Zweite und letzte Chance? Showdown für das Formel-1-Qualifying
01.04.2016, 12:27 Uhr
Rote Ampel für das neue Qualifying? Nicht wenige in der Formel 1 würden sich das wünschen.
(Foto: dpa)
Beim Großen Preis von Bahrain schlägt für das neue und äußerst umstrittene Eliminations-Qualifying nun endgültig die Stunde der Wahrheit. Nicht wenige in der Formel 1 sehnen ein erneutes Desaster förmlich herbei.
Zweite Chance - oder keine Chance? Das umstrittene Eliminations-Qualifying steht nach der blamablen Premiere in Australien beim Großen Preis von Bahrain vermeintlich final auf dem Prüfstand. Bleibt die erhoffte Spannung in den Schlussminuten erneut aus, scheint das Ende des Modus besiegelt - und nicht wenige in der Formel 1 würden die "Reise nach Jerusalem" am liebsten sofort canceln.
Der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel schilderte sein Unverständnis über die erneute Auflage des Ausscheidungsfahrens am Samstag (17 Uhr bei RTL und im n-tv.de-Liveticker) besonders eindringlich: "Nehmen wir an, du verkaufst Vanilleeis. Aber alle, die in deinen Laden kommen, wollen Schokoladeneis. Dann machst du am nächsten Tag den Laden auf. Und was bietest du an? Wieder Vanilleeis!"
"Jemand hat einen schlechten Job gemacht"
Für den Ferrari-Star steht fest, dass "jemand einen schlechten Job" gemacht hat. Aufgrund der Erfahrungen von Melbourne hätte nach Ansicht des Heppenheimers wieder "eine Quali wie 2015" eingeführt werden müssen. Also drei Abschnitte, am Ende des ersten und zweiten scheiden je sechs Fahrer aus, in Q3 ermitteln die verbliebenen zehn die besten Startplätze.

"Nehmen wir an, du verkaufst Vanilleeis. Aber alle, die in deinen Laden kommen, wollen Schokoladeneis. Dann machst du am nächsten Tag den Laden auf. Und was bietest du an? Wieder Vanilleeis!", erklärt Sebastian Vettel zum neuen Modus.
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Prominente Unterstützung erhielt Vettel von Weltmeister Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot bemerkte, es sei "sehr seltsam", dass in Bahrain erneut das Ausscheidungsfahren im 90-Sekunden-Rhythmus zum Einsatz komme. Hamilton glaubt bereits zu wissen, dass die zweite Auflage ein erneuter Griff ins Klo wird: "Meine Ingenieure sagen, dass das Gleiche wie in Australien passieren wird." Beim Saisonauftakt schwiegen in den letzten vier Minuten aus rennstrategischen Gründen sämtliche Motoren. Statt nervenzerreißender Spannung erlebten die Fans gähnende Langeweile. Hamilton hegt angesichts seiner düsteren Prognose, die fast das gesamte Fahrerfeld teilt, nur die Hoffnung, dass "danach etwas passiert".
Untragbarer Kompromiss
So wie zunächst in Melbourne, als sämtliche Teams am Rennsonntag Einigkeit über eine Rückkehr zum alten Modus erzielten - nur um vier Tage später bei einer Abstimmung keine Mehrheit zustande zu bringen. Der Automobil-Weltverband Fia hatte als Alternative allerdings keineswegs das alte System zur Wahl gestellt, sondern nur eine Mischform. Für einige Teams ein untragbarer Kompromiss. Für Fia-Rennleiter Charlie Whiting ist eine Rückkehr zum 2015er Format auch nach Bahrain undenkbar. Nach dem Beschluss des neuen Modus durch alle Instanzen sei "alles, was wir jetzt noch auf dem kleinen Dienstweg entscheiden können, eine Modifikation dieses Systems", so der Brite.
Doch was, wenn die Fahrer und Teams es darauf ankommen lassen und auf dem Wüstenkurs am Ende des Qualifyings gezielt den Betrieb einstellen, um dem taumelnden Modus den Rest zu geben? Die Fahrer haben ihrem Ärger über das Hin und Her jedenfalls bereits in der Vorwoche mit einem offenen Brief Luft gemacht. Am Donnerstag unterstrichen zahlreiche Piloten, damit aber keineswegs einen Machtgewinn angestrebt zu haben.
Zu viele Köche...
"Wir sind uns einig, dass wir nicht für das Reglement zuständig sein sollten", sagte Vettel. WM-Spitzenreiter Nico Rosberg erklärte, die Fahrer seien lediglich bestrebt dabei zu helfen, "die Entscheidungsprozesse zu verbessern". In diese ist mittlerweile eine ganze Legion von Vertretern involviert, oft mit divergierenden Interessen und unterschiedlichem Stimmengewicht. Zuletzt kamen die Fia, Vermarkter FOM, die Teams, Sponsoren und Streckenbetreiber nur allzu selten überein oder spielten einander gegenseitig aus.
Dabei ist die Lösung eigentlich ganz einfach. "Die Fans", so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, "wünschen sich enges Racing, einen Modus, den sie verstehen, und Duelle zwischen den besten Fahrern und Autos - und zwar in dieser Reihenfolge." Die Formel 1 ist nur auf der Suche nach dem richtigen Weg. Nach Jerusalem scheint er nicht zu führen.
Quelle: ntv.de, Marco Heibel, sid