DFB-Elf bestens gerüstet Großes Spektakel kommt noch
21.06.2012, 10:40 Uhr
Drei Spiele, drei Siege; 9 Punkte: Das Sommermärchen nimmt Fahrt auf.
(Foto: dpa)
Die deutschen Fußballer holen in der Vorrunde dieser Europameisterschaft so viele Punkte, wie es nur möglich ist - als einziges Team bei diesem Turnier. Dennoch fehlt das Rauschhafte, das die Mannschaft bei der WM ausgezeichnet hat. Sicherheit geht vor. Aber kein Grund zur Sorge: Das Beste steht erst noch bevor.
Was war das denn bis jetzt bei dieser Europameisterschaft? Und vor allem: Was wird? Sind die deutschen Fußballer nun, nachdem sie als einzige Mannschaft dieses kontinentalen Turniers alle drei Spiele in der Vorrunde gewonnen haben, der große Favorit auf den Titel? Oder haben diejenigen Recht, die bemängeln, die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw habe wenig Spektakuläres gezeigt und sich in den Partien gegen Portugal und Dänemark letztlich zu ihren Siegen gezittert? Die Antwort ist so schlicht wie klar: Die deutsche Mannschaft ist neben den Spaniern die beste in Polen und der Ukraine. Und ihre Art Fußball zu spielen ist, um sich der Diktion der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bedienen, schlichtweg alternativlos.
Im Grunde ist die Kritik an der sehr auf Sicherheit in der Abwehr bedachten Taktik des Bundestrainers ein Kompliment für seine Arbeit. Und ein Kompliment für ein Team, das die jüngsten 14 Spiele, bei denen es um einen Wettbewerb ging, gewonnen hat: Am Anfang stand der Sieg gegen Uruguay im Spiel um Platz drei bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, es folgten zehn Erfolge in zehn EM-Qualifikationsspielen und nun die neun Punkte aus den Gruppenspielen in Lemberg und Charkow. Oder andersherum: Das bisher letzte Mal verloren die Deutschen im WM-Halbfinale gegen die Spanier am 7. Juli 2010. Beim 4:1 im Achtelfinale gegen England und beim 4:0 im Viertelfinale gegen Argentinien hatte die DFB-Elf Fußball zelebriert und ein Spektakel geboten, nach dem sich die Fans lange gesehnt hatten.
Und es ist ein Kompliment, wenn sie das bei dieser EM auch wieder sehen wollen. Wenn sie nicht nur auf die Ergebnisse schauen, die tadellos sind, sondern auch darauf pochen, dass sie möglichst unterhaltsam zustande kommen. Wenn die Ansprüche gestiegen sind, nicht zuletzt weil auch dem Bundestrainer das schöne Spiel am Herzen liegt und dessen großes Vorbild die Spanier mit ihrem technisch perfektem Ballbesitzfußball sind. Nur: Die Umstände haben sich geändert. In Südafrika konnte die deutsche Mannschaft ihre Gegner noch mit überfallartigen Kontern überraschen. Das funktioniert nun nicht mehr, weil alle, auch die Gegner wissen, zu was die deutschen Spieler in der Lage sind. Weil sich die Mannschaft von Joachim Löw nun ihrerseits gegen Konter wappnen muss.
Noch mehr so spielen wie die Spanier
Das geht nur aus einer sicheren Abwehr heraus. Oder wie der Bundestrainer sagt: "Hinten muss die Mauer stehen." Und im Angriffsspiel ist es so, wie Flügelspieler Thomas Müller im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte: "Tja, das ist halt das Problem, wenn man in einer guten Mannschaft spielt. Da stellen sich die Gegner halt hinten rein, man muss geduldig sein, auf den richtigen Moment warten." Das wird im Viertelfinale gegen die ultradefensiven Griechen am Freitag in Danzig mutmaßlich nicht anders sein.
Joachim Löw betonte nach dem verdienten Erfolg gegen Dänemark in der abschließenden Gruppenpartie, vor drei Jahren hätte seine Mannschaft dieses Spiel vielleicht irgendwie über die Runden gebracht, nicht aber gewonnen. Genau das ist der Fortschritt, deswegen gehen die deutschen Spieler bestens gerüstet in die K.o.-Spiele. Weil sie einen klugen Spielstil entwickelt haben und ihrer eigenen Stärke vertrauen. Weil es das ist, was ein Spitzenteam auszeichnet. Weil sie nun auch bei dieser EM die Erfahrung gemacht haben, dass es sich lohnt, geduldig zu sein. Weil sie neben den Spaniern diejenigen sind, die den Ball am besten beherrschen. Und weil sie wissen, dass sie es noch besser können.
Die Kunst für den Bundestrainer und seine Mannschaft wird es sein, noch mehr die Balance zu finden zwischen einer soliden Abwehr, die sich nicht durch schnelle Angriffe der Konkurrenz überraschen lässt, und einer durch Ballbesitz geprägten Offensive, die ihrerseits den Gegner mit klugen Pässen in die Spitze überrumpelt. Oder anders ausgedrückt: noch mehr so zu spielen wie die Spanier. Den Grundstein dafür jedenfalls haben sie in der Vorrunde gelegt. Und wenn sie so weitermachen, ihre vielen Chancen häufiger in Tore ummünzen und noch ein wenig schneller spielen, dann spricht alles dafür, dass es demnächst auch mit dem Spektakel klappt.
Quelle: ntv.de