Sport

Zu normal für den ganzen Ruhm Nowitzki überragt alle auch ohne Basketball

Selbst eine Straße wurde in Dallas nun nach Dirk Nowitzki benannt.

Selbst eine Straße wurde in Dallas nun nach Dirk Nowitzki benannt.

(Foto: dpa)

Dirk Nowitzki ist über Jahrzehnte für Basketballfans eine Konstante - sein Karriereende im April eine Zäsur. Doch die Legende der Dallas Mavericks sorgt auch ohne Ball in der Hand für Höhepunkte. Und dem Mann mit geschundenem Körper ist das Leben nach dem Profisport nur zu gönnen.

Einer überragt sie alle. Dirk Nowitzkis Schultern befinden sich auf der Höhe der Köpfe der anderen Preisträger. Ein witziges Bild für die Journalisten hinten in der letzten Reihe während der Bundesverdienstkreuz-Verleihung durch den Bundespräsidenten im Dezember in Berlin. Als Frank-Walter Steinmeier den ehemaligen Star der Dallas Mavericks nach vorne ruft, überragt dieser sogar die überdimensionale Deutschlandfahne im Hintergrund. Fast, so will man meinen, stößt der 2,13 große Blonde womöglich bis an die riesigen Kronleuchter des Ballsaals im Schloss Bellevue heran. Beim gemeinsamen Gruppenfoto mit den anderen Ordensgewinnern erntet der Würzburger Lacher, als er sich zunächst vor alle in die erste Reihe stellt und sich dann langsam nach hinten trollt.

Dirk Nowitzki erhält von Bundespräsident Steinmeier das Bundesverdienstkreuz.

Dirk Nowitzki erhält von Bundespräsident Steinmeier das Bundesverdienstkreuz.

(Foto: imago images/Xinhua)

Natürlich wird bei dem Termin vom Bundespräsidenten nicht die Körpergröße des ehemaligen Basketballers ausgezeichnet, sondern sein Engagement als Unicef-Botschafter und in seinen zwei Stiftungen. Nowitzki fördert mit dieser Arbeit weniger privilegierte Kinder und Jugendliche. Und die ehemalige Nummer 41 überragt zwar nicht die anderen Preisträger, die allesamt für ihre außerordentlichen Leistungen im ehrenamtlichen Bereich ausgezeichnet werden, aber alle anderen Sportler Deutschlands. Solch einen internationalen Sport-Star hat Deutschland nicht noch einmal, das ist allen im Raum auch ein gutes halbes Jahr nach seinem Abschied vom professionellen Basketball klar.

"Der Körper hat nicht mehr mitgespielt"

Ein Blick zurück: Nachdem Nowitzkis letzte NBA-Saison zu einer Abschiedstournee durch die Auswärtshallen der USA wird und der Franke überall Standing Ovations erntet, erlebt er am 10. April 2019 den emotionalen Abschied, den er eigentlich nie wollte. Der Basketball-Superstar mochte das Scheinwerferlicht noch nie und wünschte sich eigentlich einfach ein gutes letztes Spiel. That's it - das war's. Es kommt anders. In seiner letzten Heimpartie erzielt der Power Forward sogar noch einmal 30 Punkte und stopft – zur frenetischen Freude des Publikums – auf seine alten Tage auch noch den Ball per Dunking durch den Ring.

Doch dann steht er auf einmal als einzig beleuchtete Person im ganzen American Airlines Center, bedankt sich voller Rührung für den Überraschungsbesuch der Legenden seiner Kindheit – Charles Barkley, Scottie Pippen, Larry Bird und Co. sind extra für den Deutschen gekommen, vor allem um den Menschen Dirk Nowitzki zu ehren – und verkündet sein Karriereende. Überall, auf T-Shirts, Plakaten und dem riesigen Videowürfel, ist eine Zahlenfolge zu sehen: 41.21.1. Nowitzki trug sein Trikot mit der Nummer 41 über 21 Jahre für nur den einen Verein. So etwas gab es noch nie in der NBA. Gegenüber n-tv.de gibt der Superstar im Oktober zu, dass er mit den Jungstars Luka Doncic und Kristaps Porzingis schon noch gerne weitergespielt hätte: "Es war der Körper, der einfach nicht mehr mitgespielt hat."

