner betrifft.
Baltimore Ravens (14-2) - Tennessee Titans (9-7)
Was für Baltimore spricht: Die Ravens sind das heißeste Team der Liga. Und das vom Start weg, als sie mit 42 Punkten in der ersten Halbzeit einen neuen NFL-Rekord für das erste Saisonspiel aufstellten. Quarterback Lamar Jackson ist Favorit auf die Auszeichnung als wertvollster Spieler, der 23-Jährige ist der Posterboy der neuen Spielmacher-Generation (s.o.). Als erstes Team der Ligahistorie erzielte Baltimore pro Spiel durchschnittlich jeweils mehr als 200 Pass- und Lauf-Yards pro Partie, auch die 41 Jahre alte Allzeit-Bestmarke an Lauf-Yards knackte die Ravens-Offensive. Und selbst wenn es mal nicht optimal klappt: Kicker Justin Tucker ist statistisch einer der wenigen Vertreter seiner oft als austauschbar geltenden Zunft, der deutlich besser als seine direkte Konkurrenz ist.
Was für Tennessee spricht: Wer die New England Patriots mit Superstar Tom Brady rausschmeißt, mit dem ist immer zu rechnen. Zudem haben die Titans eine der besseren Verteidigungen gegen das Laufspiel: Nur sechs Teams ließen laut "Pro Football Reference" weniger Yards pro Versuch zu. Wenn es ihnen gelingt, Baltimores Offensive auszubremsen, gibt es die Chance auf eine zweite Überraschung. Allerdings: Baltimores Angriff ist deutlich stärker einzuschätzen als der New Englands. Viel wird von Running Back Derrick Henry abhängen, der gegen die Patriots mit 182 Yards brillierte.
Kansas City Chiefs (12-4) - Houston Texans (10-6)

Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes wurde 2018 als MVP der NFL ausgezeichnet.
(Foto: USA TODAY Sports)
Was für Kansas City spricht: Die Chiefs gewinnen oft, und wenn sie gewinnen, dann deutlich. Von zwölf Siegen in dieser Saison kamen sieben mit mehr als einem Touchdown - also sieben Punkten Abstand - zu Stande. Wenn das Team um Quarterback Patrick Mahomes dagegen verliert, geht es deutlich knapper zu. Bei den vier Niederlagen in der Saison waren es maximal sieben Punkte Unterschied. Das klingt nach guten Aussichten für die Playoffs. Vorjahres-MVP Mahomes brilliert darin, schlechte Plays zu vermeiden; im Vergleich zur vergangenen Saison hat er die Rate an Pässen, die direkt beim Gegner landen, halbiert.
Was für Houston spricht: Selbst zwei Tackles konnten DeShaun Watson nicht stoppen. Der Texans-Quarterback wurde beim Overtime-Sieg gegen Buffalo doppelt getroffen und brachte danach trotzdem den Pass ans Ziel, der schließlich zum entscheidenden Field Goal beim 22:19-Erfolg führte. Die Formkurve zeigt also steil nach oben. Das gilt auch für Headcoach Bill O’Brien, der damit seine Zahl an Playoff-Siegen in Houston verdoppelte. Im Saisonverlauf zeigte er sich zunehmend mutiger, ins Risiko zu gehen, was die Auswahl seiner Spielzüge angeht. Das braucht es auch, um in Kansas City zu bestehen.
Green Bay Packers (13-3) - Seattle Seahawks (11-5)

Seahawks-Spielmacher Russell Wilson brillierte in der ersten Playoff-Runde.
(Foto: USA TODAY Sports)
Was für Green Bay spricht: Aaron Rodgers hat eine für ihn normale Saison gespielt. Weil der Quarterback der Packers seit Jahren zu den Besten seines Fachs gehört, ist das ein Pluspunkt. Mehr als 26 Touchdown-Pässe erzielte der 36-Jährige zuletzt 2016, mit fünf Siegen in Folge sicherte sich der Meister von 2011 ein freies Wochenende. Die Pass-Protection, also die Spieler, die den Quarterback vor den Verteidigern des Gegners schützen, gehört zu Besten der Liga. Dazu kommt, dass sich die eigene Pass-Verteidigung im Saisonverlauf deutlich gesteigert hat.
Was für die Seahawks spricht: Quarterback Russell Wilson spielte dieses Jahr lange Zeit auf MVP-Niveau - und gilt als einer der besten Profis, wenn es ernst wird. Das zeigte er beim 17:9 gegen Philadelphia in der ersten Runde. So auch 2015, als Seattle in NFC-Championship-Game gegen Green Bay knapp drei Minuten vor Schluss mit acht Punkten zurück lag und laut "Pro Football Reference" die Wahrscheinlichkeit für einen Packers-Sieg 99,9 Prozent betrug. Wenig später jubelten trotzdem die Seahawks. Da macht es manchmal auch nichts, dass die eigentlich für ihre elitäre Verteidigung bekannten Seahawks in dieser Saison die viertschlechteste Abwehr stellen, was den gegnerische Raumgewinn pro Spielzug angeht.
Quelle: ntv.de