DHB hat "Erwartungen an Scholz" Mit dem Kanzler und Kampf gegen den Heißblut-Gegner
14.01.2024, 16:14 Uhr
"Die Euphorie ist krass", heißt es aus den Reihen der deutschen Handball-Nationalmannschaft: Ein Sieg im gewaltigen Eröffnungsspiel der Heim-EM sorgt für beste Stimmung. Nun folgt auf den Rausch eine Pflichtaufgabe. Das lässt sich auch der Kanzler nicht entgehen.
Ein Spiel reichte der deutschen Handball-Nationalmannschaft, um sich wenigstens für den Moment in eine neue Dimension zu katapultieren: "Beim Spaziergang haben wir Kinder gesehen, die Fotos machen wollten. Der Spaziergang war nicht lang und trotzdem kamen drei, vier Gruppen auf uns zu", berichtete Rückraumspieler Martin Hanne nach dem Weltrekord-Match zum EM-Auftakt gegen die Schweiz. Mehr als 53.000 Menschen waren im Fußballstadion von Düsseldorf dabei, als das DHB-Team die Schweiz phasenweise überrollte. 27:14 hieß es am Ende. Während die Höhe des Sieges schon egal ist, ist das Gefühl geblieben: "Die Euphorie ist echt krass. Die trägt uns", sagte Hanne.
Der Weltrekord ist längst Geschichte. Am Abend geht es nun endlich weiter: Ein Sieg gegen Außenseiter Nordmazedonien (20.30 Uhr/ZDF und Dyn und im Liveticker auf ntv.de) ist Pflicht, alles andere wäre eine große und böse Überraschung. Die vorzeitige Qualifikation für die Hauptrunde wäre der Lohn. Die Partie in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin ist natürlich auch ausverkauft, die erste EM in Deutschland ist schon jetzt ein gewaltiger Erfolg: Am Ende werden wohl mehr als eine Million Tickets für das Turnier verkauft worden sein, zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des Handballs. Auch die Einschaltquoten stimmen, das Weltrekordspiel sahen bis zu 7,6 Millionen Menschen.
"Endspiel" für Nordmazedonien
Nun ist es an der deutschen Mannschaft, die Euphorie weiter zu befeuern, mit dem frühen Hype Schritt zu halten. Denn die Hauptrunde kann ja ohnehin nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur ersten Medaille seit Olympiabronze 2016 sein. Mit einem Sieg über Nordmazedonien würde man sich ein Endspiel schon im Gruppenfinale gegen Rekordweltmeister Frankreich am Dienstag ersparen. Mit der starken Vorstellung gegen die Schweiz hat die Mannschaft einen Traumstart ins Turnier geschafft, sich selbst reichlich Rückenwind verschafft. Nun wartet die erste und wohl letzte Pflichtaufgabe der EM. Heimvorteil hin, Euphorie her: Ein natürlicher Favorit auf die vorderen Plätze ist das DHB-Team auch weiterhin nicht.
"Die Nordmazedonier sind sehr heißblütig und kommen sehr viel auch über Körpersprache ins Spiel", sagte Timo Kastening dem Sportinformationsdienst. "Ich glaube, es liegt an uns, dass wir das nicht aufkommen lassen und dass wir unser Spiel durchdrücken." Gegen Frankreich führte das Team von Handball-Legende Kiril Lazarov Mitte der ersten Halbzeit mit zwei Toren, am Ende hieß es 29:39. "Für Nordmazedonien ist es ein Endspiel. Die kommen über Herzblut und Emotion. Da müssen wir gegenhalten", sagte Rune Dahmke, Europameister von 2016.
"Das wird genauso krass"
Nach dem Weltrekord-Spektakel zum Auftakt werden heute Abend knapp 15.000 Menschen dabei sein - und "jeder wird genauso euphorisiert in die Arena einlaufen", versprach Spielmacher Juri Knorr dem SID über die Rückkehr in gewohnte Atmosphäre. "Das wird mindestens genauso krass."
Bundestrainer Alfred Gíslason wird seine Mannschaft auf einer Schlüsselposition umbauen: Weil Kai Häfner, einer der vier im Kader verbliebenen Europameister, am Freitag zum zweiten Mal Vater geworden war, wird er im Kader fehlen. "Wir müssen jetzt abstimmen, ob er am Sonntag beim Spiel eingesetzt wird. Er kann herkommen, aber ob wir das von ihm abverlangen, ist die Frage", hatte DHB-Sportvorstand Axel Kromer verkündet.
Inzwischen ist klar: Häfner, mit 138 Länderspielen der erfahrenste Feldspieler im Team, wird fehlen. "Wenn er wiederkommt, kann er für uns wieder den Papa spielen", sagte Rückraum-Kollege Martin Hanne: "So eine positive Nachricht schweißt das Team vielleicht noch ein Stück weit mehr zusammen." Die Last im rechten Rückraum wird Gíslason auf U21-Weltmeister Renars Uscins und Christoph Steinert verteilen, Lokalmatador Nils Lichtlein von den Füchsen Berlin wird erstmals bei diesem Turnier Teil der Mannschaft sein.
"Klare Erwartung" an den Bundeskanzler
Wie schon zum EM-Auftakt, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Weltrekordvolk sprach und das Turnier etwas holprig eröffnete, entsendet die deutsche Politik wieder einen hochrangigen Fan: Bundeskanzler Olaf Scholz wird diesmal dabei sein: "Wir haben die klare Erwartung, dass der Bundeskanzler das Team lautstark unterstützt. Weil das machen alle Fans, die hier in die Halle kommen", sagte Sportvorstand Kromer mit einem Augenzwinkern. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte die Heim-WM 2019 nicht, empfing die Mannschaft stattdessen Monate später im Kanzleramt.
Der Handball hat sich mit dem EM-Start Reichweite erspielt, die deutsche Mannschaft bietet in dieser Frühphase des Turniers ein Umfeld, in dem man sich zwischen Bauernprotest, Krieg und Bahnstreik gut zeigen kann. Scholz ist allerdings durchaus ein Fachmann, in Potsdam sah man den SPD-Politiker schon auf der Tribüne des dortigen Zweitligisten. Nun geht es also auch für den Kanzler auf die große Bühne - auch, wenn sie etwas kleiner ist als noch beim größten Spiel in der Geschichte des Sports.
Quelle: ntv.de