Dopingfragen und Skepsis bleiben Tour-König Vingegaard lässt sogar Merckx schwärmen
24.07.2023, 07:31 Uhr
Jonas Vingegaard war im zweiten Jahr in Folge bei der Tour de France nicht zu stoppen.
(Foto: Jasper Jacobs/Belga/dpa)
Jonas Vingegaard gewinnt zum zweiten Mal in Serie die Tour de France, dabei kam er sehr spät zum Radfahren. Der Triumph ist das Ergebnis eines perfekt ausgeführten Plans, auch eine Legende klatscht Applaus. Doch die Dopingfragen fahren stets mit.
Jonas Vingegaard hielt die erste Gratulantin liebevoll im Arm. Gerade hatte der Däne seinen zweiten Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt bei der schweren Vogesen-Etappe am Samstag perfekt gemacht, da kümmerte sich der Mann im Gelben Trikot inmitten des Tour-Trubels liebevoll um sein Töchterchen Frida.
Das Familienglück mit Partnerin Trine Hansen lebt der zurückhaltende Vingegaard nur selten in der Öffentlichkeit aus. Die Unterstützung seiner Liebsten gibt ihm Kraft. Verbotene Substanzen, das versicherte Vingegaard, tun das nicht. "Ich nehme nichts, was ich nicht auch meiner zweijährigen Tochter geben würde", sagte Vingegaard.
Seit seinem Fabel-Zeitfahren auf der 16. Etappe, das für eine Vorentscheidung im lange packenden Duell mit Tadej Pogacar gesorgt hatte, häuften sich Dopingfragen. Greifbare Indizien oder Beweise liegen gegen Vingegaard nicht vor. In einem Sport, der zu viele Skandale erleben musste, fährt die Skepsis jedoch immer mit. Er verstehe das, sagte Vingegaard, "ich denke sogar, dass wir skeptisch sein müssen wegen dessen, was in der Vergangenheit passiert ist. Anderenfalls würde es wieder passieren." Deswegen, so der 26-Jährige, könne er alle Bedenken verstehen. Aber: "Alles, was ich sagen kann, ist, dass ich nichts nehme." Sorgen, dass er einmal in Verruf gerate wie einst seine Landsleute Bjarne Riis oder Michael Rasmussen, müsse niemand haben.
Pogacar hat "großen Respekt"
Seine Dominanz bei der 110. Tour war am Ende allerdings erdrückend. 7:29 Minuten vor dem zweitplatzierten Pogacar beendete der Kapitän des Teams Jumbo-Visma die Tour. Größer war der Vorsprung zuletzt vor neun Jahren beim Sieg des Italieners Vincenzo Nibali (7:37 Minuten).
"Ich habe mich weiterentwickelt und hatte im Gegensatz zum Vorjahr im Frühjahr keine gesundheitlichen Probleme", sagte Vingegaard, der für den großen Eddy Merckx der derzeit beste Fahrer in den Bergen ist. Diese Entwicklung war kaum vorhersehbar. Vingegaard kommt aus einem Fischerdorf mit nur 370 Einwohnern. Als Kind spielte er Handball und Fußball und war ein begeisterter Liverpool-Fan. Zum Radsport kam er erst, nachdem er die Dänemark-Rundfahrt in der Nähe seines Eltern-Hauses gesehen hatte.
Nun ist er in seiner Heimat selbst ein Vorbild für den Nachwuchs - und ein kaum zu kontrollierender Gegner für die Rivalen. "Ich habe großen Respekt vor ihm", sagte Pogacar: "Wenn es zur Tour geht, ist er derzeit der Beste. Er war dieses Jahr wirklich phänomenal."
Vingegaard verlor nie die Kontrolle
Bis in die Schlusswoche hatte das Duell zwischen Vingegaard und Pogacar die Tour bestimmt. Sie kämpften um jeden Meter, bis auf neun Sekunden war Pogacar zwischenzeitlich auf ihn herangerückt. Vingegaard verlor jedoch nie ganz die Kontrolle. Kühl, strategisch und mit defensiver Fahrweise verteidigte er im direkten Zweikampf das Gelbe Trikot - und führte in der Schlusswoche die Entscheidung herbei.
Seinem Töchterchen Frida kann Jonas Vingegaard davon in ein paar Jahren erzählen.
Quelle: ntv.de, dbe/sid