Hinterzimmerdeal im Dopingfall? Walijewas Konkurrent schimpft über "absurde Anhörung"
26.09.2023, 15:28 Uhr
Im Falle einer Verurteilung drohen Kamila Walijewa vier Jahre Sperre.
(Foto: Peter Kneffel/dpa)
Der Dopingfall um das russische Eiskunstlauf-Wunderkind Kamila Walijewa wird vor dem Internationalen Strafgerichtshof verhandelt. Allerdings findet die Anhörung nicht öffentlich statt. Die Kritik an dem Verfahren ist groß, Athletenvertreter befürchten Absprachen.
Fast 600 Tage sind vergangen seit dem Moment, der für Vincent Zhou ein Höhepunkt seiner Karriere werden sollte. Silber in Peking mit dem US-Team im Eiskunstlauf: ein großer olympischer Erfolg, der jedoch bis heute vom Dopingfall um die Russin Kamila Walijewa überschattet wird. Eine Siegerehrung fand nie statt. Auf ihre Medaillen warten Zhou und Co. noch immer.
Seit diesem Dienstag wird der zermürbende Fall Walijewa, der alles überstrahlende Skandal der Winterspiele 2022, vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne verhandelt. Doch Zhous letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit ist fast verpufft. "Die Vorstellung, dass eine solche Anhörung den Interessen der sauberen Athleten dient, ist absurd", kritisierte er in einem offenen Brief.
Die mittlerweile 17-jährige Walijewa, die den Wettbewerb mit dem russischen Team gewonnen hatte, soll per Video zugeschaltet werden, ihr drohen bis zu vier Jahre Sperre. Die Anhörung ist zunächst für drei Tage angesetzt, der Freitag könnte noch hinzukommen. Ursprünglich wollten Zhou und seine Teamkameraden dem Verfahren beiwohnen, nun findet alles hinter verschlossenen Türen statt. Die Kritik ist groß.
Zhou wünscht sich "transparente Anhörung"
"Eine offene und transparente Anhörung würde den Athleten helfen, jede Entscheidung zu verstehen", sagte Zhou. Mit Zuhörern wäre zudem gesichert gewesen, dass es "keine Hinterzimmerdeals geben kann", betonte auch der Generaldirektor der Athletenvereinigung Global Athlete, Rob Koehler, im Interview mit der Sportschau.
Während der Peking-Spiele im Februar 2022 war eine Urinprobe Walijewas, durchgeführt bei den russischen Meisterschaften im Dezember 2021, positiv auf das verbotene Mittel Trimetazidin getestet worden. Da das Ergebnis erst nach der Entscheidung im Teamwettbewerb abschließend ausgewertet war, wurden die Medaillen bis heute nicht vergeben - zum Unverständnis des US-Teams. "Wie die leeren Medaillenkästen meines Teams zeigen, lässt das weltweite Anti-Doping-System die Athleten im Stich", sagte Zhou. Er warf dem CAS sowie dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) fehlende Härte im Umgang mit Russland vor.
Die Russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) hatte darauf verzichtet, eine Sperre gegen Walijewa zu verhängen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und die Internationale Eislauf-Union (ISU) forderten daraufhin eine Aberkennung aller Ergebnisse Walijewas ab dem 25. Dezember 2021, dem Tag der Entnahme des Dopingtests, und zogen vor den CAS.
"Symbol für das grobe Versagen"
Laut Walijewas Verteidigern hatte die junge Eiskunstläuferin aus einem Glas getrunken, aus dem ihr herzkranker Großvater zuvor angeblich sein Medikament eingenommen hatte. Der Gerichtshof machte bereits bei der Ankündigung des Termins im Juni deutlich, dass der Zeitpunkt der Entscheidung "zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt" werden könne.
Für Zhou bleibt der Fall und die verwehrte Siegerehrung unabhängig vom Ausgang "ein Symbol für das grobe Versagen" der Institutionen um das IOC. Zum einen seien Medaillen bei der Sponsorensuche wichtig, zum anderen seien er und seine Teammitglieder "für immer" gehindert worden, "den Moment zu erleben, von dem jeder Sportler träumt".
Quelle: ntv.de, tno/sid