"Ich kann und werde leben" Trotz Chemo glaubt Semechin an WM-Start
21.12.2021, 11:36 Uhr
Elena Semechin bei ihrem Auftritt im "Aktuellen Sportstudion" Ende November 2021.
(Foto: imago images/Martin Hoffmann)
In einem Jahr, in dem sie sportlich alles abräumt, ereilt Elena Semechin eine Schock-Nachricht. Auf die Gold-Medaille bei den Paralympics folgt die Diagnose Gehirn-Tumor. Himmel und Hölle. Nach ihrer OP Anfang November geht ihr Kampf gegen den Krebs weiter. Der Sport spendet der Schwimmerin Kraft.
Für das neue Jahr hat Elena Semechin nur einen Wunsch: "Gesundheit. Denn ohne Gesundheit geht wirklich gar nichts." Aus eigener Erfahrung weiß sie, wovon sie spricht. Auf Gold bei den Paralympics folgte für die sehbehinderte Schwimmerin im Oktober die Schock-Diagnose Gehirn-Tumor. Nach der erfolgreichen Operation geht ihr wichtigster Kampf weiter.
Ihre Eltern, die Semechin seit drei Jahren nicht treffen konnte, kann sie erneut nicht über Weihnachten in Kasachstan besuchen, stattdessen verbringt sie die Feiertage gemeinsam mit ihrem Mann "gemütlich zu Hause". Am Montag begann die sechswöchige Strahlentherapie, für die die Berlinerin täglich ins Krankenhaus muss, im Februar startet die 48 Wochen andauernde Chemotherapie. "Ich bin gespannt, wie ich das vertrage", sagte sie: "Das haben schon sehr viele Menschen vor mir geschafft. Ich bin fit, trainiere und habe viel für Körper und Geist getan."
Der lang ersehnte Sieg im paralympischen Finale über 100 Meter Brust, die erstmalige Ehrung zur Para-Sportlerin des Jahres oder auch die "Titelverteidigung" als Berlins Sportlerin des Jahres. Sportlich räumte Semechin in diesem Jahr alles ab. "Es war eigentlich ein Superjahr für mich", sagt sie - trotz der Diagnose, die ihr Leben veränderte. Anstatt sich entmutigen zu lassen, begann Semechin zu kämpfen. "Ich kann und werde leben", kündigte sie bereits zwei Wochen nach der Diagnose an. Kurz vor dem komplizierten Eingriff heiratete die 28-Jährige, die unter ihrem kasachischen Familiennamen Krawzow bekannt wurde, ihren langjährigen Freund und Trainer Phillip.
Der WM-Traum lebt
"Er war in diesen turbulenten Zeiten immer für mich da, wie ein sicherer Felsen", sagt Semechin. Vor der OP schaffte das Paar mit einer Blitzhochzeit Fakten. "Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, das vorher noch zu erledigen. Ich wusste ja nicht, wie ich aufwachen werde", sagt sie. Dank eines flexiblen Standesamts und einiger glücklicher Fügungen gelang die spontane Trauung, zwei Tage später folgte der Eingriff. Seit mehr als zwei Wochen ist sie zurück im Wasser. "Ich fühle mich fit", sagte sie: "Es ist für mich wichtig, eine gewisse Routine und Struktur im Tag zu haben. Das lenkt mich von der Krankheit ab und gibt mir Stärke für den weiteren Weg."
Sogar ein Start bei der WM auf Madeira im Juni scheint möglich. "Mein Arzt meinte, dass er mich zur Not dorthin prügeln will", sagt Semechin: "Ich muss schauen, wie es mir geht, aber ich bin optimistisch." Sie verliert weder ihr Lachen noch ihren Optimismus. Hauptsache, die Familie wird nicht noch einmal so in Sorge versetzt wie damals im Oktober: "Ich hoffe, dass ich nie wieder solche Nachrichten verbreiten muss", so Semechin. Gesundheit wiegt eben weit mehr als jede Goldmedaille.
Quelle: ntv.de, sue/sid