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Streit um Proteste in der BBL Wer Rassismus toleriert, muss zurücktreten

Das ist nicht die Aufmerksamkeit, die sich die Basketball-Bundesliga gewünscht hat.

Das ist nicht die Aufmerksamkeit, die sich die Basketball-Bundesliga gewünscht hat.

(Foto: imago images/Hartmut Bösener)

Profis, Funktionäre und Klubs der Basketball-Bundesliga schließen sich zusammen - gegen den eigenen Geschäftsführer Dr. Stefan Holz. Der möchte Anti-Rassismus-Proteste auf dem Spielfeld verbieten. Wenn er das ernst meint, sollte er seinen Posten abgeben. (Holz äußerte sich kurz nach Erscheinen dieses Kommentars, bitte die Ergänzung am Ende des Textes beachten)

Die Basketball-Bundesliga hat sich das Scheinwerferlicht gewünscht, jetzt steht sie im Blickpunkt der (Sport-)Öffentlichkeit. Allerdings aus den völlig falschen Gründen. Nicht, weil sie in der Corona-Krise als erste große europäische Eliteklasse wieder das Parkett betritt. Sondern, weil ihr Geschäftsführer Dr. Stefan Holz Proteste gegen Rassismus verbietet. Am Samstag beginnt das Quarantäne-Turnier der BBL in München, die Spieler beziehen in diesen Tagen das Hotel in der bayrischen Landeshauptstadt.

Und Holz wurde gefragt, was er als Liga-Chef davon hielte, wenn die Basketball-Profis es den Fußballern nachtun und auf dem Spielfeld gegen Rassismus protestieren, also etwa mit einer "Justice for George"-Armbinde auflaufen wie Schalkes Weston McKennie. Holz' Antwort: "Grundsätzlich ist es so, dass politische Äußerungen im Ligabetrieb verbal oder non-verbal nicht gestattet sind." Ein Satz wie eine Bankrotterklärung. Und Holz hat gleich noch einen: "Wir treiben Sport und es gibt keine politischen Äußerungen in jedwede Richtung."

BBL-Geschäftsführer Dr. Stefan Holz steht ligaweit in der Kritik.

BBL-Geschäftsführer Dr. Stefan Holz steht ligaweit in der Kritik.

(Foto: imago images/Wolter)

Nun steht die BBL da als die Liga, die gestern noch ein schwarzes Bild auf Instagram mit dem Hashtag #BlackOutTuesday versah und so ihre vermeintliche Solidarität mit Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt ausdrückte und heute ihren Spielern verbietet, dasselbe zu tun auf der Bühne, die ihnen ihr Sport bietet: dem Spielfeld. Es ließe sich argumentieren, dass Holz in letzter Konsequenz sogar Rassismus akzeptiert, denn wer zu Rassismus schweigt, nimmt ihn hin, toleriert ihn stillschweigend. Rassismus ist keine politische Meinung, Anti-Rassismus ist nicht politisch, es geht um Grundrechte, um Menschenrechte. Entsprechend deutlich fällt das Echo aus der Liga selbst aus. Marko Pesic, Geschäftsführer von Meisterschaftsfavorit FC Bayern München, widerspricht Holz deutlich: "Sich gegen Rassismus zu stellen, ist keine politische Äußerung, sondern eine Lebenseinstellung."

Per Günther, von den Fans fünfmal zum beliebtesten Spieler gewählt und als Spielmacher von Ratiopharm Ulm in München dabei, verkündete umgehend: "Liebe Mit-BBL-Profis. Wenn ihr beim Turnier gegen Rassismus protestieren wollt, macht das bitte", verbunden mit dem Versprechen, notfalls bis zu 10.000 Euro an Geldstrafen für seine Berufskollegen zu übernehmen. Der in USA geborene Bamberg-Profi Bryce Taylor, seit 2009 in der BBL aktiv, und seit 2018 auch deutscher Staatsbürger, twitterte in Richtung der Liga: "Fast die Hälfte der Liga ist schwarz, Rassismus berührt uns jeden Tag. Bitte strengt euch mehr an."

Kein Platz für "Shut up and dribble"

Der Basketball steht für Offenheit, für Respekt, für Inklusion, für Toleranz, für Akzeptanz. Diese Werte stellt Holz infrage, wenn er Anti-Rassismus-Protest als "politische Äußerung" abtut. Rasta Vechtas Klubchef Stefan Niemeyer erklärte: "Ein klares 'Nein' zu Rassismus ist kein politisches Statement, sondern eine Nachricht von Mensch zu Mensch." Wenn die Spieler noch keine Aktion geplant haben sollten, werden sie spätestens jetzt darüber nachdenken. Dass die zehn teilnehmenden Klubs allesamt im selben Hotel untergebracht sind, macht die Abstimmung nur einfacher.

Selbst der Deutsche Fußball-Bund, der wahrlich nicht als progressiv gilt in gesellschaftlichen Fragen, unterstützt die Proteste seiner Profis. Der Verband, der vor gar nicht allzu langer Zeit beim Training im Stadion des FC St. Pauli den Schriftzug "Kein Fußball den Faschisten" so abdecken ließ, dass dort nur noch "Kein Fußball" zu lesen war, teilt mit, dass "die Aktionen der Spieler unseren Respekt und unser Verständnis" besitzen. DFB-Präsident Fritz Keller wünscht sich sogar ausdrücklich mündige Profis.

Als Motivation dafür, das Turnier trotz der strengen Hygiene-Vorgaben und unter Quarantäne auszutragen, hatte BBL-Geschäftsführer Holz angeführt, seine Liga könne sich so im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit präsentieren, mehr Aufmerksamkeit bekommen, neue Fans gewinnen, die Popularität steigern. Stattdessen fordert die Chefetage der Basketball-Bundesliga nun das, was zuletzt rechte TV-Sender in den USA von mündigen NBA-Profis gefordert hatten: "Shut up and dribble", also Mund halten und Basketball spielen.

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Doch im Kampf gegen Rassismus ist das keine Option. Dass sich Profis, Funktionäre und Klubs umgehend gegen die Äußerungen ihres Geschäftsführers solidarisiert, ist die richtige Reaktion. Und wenn BBL-Chef Holz wirklich das aussagen wollte, was viele verstanden haben, bleibt ihm nur der Rücktritt.

Update: Dem Sport-Informations-Dienst sagte Holz, nachdem sich die Debatte um seine Äußerungen entfacht hatte, dass Solidaritätsbekundungen und Aktionen gegen Rassismus nicht sanktioniert werden sollen: "Es passiert seitens der Liga gar nichts. Das werden wir natürlich respektieren als Meinungsäußerung, die wir schätzen. Auch wir als Liga haben ein klares Statement und werden auf Social Media ein klares Zeichen setzen." Demnach fallen derartige Aktionen nicht unter die von Holz unerwünschten politischen Äußerungen.

Quelle: ntv.de

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