Ein Jahr nach Mittermaiers Tod "Rosi ist immer da. Sie ist jede Sekunde bei mir"
04.01.2024, 06:58 Uhr
Der erste Popstar des Wintersports: Rosi Mittermaier.
(Foto: imago images/WEREK)
Vor einem Jahr starb Deutschlands Ski-Ikone Rosi Mittermaier. Die "Gold-Rosi" gehörte nicht nur wegen ihrer Erfolge über Jahrzehnte zu den populärsten Wintersportlerinnen Deutschlands. In ihrer Familie ist sie bis heute präsent, besonders bei Ehemann Christian Neureuther.
Rosi Mittermaier hat ihre letzte Ruhestätte gefunden. Im Schatten des mächtigen Königsstands liegt sie in Garmisch-Partenkirchen begraben. Der 1453 Meter hohe Berg galt als einer ihrer liebsten. Vor einem Jahr ist Deutschlands Ski-Ikone nach einem schweren Krebsleiden gestorben. Das Land nahm großen Anteil an dem Schicksal der 72-Jährigen, die in ihrem Leben so viele Menschen verzaubert hatte. Als ein Star, der keiner war. Als ein Mensch, der seine Umgebung mit positiver Energie umarmte.
"Es gibt niemanden, der bei solchen Erfolgen normaler war als sie", hatte ARD-Kommentator Bernd Schmelzer, der Rosi Mittermaier gut kannte, nach ihrem Tod gegenüber ntv.de gesagt. "Sie war so uneitel, so unprätentiös, so selbstlos." Und so dachte sie immer auch an ihre Familie. "Passt auf den Vater auf! Die Familie ist das Zentrum von allem!", erzählte ihr Ehemann Christian Neureuther erst kürzlich von der Botschaft seiner Frau.
So sehr es in der Öffentlichkeit ruhig um Rosi geworden ist, so präsent ist sie noch immer in ihrer Familie. "Sie ist jede Sekunde bei mir. Rosi ist immer da, mal mehr, mal weniger", sagte Neureuther im Oktober beim "Talk im Schloss". Mehr als 55 Jahre verband die beiden eine große Liebe, 43 Jahre davon gingen sie als Ehepartner durchs Leben. Und tun das noch immer. "Ich gehe jeden Tag am Berg eine Runde, die Runde, die ich immer mit Rosi gegangen bin." Es sei "mental wunderschön, in die Berge hineinzuschauen."
Dankbar für die "Liebe und Stärke"
Ihr Leben, das war der Schnee, das war die Piste. Mittermaier wuchs an der Winklmoosalm auf, wo die Eltern ein Gasthaus mit Skischule hatten. Im Alter von drei Jahren spürte Rosa-Katharina das erste Mal die schmalen Bretter unter sich, 1965 wurde sie Teil der Nationalmannschaft. Mittermaier liebte die Zeit auf den Ski wie kaum eine andere. "Das reine Skifahren ist für mich immer noch das Schönste, was es gibt und wo mir immer das Herz aufgehen wird", sagte die Ikone einmal. Aber besonders wohl fühlte sie sich auch im engsten Stangenwald, dem Slalom. Wie ihr Mann Christian Neureuther, wie ihr Sohn Felix, für den sie stets die immer besorgte Mutter blieb. Und ein Stückchen weit immer bleibt. Sie sei für ihn jetzt "ein Stern da oben". Auch zehn Monate nach ihrem Tod spürte er immer noch eine tiefe Dankbarkeit, "ihre Liebe und Stärke erlebt zu haben".
Der Winter 1975/76 war der Winter von Rosi Mittermaier. Es war ein Winter, in dem es noch echten Schnee gab und Skifahren keine Materialschlacht war. Es war der Winter, der Deutschland zu einer Alpin-Nation machte - auf den Pisten, an den TV-Geräten. Ganz besonders im Februar 1976, als die Olympischen Winterspiele in Innsbruck ausgetragen wurden und das Mädchen aus Reit im Winkl die Konkurrenz beherrschte. Gold-Überraschung in der Abfahrt, Gold im Slalom, Silber im Riesenslalom. Schon im Weltcup zuvor hatte sie die Konkurrenz abgehängt. Sie wurde blitzartig zum ersten Sport-Popstar. "In meinem Elternhaus war ein Zimmer voll mit Post und Paketen. In einem Monat sind 27.000 Briefe gekommen, das hat uns der Postbote erzählt, der ist narrisch geworden, weil er die ganze Flut rauf auf die Winklmoosalm bringen musste", erinnerte sich Mittermaier zu ihrem 70. Geburtstag.
"Ich steh' ja viel durch, aber das war krass"
Von den zehn Weltcupsiegen feierte sie acht im Slalom. Insgesamt stand sie 41 Mal auf dem Podest - und feierte 1976 den ersten Triumph im Gesamtweltcup. Es blieb ihr einziger, wenige Tage später verkündete sie das Ende ihrer Karriere. Auch wegen des immensen Trubels hörte sie im Alter von 25 Jahren auf. "Wenn ich heute daran denke, dass ich das alles ausgehalten habe, kann ich mir das nicht mehr vorstellen", sagte sie einmal: "Ich steh' ja viel durch, aber das war krass."
Auch im Fernsehen war sie ein gern gesehener Gast. Besonders in den erfolgreichen Jahren ihres Sohnes. Immer wieder fieberte sie an den Pisten mit - und blieb dabei selbst der Star, der sie 1976 geworden war. Immer blieb ihr der Hype um die eigene Person ein Rätsel. Dem "Münchner Merkur" sagte sie 2016, anlässlich des 40. Jahrestags ihrer Erfolge: "Es war Wahnsinn. Wahnsinn. Total verrückt." "Zum Genießen?", fragte die Redakteurin, Mittermaier zuckte mit den Schultern. "Freilich war's schön." Verstanden hat sie es trotzdem nicht: "Ich hab' mir vor allem gedacht: Mei, geht's doch lieber heim. Das ist doch alles nicht so wichtig." Mittermaier blieb ein Star zum Anfassen, nahbar, bescheiden, sie hatte immer ein nettes Wort. Dass sie über Jahrzehnte die "Gold-Rosi" der Nation blieb, hatte viel damit zu tun, dass sie immer war, wie sie war. Freundlich. Hilfsbereit. Sozial.
Dieser Text erschien in Teilen bereits als Nachruf am 4. Januar 2023
Quelle: ntv.de, tno