Suche nach dem Kick bei Ski-WM Neureuther glaubt an großen Slalom-Erfolg
19.02.2017, 08:22 Uhr
Felix Neureuther will trotz Rückenproblemen im Slalom voll angreifen.
(Foto: Michael Kappeler/dpa)
Ausgerechnet vor seinem vielleicht letzten Rennen bei einer Ski-WM kämpft Felix Neureuther mit Problemen. Der Rücken zwackt, das Material passt nicht. Doch der 32-Jährige ist bekannt für seinen Optimismus.
Das Stehen scheint Felix Neureuther noch ein bisschen Mühe zu bereiten, mehr jedenfalls als Skirennen zu fahren. Mit der rechten Hand greift er nach hinten, stützt sie in den Lendenbereich. Es ist ein Indiz, das einzige, das noch auf die Rückenprobleme des besten deutschen Skirennläufers hinweist. Der Belastungstest für den abschließenden Slalom bei den alpinen Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz, "ist gelungen", sagte er. "Das ist sehr positiv."
Doch der 32-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen ist bei seinem vielleicht letzten Auftritt bei einer WM - womöglich beendet er die Karriere nach den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang - weit davon entfernt, topfit und ohne Probleme starten zu können. Der Rücken ist die eine Sache, den hat er sich im Teamwettbewerb verdreht und ein Kompressionssyndrom erlitten. Seit Dienstag arbeiten Ärzte und Physiotherapeuten des Deutschen Skiverbandes auf Hochtouren - wieder einmal an Neureuthers Körper.
Dessen Start im Riesenslalom sei sehr wichtig gewesen, um "ein positives Gefühl mitzunehmen". Mit der zweitbesten Laufzeit im zweiten Durchgang war ihm das gelungen, der 16. Platz in der Endabrechnung "ist wurscht", findet er. Er sei ja nicht mit dem Wissen angetreten, Gold gewinnen zu können. "So schön die Geschichte gewesen wäre, aber Realismus ist etwas anderes."
Schlechtes Material behindert zusätzlich
Würde nur der Rücken zwicken, wäre es jedoch realistisch für ihn, auch dieses Mal zu den Medaillenfavoriten im Slalom zu gehören. Neureuther schaffte es schon unter viel größeren Schmerzen auf das Podest. Vor zwei Jahren hatte er bis zum Saisonende um die Kristallkugel des Slalom-Besten gegen den Österreicher Marcel Hirscher gekämpft. Die noch größeren Probleme bereiten ihm das Material und das richtige Setup, also das Zusammenspiel zwischen Ski, Bindungsplatte und Skischuhen. "Ich bin auf der Suche nach dem Kick und dem Gefühl zu wissen, dass alles passt, ich tun und lassen kann, was ich will, ohne in Rücklage zu geraten", gibt er zu.
Seit zwei Jahren schafft es der italienische Ski-Ausrüster des Deutschen nicht mehr, konkurrenzfähiges Material zu entwickeln. Im vergangenen Winter fiel dies noch nicht so ins Gewicht, da nur selten ganz harte, eisige Pistenbedingungen herrschten. In dieser Saison schaffte es Neureuther zweimal im Slalom auf das Podest, einmal bei wechselnden Windbedingungen in Zagreb, das zweite Mal auf der Neuschnee-Piste von Wengen. Da Teamkollege Fritz Dopfer seit November verletzt ausfällt, ist Neureuther obendrein in diesem Winter der einzige Weltklasseläufer im Slalom, der auf Nordica-Skiern unterwegs ist. Es fehlt der Vergleich - für die Firma und für den Athleten.
"Hundertprozentig drauf, dort zu gewinnen"
"Ich musste bisher an zu viele Dinge denken, damit es funktioniert", gibt Neureuther zu. Vor den Weltmeisterschaften soll es gar zu einer heftigen Diskussion gekommen sein mit den Verantwortlichen von Nordica. Der Deutsche mag dazu nichts sagen. Aber tatsächlich klang er kurz vor der Abreise ins Engadin zum ersten Mal etwas zuversichtlicher. "Ich hoffe, dass wir es jetzt hinbekommen haben."
Mit St. Moritz verbindet Neureuther beste Erinnerungen. Bei der WM 2003 war er in dem Nobelskiort als 18-jähriges Talent zum ersten Mal aufgetaucht. Schon bei seiner Ankunft im Hotel der Deutschen hatte er damals einen riesigen Medienrummel ausgelöst. Seine Leistungen im Nachwuchs und die Herkunft galten als riesiges Versprechen. Im Slalom hat der Sohn des berühmtesten deutschen Ski Ehepaars dies mit dem 15. Platz erfüllt. 14 Jahre später sind die Erwartungen natürlich höher, die eigenen und die der Öffentlichkeit. "Ich weiß", sagt Neureuther, "dass ich es hundertprozentig drauf habe, dort zu gewinnen." Trotz Rückenblessur, trotz Materialproblemen.
Quelle: ntv.de