Hirntumor, OP, Chemo - Comeback! Para-Star wagt Neuanfang nach Horror-Diagnose
30.03.2022, 16:39 Uhr
Elena Semechin schwimmt zum größten Erfolg - und muss das größte Tief hinnehmen.
(Foto: imago images/camera4+)
Elena Semechin ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, als sie im vergangenen Oktober die Horror-Diagnose Hirntumor erhält. Doch der Schwimmstar gibt nicht auf und kehrt inmitten ihrer Chemo-Therapie zurück ins Becken. "Ich bin immer noch da", sagt sie und träumt von der Para-WM im Juni.
Elena Semechin war immer schon "sehr dankbar", betont sie. Die erfolgreiche Operation ihres Hirntumors hat sie aber "noch dankbarer" gemacht und eine unbändige Lust auf das Leben geweckt. Deswegen will die sehbehinderte Paralympics-Siegerin von Tokio nicht länger warten mit ihrem Comeback. Am Donnerstag um 12.40 Uhr steigt die 28-Jährige bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften in Berlin im Vorlauf über ihre Goldstrecke 100 Meter Brust ins Becken - obwohl der zweite Zyklus ihrer Chemo-Therapie gerade erst abgeschlossen ist.
"Ich möchte nicht, dass der Krebs meinen Alltag bestimmt. Ich möchte selber der Boss über mein Leben sein", erzählt Semechin. Ihr Start sei "ein Zeichen, dass ich noch da bin. Ich bin noch da und werde so schnell nicht verschwinden - trotz meines Krebses."
Semechin, geborene Krawzow, war auf einem Hoch, als ihr im vergangenen Oktober die Krebs-Diagnose den Boden unter den Füßen wegzog. Die Gold-Medaille in der Vitrine - und dann der tiefe emotionale Fall. Ein risikoreicher Eingriff in der linken oberen Gehirnhälfte war die einzige Option. Sie heiratete ihren langjährigen Freund und Trainer Phillip Semechin noch kurz vor der Operation.
"Ich hatte eine ganz große Angst vor Persönlichkeitsveränderungen durch die OP. Aber es ist alles gut gegangen - das behaupten zumindest die anderen", sagt sie lachend und fügt hinzu: "Jetzt schätzt man jede Minute, die man leben darf. Und da ich nicht mehr so lange lebe, möchte ich jetzt jede Minute noch mehr genießen und nicht auf später schieben."
Traumziel WM auf Madeira
Ihre Prognose klingt niederschmetternd: "Ich muss noch zehn Monate Chemo machen, und dann mal gucken." Die Wahrscheinlichkeit sei "sehr hoch", dass der Krebs in 10 bis 15 Jahren wiederkommt. Dass sie im Herbst ihre Diagnose öffentlich machte, hat Semechin keine Sekunde bereut. Sie habe sehr viel Zuspruch erfahren, auch hätten sich viele Krebspatienten bei ihr gemeldet und ihr gedankt, weil sie sich "nicht mehr so allein gefühlt haben".
Nun will sie es wissen. Die Para-WM im Juni auf Madeira, für die sie bereits qualifiziert ist, sei "das große Ziel". Die deutschen Meisterschaften sind die letzte Wettkampfmöglichkeit im Vorfeld und die Chance, "mich zu testen und zu schauen, ob ich noch wettkampfmäßig schwimmen kann nach der OP". Und nach zuletzt fünf Tagen Chemo, von denen sie an den letzten drei nicht im Ansatz habe trainieren können. "Da lag ich wirklich flach, da ging nichts", sagt sie. Doch davon will sich Semechin nicht stoppen lassen. Sie ist der Boss.
Quelle: ntv.de, sue/sid