Formel1

Schuld an Kollision mit Hamilton Verstappen kommt mit 10-Sekunden-Strafe davon

Harter Zweikampf.

Harter Zweikampf.

(Foto: imago images/Motorsport Images)

Erstmals seit 1974 sind zwei Formel-1-Piloten vor dem Saisonfinale punktgleich. Zwar wird Verstappen für sein unfaires Manöver beim Großen Preis in Saudi-Arabien nachträglich bestraft, den zweiten Platz aber darf er behalten. Damit geht er mit leichtem Vorteil gegenüber Hamilton ins letzte WM-Rennen.

Beim Aussteigen aus ihren beschädigten Boliden schienen sich Lewis Hamilton und Max Verstappen kaum eines Blickes zu würdigen. Trotz eines sichtbar demolierten Frontflügels hatte der britische Mercedes-Pilot den Großen Preis von Saudi-Arabien gewonnen, doch der 103. Sieg seiner grandiosen Karriere wirkte angesichts der offenen Eskalation des intensiven Kampfes um die Formel-1-Weltmeisterschaft fast nebensächlich. Erstmals seit 1974 sind zwei Piloten vor dem letzten Saisonrennen punktgleich, Hamilton und Verstappen stehen jeweils bei 369,5 Zählern. Der Niederländer in Red-Bull-Diensten wird offiziell als Erster geführt, weil er in ein Rennen mehr gewonnen hat als Hamilton.

Dass dieser Zwischenstand auch die Ausgangslage für die Entscheidung in Abu Dhabi am kommenden Wochenende ist, liegt daran, dass die Regelhüter keine folgenschweren Konsequenzen aus den Ereignissen in Runde 37 zogen. Zwar belegten sie Verstappen nachträglich mit einer 10-Sekunden-Zeitstrafe, sein Vorsprung auf den drittplatzierten Valtteri Bottas im zweiten Mercedes betrug jedoch knapp 16 Sekunden, der Niederländer behält seinen zweiten Platz. Verstappen habe "plötzlich und heftig gebremst", heißt es in der Entscheidung der Stewards, und trage damit die Hauptschuld an der Kollision.

Doch wie kam es überhaupt zu diesem Zusammenstoß? Verstappen sollte Hamilton vorbeilassen, weil er seine Position zuvor zu aggressiv verteidigt hatte. Der Versuch aber scheiterte, laut offiziellem Urteil vor allem aufgrund von Verstappens Fehlverhalten. Hamilton verlor dadurch Teile seines Frontflügels und musste mit anschauen, wie sein Rivale davonzog. Immerhin versicherte ihm die Mercedes-Box umgehend, dass der Flügel nicht getauscht werden musste - Hamilton holte sogar Runde für Runde auf und fuhr nicht nur an Verstappen vorbei zum Sieg, sondern holte sich auch nach dem Unfall noch die schnellste Runde und den damit verbundenen Extrapunkt. Kommt er in Abu Dhabi vor Verstappen und in den Punkterängen ins Ziel, ist er zum achten Mal Weltmeister.

"Er ist auf jeden Fall über dem Limit"

Allerdings deutete Hamilton schon vor der Zeitstrafe für Verstappen an, dass er ein erneutes Manöver wie in Runde 37 für möglich hält: "Für ihn macht es keinen Unterschied, wenn wir beide nicht ins Ziel kommen." Verstappens neun Saisonsiege zu Hamiltons acht Erfolgen sorgen nämlich dafür, dass der Red-Bull-Pilot bei Punktgleichheit auch nach dem letzten Rennen erstmals Weltmeister wäre. Also auch, wenn keiner von beiden das Ziel erreicht. Der Mercedes-Pilot hatte schon während des Rennens über Funk geschimpft, Verstappen habe bewusst hart gebremst, um einen Auffahrunfall zu provozieren. Hamiltons Fazit ("Er ist auf jeden Fall über dem Limit") deckte sich mit der Einschätzung der Stewards, dass der Niederländer sich regelwidrig verhalten hatte.

Ex-Pilot Ralf Schumacher hatte Verstappens Absicht da längst als "im Grunde genommen sehr clever" eingeschätzt. Der WM-Führende habe Hamilton bewusst an dieser Stelle des Kurses vorbeilassen wollen, um kurz danach mit dem Vorteil des Windschattens wieder vorbeizuziehen zu können. "Er hat nicht gebremst, aber extra noch runtergeschaltet, um das Beschleunigungsmoment zu haben", erklärte der Sky-Experte seine Sicht der Dinge. Allerdings sagte Schumacher auch, dass die Verlangsamung unmittelbar vor der Kollision für Verstappen "sehr ungünstig" aussieht: "Als ob er es absichtlich macht."

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Ähnlich schätzten es dann auch die Stewards in ihrer Entscheidung ein, die rund drei Stunden nach Rennende öffentlich wurde. Verstappen erhält außerdem zwei Strafpunkte, die für die laufende Saison und auch den letzten Grand Prix des Jahres in Abu Dhabi jedoch unerheblich sind. Erst bei zwölf Punkten gibt es eine Sperre. Letztlich hatte Verstappen wohl auch Glück, dass sein Verhalten als "Verursachen einer Kollision" eingestuft wurde und er die dafür standardmäßig verhängte 10-Sekunden-Strafe aufgedrückt bekam. Mitunter war nämlich sogar eine Disqualifikation des Niederländers diskutiert worden. Eine Option, die angesichts des nun gefällten Urteils dann wohl doch nie ernsthaft in Betracht gezogen wurde.

Und so gilt nach dem Wahnsinn von Dschidda für das WM-Finale in sieben Tagen das, was Timo Glock angesichts der aufgeregten und aufgeheizten Atmosphäre im Titelkampf als entscheidendes Kriterium resümierte: "Die Coolheit, die Cleverness, abgebrüht zu sein und in der Hitze des Gefechts die Nerven zusammenhalten. Das wird definitiv die WM entscheiden."

Quelle: ntv.de

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