Handcreme statt EM-Party Kletter-Star Meul hat Angst vor zu viel Wasser
15.08.2022, 10:44 Uhr
Hannah Meul will aufs Baden verzichten.
(Foto: IMAGO/Chai v.d. Laage)
Nach EM-Silber im Bouldern geht Hannah Meul als Mitfavoritin in ihren abschließenden Kletter-Wettkampf am Mittwoch. Das Wetter könnte der Rheinländerin Probleme bereiten. Baden will sie lieber nicht.
Kletterin Hannah Meul verzichtete trotz des vielversprechenden Starts mit einer Wasserschlacht auf eine große EM-Party. Die Zeit vor ihrem abschließenden Wettkampf am Mittwoch will die Rheinländerin lieber zur Regeneration ihrer geschundenen Hände nutzen. "Haut wachsen lassen", lautet die Devise der 21 Jahre alten Frechenerin, die den vollgepackten Hexenkessel am Münchner Königsplatz am Sonntagabend zum Toben gebracht hatte. Der Silber-Coup im Bouldern soll erst der Start einer grandiosen EM gewesen sein.
Erschöpft schleppte sich Meul nach dem größten Erfolg ihrer Karriere durch die Interview-Zone. Das Mammut-Programm aus vier Wettkampftagen am Stück hat seine Spuren hinterlassen und die Hände überstrapaziert. "Ich habe viel Haut verloren. Es gibt verschiedene Kletter-Cremes, die ich jetzt auftrage", erklärte Meul und zeigte ihre blutigen, mit Magnesium bedeckten Finger.
Durch die Hitze in München verlieren die Sportler mehr Haut als gewöhnlich. Die Gefahr, an den schmalen Griffen abzurutschen, steigt. "Ich darf sie nicht zu sehr einweichen lassen, also Badengehen wird eher nichts. Und Klettergriffe anfassen auch nicht", sagte Meul lachend über ihre Handpflege in den kommenden Tagen.
Publikum treibt Meul an
Am Mittwoch betritt Deutschlands beste Kletterin im Combined-Event, einem Mix aus Lead und Bouldern, ein letztes Mal die imposante Kulisse am Münchner Königsplatz. Ihren letzten Auftritt vor 5000 Fans will die Frohnatur einfach genießen. "Es war mein geheimer Wunsch, bei der EM in alle Finals zu klettern und ich bin froh, dass ich das erreicht habe. Ich habe mich nicht einmal getraut, das für mich selbst auszusprechen. Aber jetzt kann ich es sagen. Und ich gebe nochmal alles", versprach Meul.
Das Publikum wird seinen Liebling wieder lautstark antreiben. Wie am Sonntag, als die Volksfeststimmung im Stadtzentrum auch die letzten Kraftreserven in Meul freisetzte. Mal zog sich die Studentin der sozialen Arbeit an den Fingerkuppen die Steilwand hoch, mal pendelte sie kopfüber hängend von Griff zu Griff. "Ich bin so dankbar für diese Riesenparty. Es hat mir Flügel gegeben", sagte die EM-Zweite.
Die Athletin von der DAV-Sektion Rheinland-Köln liebt ihren Sport wie kaum eine andere. Sobald die neue Vize-Europameisterin über Klettern spricht, strahlt sie. Im Alter von sieben hing die Deutsche erstmals an einer Steilwand, vier Jahre später stand der Berufswunsch fest. "Mit elf habe ich in einem Englisch-Aufsatz geschrieben, dass ich professionelle Kletterin werden möchte", berichtete die 21-Jährige. Zehn Jahre danach ist Meul mehr als das. Sie gehört zu den Besten.
So richtig begriffen habe sie den Silber-Coup noch nicht, gestand sie gedankenversunken. Aber wer weiß, vielleicht entwickelt sich die Strahlefrau noch zum Feierbiest. Bundestrainer Ingo Filzwieser, der schon am Sonntag eine Party forderte, würde es freuen. Doch erstmal heißt es für Meul: "Früh schlafen, lange schlafen und gut essen".
Quelle: ntv.de, Jordan Raza, dpa