"Magic moment" in London "Sir Mo" verzückt mit epischem Goldlauf
05.08.2017, 16:12 Uhr
Sechster Doppel-Triumph für Farah? Diese Dominanz wirft auch Fragen auf.
(Foto: AP)
Es ist die Stunde seiner Heimkehr, die Stunde seines vielleicht größten Triumphs: Mo Farah siegt bei der Leichtathletik-WM in London über 10.000 Meter - angefeuert von 60.000 frenetischen Fans. Aber ist Farahs "Magic moment" auch ein sauberer?
Mohamed Muktar Jama Farah hat golden abgeliefert, und auf einmal haben sich das Vereinigte Königreich und "Sir Mo" wieder lieb: "Ich verdanke dies den Menschen in London, ich verdanke dies den Menschen in Großbritannien", sagte Farah mit tränennassen Augen, nachdem er zum Auftakt der Leichtathletik-WM in einem epischen 10.000-Meter-Rennen triumphiert hatte.
Er, dem stets Dopinggerüchte auf den Fersen sind, war im Olympiastadion der strahlende Held. Farah, 34 Jahre alt und nun sechsmaliger Weltmeister, zeigte vor 60.000 völlig euphorisierten Zuschauern im Olympiastadion ein Paradoxon der Leichtathletik auf: Manchmal reicht es, einfach schnell genug zu laufen, um zumindest kurzzeitig und zumindest für die breite Masse aus dem sportmedizinischen Zwielicht zu entweichen.
"Es war eines der härtesten Rennen meines Lebens", sagte Farah, der nach 26:49,51 Minuten knapp vor dem Ugander Joshua Cheptegei (26:49,94) lag und wie immer seit 2011 der versammelten ostafrikanischen Lauf-Streitmacht die lange Nase zeigte: "Ich musste einfach stark bleiben, an mich selbst glauben und mir immer wieder sagen, du hast doch nicht umsonst gearbeitet, du kannst doch nicht in deiner Heimatstadt verlieren."
Salazar-Connection wirft Fragen auf
"Mo's magic moment", wie ihn der "Telegraph" heute nannte, könnte der neue Höhepunkt einer so schönen Geschichte sein: Der gebürtige Somalier, der mit jahrelanger harter Arbeit zum besten Langstreckler seiner Generation, zum Liebling seiner neuen Heimat aufgestiegen ist. Nur: Einiges deutet darauf hin, dass Farahs Erfolge ihre Grundlage zumindest in einem Grenzbereich haben. Hartnäckig halten sich Doping-Gerüchte um seinen Trainer Alberto Salazar, belastend ist die Nähe zum nicht minder schlecht beleumundeten somalischen Coach Jama Aden. Bei Aden, zu dessen prominentesten Schützlingen Äthiopiens Weltrekordlerin Genzebe Dibaba gehört, waren 2016 Unmengen an Dopingmitteln sichergestellt worden. Zuletzt veröffentlichte die russische Hackergruppe Fancy Bears belastendes Material über Farah.
Dieser zog sich ins Schneckenhaus zurück, reagierte auf Nachfragen bockig. "Ich habe es satt, mich immer wiederholen zu müssen. Ich glaube an den sauberen Sport", sagte Farah, kritische britische Journalisten strafte er mit Schweigen. Sein Ansehen auf der Insel hatte merklich gelitten - bis alles am Freitagabend in einem wahren Jubelmeer mündete. Und das soll es nicht gewesen sein, Farah will sein "golden goodbye" ("The Times") in London fortsetzen. Am kommenden Sonntag greift er auch über 5000 Meter nach Gold, es wäre der sechste Double-Gewinn in Serie. Den Doppelschlag aus 5000 und 10.000 Meter hatte er zuvor bei Olympia 2012 und 2016, den Weltmeisterschaften 2013 und 2015 sowie bei der EM 2014 geschafft.
Zuvor muss Farah, wie es sich für einen echten Helden gehört, die Wunden seines ersten Londoner Kampfes pflegen - die 10.000 Meter mit viel Hauen und Stechen und Treten haben Spuren hinterlassen. "Ich bin angeschlagen, habe Schnitte und Schrammen, muss zum Doc und brauche sicher einige Stiche", sagte Farah und wirkte dabei sehr verletzlich: "Aber bis zu den 5000 wird das schon wieder."
Quelle: ntv.de