Favoriten und ein Wunderteam Der EM steht das nächste Spektakel bevor

Schweizer Ekstase: Eines der großen Bilder dieser Europameisterschaft.

Schweizer Ekstase: Eines der großen Bilder dieser Europameisterschaft.

(Foto: picture alliance/dpa/KEYSTONE)

Für Deutschland ist die Europameisterschaft früh vorbei, doch das Turnier geht weiter. Und Menschen, die auf begeisternden Sport stehen, können müssen sich jetzt nicht mehr mit dem DFB-Team auseinandersetzen. Heute stehen zwei spektakuläre Viertelfinals auf dem Plan.

Schweiz - Spanien

Wo findet das Spiel statt?

Die Schweiz setzt ihre wilde Flugmeilensammlerei fort: Von Baku ging es nach Rom und wieder zurück nach Baku. Das Achtelfinale spielte man in Bukarest - nun geht es in St. Petersburg weiter.

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Blickt man auf die Vorleistungen, darf sich das neutrale Fußball-Europa auf das spektakulärste Spiel dieser Europameisterschaft freuen: Spanien, dieser so schwer in Tritt gekommene ewige Mitfavorit, der im Achtelfinale nach deutlicher, aber auf der Zielgeraden verspielten Führung Kroatien in einem Torfestival in der Verlängerung noch niederspektakelte. Und die Schweiz, dieser neue Liebling der europäischen Fans, der trotz einer eigentlich verheerenden Dramaturgie mit verschossenem Elfmeter und Blitz-Gegentore-Flut mittels Lehrstunde in Sachen "Niemals aufgeben" Weltmeister Frankreich im Elfmeterschießen aus dem Turnier warf. Zehn Tore nagelten die Spanier in ihren letzten zwei Spielen in die Statistikbücher dieses Turniers, ähnlich beeindruckende sechs schaffte die Schweiz.

Jetzt sind sie also doch wieder Favoriten: Nach zwei Unentschieden zum Auftakt der EM hatte es eine Menge Diskussionen um den Leistungsstand der "Furia Roja" gegeben, nicht selten hatten die Überlegungen etwas Hysterisches. Jetzt sind zahlreiche Nationen schon wieder daheim, die Spanier unterdessen auf Betriebstemperatur. Das könnte auch an den Negativschlagzeilen und dem großen Ärger um Stürmer Alvaro Morata gelegen haben: Der lange glücklose Angreifer von Juventus Turin wurde in der Heimat angefeindet, auf unterirdische Art und Weise bedroht - und stürzte das Land dann schließlich durch sein 4:3 in der Verlängerung gegen Kroatien in einen Freudentaumel. "Ja", sagte Offensivkollege Ferran Torres, der im Achtelfinale ebenfalls traf, "das hat uns noch mehr verbunden."

Das Achtelfinale der Spanier war kurios: Die deutlich überlegenen Spanier sahen gegen Kroatien schon wie der sichere Sieger aus, nach dem 3:1 hatten die Iberer noch Chancen, das Ergebnis noch zu erhöhen. Doch vor lauter Spielfreude verlor die Mannschaft von Trainer Luis Enrique die Spielkontrolle, die sie erst in der Verlängerung wiederfand. Diesen Fehler wird man diesmal vermeiden wollen. Enrique jedenfalls ist überzeugt von seiner Mannschaft und macht daraus keinen Hehl: Nein, eine bessere Mannschaft als seine habe er bei diesem Turnier nicht gesehen, sagte er "Marca". "Die Zahlen vom GPS-System während des Trainings sind beeindruckend. Wenn wir mental gut sind, sind wir auch körperlich gut. Wir sind beeindruckend!"

