Eigensinniger Trainer sucht Erfolg Paulo Duarte – der "Mourinho von Afrika"
02.02.2017, 19:37 Uhr
Der Portugiese Paulo Duarte ist zum zweiten Mal Nationaltrainer in Burkina Faso.
(Foto: imago/PanoramiC)
Unnachgiebig, dickköpfig, erfolgshungrig: Paulo Duarte hat es so bis zum Nationaltrainer gebracht, wenn auch "nur" von Burkina Faso. Der Afrika-Cup-Halbfinalist hat dem streitbaren Portugiesen viel zu verdanken. Nicht zuletzt einige Aufmerksamkeit.
Ausgeschieden im Elfmeterschießen gegen Ägypten – im Halbfinale des Afrika-Cups. Burkina Faso ist raus. Am Samstag geht es um Bronze. Platz zwei aus dem Jahr 2013 bleibt der größte Erfolg des westafrikanischen Landes. Schwer zu akzeptieren für Trainer Paulo Duarte, der den Schiedsrichtern die Schuld gibt: "Normalerweise kritisiere ich die Schiedsrichter nicht. Aber es war schlimm. Der Gegner ist nie für seine Fouls bestraft worden, zudem wurde uns ein klarer Elfmeter nicht gegeben. Wir waren die klar bessere Mannschaft, sind aber leider nicht belohnt worden."
Hart austeilen kann der 47-Jährige. Ein Grund, warum der "Mourinho von Afrika" zu seinem Spitznamen gekommen sein könnte. Aber nicht der einzige. Neben dem Temperament wird ihm nachgesagt, ähnlich penibel auf Technik und Können zu achten. Wie sein Landsmann, der Star-Trainer José Mourinho. Nicht zuletzt ist er auf dem afrikanischen Kontinent ähnlich erfolgreich wie sein Landsmann in Europa. Und: Man kennt und schätzt sich. Gerade noch hätte Mourinho ihn angerufen, sagt Duarte bei der Pressekonferenz zum Halbfinale des Afrika-Cups. "Er gratulierte mir und sagte, er sei nicht überrascht."
Eine Reise ins Ungewisse
Der 54-jährige Mourinho sei ein Mentor, eine Vater-Figur für Duarte, obwohl er nur gute sechs Jahre älter ist. Sie telefonierten zwar nicht häufig, aber immer sei der Star-Trainer bereit, Tipps zu geben. "Mourinho ist sehr wichtig für meine Karriere. Vor 15 Jahren hat er die Mentalität des portugiesischen Fußballs verändert. Das Training und die Einstellung der Spieler änderten sich." Die beiden Portugiesen kennen sich noch aus gemeinsamen Zeiten in der Heimat. Als Mourinho seine ersten Schritte als Trainer bei Uniao Leiria machte, war Duarte dort noch Spieler.
Fraglich aber, ob Mourinho ebenso gut mit Chaos umzugehen wüsste wie sein Kollege. Kaum möglich, dass Duarte ohne ein Händchen für Schwieriges derzeit zum zweiten Mal Trainer des westafrikanischen Staates wäre. Paulo Duarte reiste 2008 völlig ahnungslos nach Burkina Faso, ohne zu wissen, welche Spieler ihm zur Verfügung stehen, erinnert sich der "Tagesspiegel". Die Bedingungen in einem der ärmsten Länder der Welt schockierten ihn. Spieler-Profile gab es nicht, kaum etwas war vorbereitet. Schließlich kehrte er zurück nach Europa, machte sich auf die Suche nach möglichen Spielern für Burkina Faso und stellte eine völlig neue Mannschaft zusammen. Während Fußball-Beobachter das Land 2007/2008 erst nach einigem Blättern in der Weltrangliste fanden (im schlechtesten Fall auf Platz 113), führte Duarte Burkina Faso in den Jahren 2010/2011 zwischenzeitlich auf Platz 37, höher als Nigeria und Südafrika zu diesem Zeitpunkt.
Trotz Rauswurf auf der Trainerbank
Wie sein Mentor José Mourinho nutzt auch Duarte alle Tricks. Selbst die nicht ganz fairen. Im März 2011 ließ er Herve Xavier Zenge im Qualifikations-Spiel für den Afrika-Cup gegen Namibia auflaufen – und löste damit ein Gerichtsverfahren aus. Zenge, gebürtiger Kameruner, hatte eine Frau aus Burkina Faso geheiratet: Für Duarte Grund genug, ihn als spielberechtigt zu erachten. Namibia legte nach Niederlagen in beiden Spielen beim Afrikanischen Verband Einspruch ein, scheiterte aber. Da für das südafrikanische Land allerdings die Teilnahme am Afrika-Cup auf dem Spiel stand, forderte der Landesverband eine Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs (Cas). Erst im Januar 2012 – kurz vor Beginn des Turniers - entschied der Cas: Alles bleibt, wie es ist. Burkina Faso spielt, Namibia nicht.
Gelohnt hat es sich für Burkina Faso nicht. Für Paulo Duarte erst recht nicht. In der Gruppenphase schied die Mannschaft als Gruppenletzter aus, der "Mourinho von Afrika" wurde entlassen. Doch da kam die Sturheit des Portugiesen durch: Beim nächsten Testspiel saß er trotzdem auf der Bank. Da über seine Entlassung die Verbandsspitze entscheiden müsse, die aber bald neu gewählt würde, akzeptiere er den Rauswurf nicht. Ein paar Wochen später wurde ihm von den neuen Verantwortlichen endgültig gekündigt.
Duarte steht vor seinem größten Erfolg
Nach Stationen in Frankreich, Tunesien und bei der Nationalmannschaft Gabuns ist Duarte seit Ende 2015 wieder Trainer von Burkina Faso. Und macht dort so weiter, wie er aufgehört hatte: penibel, hart und unnachgiebig. Auf die zuletzt errungenen Erfolge gibt der 47-Jährige nichts. "Ich glaube nicht an die Vergangenheit. Ich glaube an die Stärke meiner Mannschaft, alles möglich zu machen, um das Spiel zu gewinnen", hatte Duarte vor dem Halbfinale gesagt. Er achte stets darauf, ein Team zusammenzustellen, das Siegeswillen, starke Mentalität und positives Denken verinnerlicht hat. Regelmäßige Überstunden beim Training sind selbstverständlich. "Die Jungs werden mir noch dankbar sein", zitiert ihn der "Tagesspiegel" dazu.
Unter den Jungs sind einige Spieler, die auch in Europa ein Begriff sind. Aristide Bancé, der im Halbfinale das zwischenzeitliche 1:1 schoss, spielte unter anderem in Mainz, Augsburg und Düsseldorf. Bertrand Traoré steht bei Ajax Amsterdam unter Vertrag, Bakary Koné ist Verteidiger beim FC Nantes, wo er mit Landsmann Prejuce Nakoulma zusammenspielt, Kapitän Charles Kaboré verdient sein Geld beim FK Krasnodar. Diese Jungs könnten am Samstag dafür sorgen, dass Paulo Duarte die erste Medaille seiner Karriere gewinnt. Dann hätte sich sogar die allererste verrückte Reise nach Westafrika doch gelohnt.
Quelle: ntv.de