Nowitzki hinterlässt bei Fans eine Leere

Emotionaler Abschied: Im April beendete Nowitzki nach 21 Jahren seine Profikarriere in der NBA.

Emotionaler Abschied: Im April beendete Nowitzki nach 21 Jahren seine Profikarriere in der NBA.

(Foto: dpa)

Für jeden Basketballfan Deutschlands geht damit eine Ära zu Ende. In den Jahren der Kindheit oder der Jugend ist der Dallas-Star ein konstanter Wegbegleiter. Auch wenn es kitschig klingt, der sympathische Riese war wie ein guter Freund, mit dem man sich verbunden fühlt. Nowitzki: Das war Beständigkeit, Treue, Unerschütterlichkeit. Ja, eine Art Unvergänglichkeit. Denn Nowitzki war einfach immer da. Bis er auf einmal nicht mehr auf dem Parkett stand - und bei den Anhängern der Sportart eine gewisse Leere hinterließ. Schließlich machte er sein Ding so viel besser als fast alle anderen, die sich daran versuchten. Er veränderte eine ganze Sportart und lächelte trotzdem etwas beschämt, wenn sich mal wieder alle Kameras auf ihn richteten.

Das ist auch heute noch so. Bei einem Event seines Sponsors Nike im Juli in Berlin wird er als "einer der Größten, die jemals Basketball gespielt haben" vorgestellt - und immer noch ist solch ein Lob dem Weltstar sichtlich unangenehm. Leicht verlegen kratzt er sich am Kopf. Basketball-Rentner Nowitzki, braungebrannt, urlaubsentspannt und in lockeren Basketball-Shorts gekleidet, läuft nach 21 NBA-Saisons zwar unrunder als jeder Basketballanfänger, aber an diesem Sommertag übergibt er sein immenses Basketball-Wissen, seine Erfahrungen und seine Inspiration an die nächsten Generationen. Sie haben die Träume noch vor sich, die Nowitzki schon gelebt hat. Viele der Kids kennen ihn nur auf den letzten Metern seiner Welt-Karriere. Nach dem NBA-Titel 2011, nach dem EM-Silber 2005, und nach dem Fahneneinlauf bei den Olympischen Spielen 2008. Ein Vorbild ist er für sie alle trotzdem.

Nowitzki überragt auf der Skipiste

Nowitzki gibt in Berlin sein Basketball-Wissen weiter.

Nowitzki gibt in Berlin sein Basketball-Wissen weiter.

(Foto: Yasmine Tarcha)

Dann macht Nowitzki erstmal weiter Urlaub mit der Familie. Gerüchte, er könne Teilhaber bei den Dallas Mavericks werden, wischt er im Gespräch mit n-tv.de weg. "Momentan stehen einfach andere Dinge im Vordergrund", sagt die Basketball-Legende. "Vor allen Dingen die Familie, die sonst immer viel zurückstecken musste." Locker, gelöst und sonnengebräunt genießt er sichtlich die freie Zeit, die ihm Sachen ermöglicht, die er über zwei Jahrzehnte nicht mehr machen durfte: "Ich habe jetzt fast sechs Monate nichts gemacht. Die Motivation und Inspiration dafür hat mir gefehlt. Ich wollte einfach essen, was mir in den Weg kommt." Mark Cuban, Besitzer der Dallas Mavericks, witzelt im Sommer bereits: "Wahrscheinlich ist der Typ, der Dirks Anzüge macht, gerade der glücklichste Mann in Dallas."

In Texas bleibt auch nach seiner Karriere der Lebensmittelpunkt Dirk Nowitzkis. Mehr als sein halbes Leben hat er dort verbacht, seine Kinder gehen in Dallas zur Schule. Ein paar Mal lässt er sich in der neuen NBA-Saison sogar bei Mavs-Spielen blicken. Wieder erntet er das ungeliebte Scheinwerferlicht, als der Hallensprecher ihn aufruft, wieder winkt er erfreut, aber ein wenig höflich beschämt ins Publikum. Konkrete Hinweise auf die Zukunft vermeidet der blonde Riese. Er genießt jetzt genau das Leben, dass wir Normalsterbliche seine lange Karriere über genießen konnten. Diesen Winter überragt Nowitzki erstmal auf der Skipiste – diesmal wahrscheinlich aber nur von der Körpergröße her. Wintersport durfte er sogar 30 Jahre nicht mehr betreiben.

Quelle: ntv.de

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