Vom "Tiefpunkt" zu den Sternen

Die Schweiz schwebt auf einer Welle der Euphorie, und das überrascht nicht. Jedenfalls nicht nach dem Elfmeter-Drama gegen Frankreich, in dem sich Torwart Yann Sommer zum Volkshelden aufschwang. Anderseits hat die gute Laune um die "Nati" aber doch etwas Überraschendes, denn vor dem Turnier hatte es eine Menge Ärger gegeben: Um die Frisuren von Granit Xhaka und Manuel Akanji, um zu frische Tattoos, teure Autos und um den Trainer Vladimir Petkovic, der daheim trotz solider Arbeit permanent unter Beschuss stand. Nach dem 0:3 zum Turnierauftakt gegen Italien wähnte die heimische Presse die Mannschaft "am Tiefpunkt der Ära Petkovic". Der Wind hat sich gedreht, den wilden, begeisternden Einzug ins Viertelfinale feierten sie in der Schweiz wie den Titelgewinn. "Wir haben es unseren Kritikern gezeigt", sagte Xhaka kämpferisch nach dem Coup. "Wir haben eine Leistung gezeigt, an die man sich noch sehr lange erinnern wird."

Zum großen Problem auf dem Platz könnte aber werden, dass mit Xhaka der Spieler gelbgesperrt fehlen wird, der die Energie in konstruktive Bahnen lenken und mit eigenen genialen Momenten veredeln kann. Der ehemalige Gladbacher ist der wichtigste Spieler der Schweiz. Ersetzt werden dürfte er von einem aktuellen Bundesligaspieler: Erste Wahl wäre wohl Denis Zakaria (Gladbach), in Frage kämen aber auch Edimilson Fernandes (Mainz 05) oder Djibril Sow (Eintracht Frankfurt). Mit Steven Zuber hat die Schweiz den Vorlagenkönig dieser Europameisterschaft im Team: Vier Tore legte der Frankfurter schon auf.

Kurios: Durch den Sieg gegen Frankreich machte sich die Schweiz, die zum ersten Mal seit der Heim-WM 1954 wieder ein K.o.-Spiel bei einem großen Turnier gewann, zum Favoriten. Zumindest wenn man daran glaubt, dass sich im Fußball Geschichte wiederholt: Seit der EM 2004 verlor Frankreich bei fünf Turnieren gegen den späteren Sieger. Ein Blick in die jüngste Geschichte dieses Duell bremst dann allerdings wieder die Euphorie: Im Herbst 2020 traf man sich zweimal, im Oktober gewann Spanien 1:0, im November gab es ein 1:1. Eine kleine Sensation gab es immerhin im Rückspiel: Yann Sommer hielt gleich zwei Elfmeter von Sergio Ramos.

Belgien - Italien

Wo findet das Spiel statt?

Mit diesem Leckerbissen verabschiedet sich das Münchener Stadion, das im Alltag Allianz Arena heißt, aus dem Turnier.

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Drei Siege in der Vorrunde, den Titelverteidiger Portugal im Achtelfinale geschlagen: Die EM-Mission läuft für Belgien bisher gut. Doch vor dem Viertelfinale herrscht statt Vorfreude Sorge im Lager des ewigen Geheimfavoriten: "Wir werden bis zur letzten Minute warten müssen", sagte Roberto Martinez am Tag vor der Partie gegen Italien. Der belgische Trainer zittert um den Einsatz von Eden Hazard und Kevin De Bruyne, für Martinez "der beste Spielmacher im Weltfußball". Beide haben sich gegen Portugal verletzt. Fielen beide aus, wäre das eine gewaltige Schwächung für Belgien. Gegen Italien "brauchen wir Eden in Topform", flehte dessen Bruder Thorgan Hazard, der sein Land "mit dem wichtigsten Tor meiner Karriere" nach München gebracht hatte. "Er bringt Ruhe ins Spiel und kann immer wieder für plötzliche Gefahr sorgen."

De Bruyne dagegen steht vor allem für das dynamische Moment im belgischen Spiel. Der Weltklassemann von Manchester City ist dafür prädestiniert, in die Lücken zu stoßen, die Sturmtank Romelu Lukaku in das italienische Abwehrbollwerk mit Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci reißen soll. "Wir wollen die Spieler fit bekommen, wir sind im Turniermodus", hofft Martinez bis zuletzt. Beide konnten das Abschlusstraining nicht mit ihren Kollegen absolvieren. Der zweite Anzug mit Dries Mertens und Yannick Carrasco sitzt noch nicht, beide konnten mit ihrer Spielzeit noch nicht viel anfangen.

Die Goldene Generation Belgiens, die 2018 Platz 3 bei der WM eroberte, will in diesem Jahr den ganz großen Coup landen. Die Hoffnung darauf, sie hängt auch an den Selbstheilungskräften zweier ihrer größten, mit dem Nationalteam unvollendeten Stars. Thomas Meunier, der Verteidiger, schickte jedenfalls unabhängig von seinen Kollegen eine starke Kampfansage: "Ich erwarte einen Sieg und nichts anderes. Wir sind Wettbewerbstiere!"

Ein heilsamer Dämpfer

Sie waren mal der große Favorit, dann kam das Achtelfinale: Nach einer furiosen Gruppenphase mit drei Siegen und viel Euphorie musste sich Italien gegen leidenschaftliche Österreicher derart mühen, dass trotz des Weiterkommens nach 120 Minuten die ganz große Begeisterung etwas abgekühlt ist. Für Trainer Roberto Mancini ist das kein Problem, im Gegenteil: "Dieses Leiden wird uns noch sehr nützlich sein im weiteren Verlauf des Turniers. Solche Siege tun gut", sagte er. Sie würden helfen, auf dem Boden zu bleiben. Mit Belgien warte nun "die vielleicht beste Mannschaft in Europa", warnte Mancini, "es wird ein schwieriges Spiel, aber wir werden versuchen, es zu gewinnen."

Die Viertelfinals in der Übersicht

Freitag, 18 Uhr: Schweiz gegen Spanien
Freitag, 21 Uhr: Belgien gegen Italien
Samstag, 18 Uhr: Tschechien gegen Dänemark
Samstag, 21 Uhr: Ukraine gegen England

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Gegen Österreich endete kurz vor dem Abpfiff der Verlängerung die Weltrekordserie der "Squadra Azzurra": 1169 Minuten war man ohne Gegentor geblieben, bevor Sasa Kalajdzic noch traf. Nun wartet mit Belgiens Romelu Lukaku eine neue große Herausforderung auf Italiens hochbetagte Innenverteidigung aus Giorgio Chiellini, der gegen Österreich noch passen musste, nun aber wieder fit ist und Leonardo Bonucci. "Gut schlafen" werde er, sagte der 36-jährige Chiellini angesprochen auf die große Aufgabe. "Wir alle werden bereit sein, ohne unser Spiel aufzugeben."

Italien will nun aber vor allem selbst wieder offensive Akzente setzen, der traditionelle italienische defensive Pragmatismus wird ergänzt durch hohes Tempo und Dribbelstärke in der Offensive, vor allem über die Außenbahnen. So war es jedenfalls in der Gruppenphase und in der Verlängerung gegen Österreich. Daran wird man nun anknüpfen müssen, sonst endet die Europameisterschaft früh und enttäuschend. "Wir wissen, dass wir uns keine Fehler erlauben dürfen", sagte Mittelfeldspieler Jorginho, den der große Trainer Fabio Capello jüngst als "einen der weltbesten Mittelfeldspieler" adelte. "Der größte Fehler wäre es, zu denken, wir hätten schon etwas erreicht."

Ciro Immobile, der Stürmerstar der Italiener, versprach schon ein großes Spiel: "Das wird eine schöne Schlacht." Martinez, der noch bis zur letzten Sekunde auf geballte Weltklasse hoffende Trainer der Belgier, erwartet "eine schöne Herausforderung, auf die wir uns freuen." Der Favorit, der wieder einer werden will, gegen den ewigen Geheimfavoriten, der jetzt wirklich was reißen will: Ja, es wird ein besonderes Spiel.

Quelle: ntv.de, ter

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