Wales pathetisch, Portugal nüchtern "Ronaldo, das Biest, nicht zu kontrollieren"
07.07.2016, 11:22 Uhr
Gareth Bale: Eine Niederlage, die schmerzt - aber nur kurz.
(Foto: imago/BPI)
Portugal feiert, Wales auch: Die einen, weil sie den Einzug ins Finale der Europameisterschaft geschafft haben, die anderen, weil sie auf ihre Mannschaft trotz des Ausscheidens stolz sind. "Die Welt hat sich in Wales verliebt" lautet nur eine von vielen Lobeshymnen walisischer Medien. Und Portugal? Das Land hofft nun auf den ganz großen EM-Coup. Steht Ronaldo, wie es in spanischen Medien heißt, "kurz vor der Krönung"?
Wales
Sehr pathetisch klingt das, was "Wales Online" über die Nationalelf schreibt: "Wales, wir haben dich geliebt für die Qualifikation für das Turnier. Und wir haben dich mehr und mehr geliebt mit jeden schwer zu glaubenden Schritt. Was du getan hast, ist historisch. Es wird niemals vergessen werden." Man habe nicht nur das Halbfinale eines Turniers erreicht, sondern sei auch weitergekommen als Fußball-Großmächte und Länder, die 20-mal größer sind. "Was du getan hast, geht viel tiefer. Du hast einem ganzen Land ein Gespür von Stolz und Patriotismus gegeben. Für einen Monat sind wir beschwingt durchs Leben gegangen", lobt die Webseite.
Auch die Fans werden von "Wales Online" nicht weniger emotionsgeladen gelobt: "Du hast deine neuen französischen Freunde auf Schultern getragen, hast Restaurantbesitzer und Kebab-Besitzer umarmt, hast ihre Pubs in Gesangssäle verwandelt, hast ihre Bars leer getrunken, bist in ihren Brunnen geschwommen, bist auf ihre Bäume geklettert und hast ihnen die besten Nächte beschert, die sie jemals hatten." Es sei nun an der Zeit, nach Hause zu kommen. "Aber jetzt kennt die Welt Wales. Und sie hat sich in uns verliebt."
Deutlich nüchterner hört sich das Fazit der "South Wales Evening Post" an: "Der Euro Traum ist endgültig vorbei, zerschmettert von der portugiesischen Bedrohung, die Cristiano Ronaldo genannt wird." Dennoch verlasse Wales Frankreich als die großen Sieger von den 24 Teams. "Es gibt das alte Sprichwort im Sport, dass sich niemand an geschlagene Halbfinalisten erinnert. Nicht in diesem Fall. Keine Chance", schreibt das Blatt. Und der "Western Telegraph" hält fest: "Sie bekommen nicht ihr märchenhaftes Ende am Sonntag im Finale von Paris, aber sie werden nach Hause zurückkehren und wie Helden begrüßt."
Portugal
Die portugiesische Presse bleibt weitgehend sachlich. Expresso freut sich zwar über den Finaleinzug, nicht aber über den Fußball, der gezeigt wird: "Ronaldo und Nani bescheren Portugal nach zwölf Jahren wieder ein EM-Finale. Das ist der moderne Fußball. Wir müssen ihn akzeptieren, auch wenn er manchmal in der Seele wehtut - und in den Augen." Es gebe aber auch "Götter, die uns daran erinnern, dass Fußball mit dem Herzen gespielt wird." Einer dieser Götter sei Cristiano Ronaldo.
Kurz und knapp bleibt es in der übrigen Medienlandschaft Portugals. "Ronaldo fliegt zum Finale der Euro. Der Kapitän hatte entscheidenden Anteil. Der Traum vom Titel lebt weiter", fasst die Zeitung Correio de Manha zusammen. Und A Bola konstatiert: "Portugal im Halbfinale. Ein historischer Auftritt. Ronaldo schreibt Geschichte."
Frankreich
Im Gastgeberland blickt man vor allem auf den bleibenden Eindruck, den Wales bei diesem Turnier hiniterlassen hat - und auf einen Ronaldo, der endlich gezeigt hat, was er drauf hat. "Wales hat während der gesamten EM wunderbare Spuren hinterlassen. Die Mannschaft kehrte erst zehn Minuten nach den Portugiesen in die Kabine zurück, weil sie mit den Fans noch singen wollte", lobt L'Equipe den Geist der Waliser.
Le Parisien bewundert vor allem CR7: "12 Jahre Wartezeit - aber endlich hat Ronaldo einmal geglänzt. Ihr bestes Spiel im entscheidenden Augenblick. Ronaldo setzte Bale schachmatt." Und Ouest France resümiert: "Portugal hat das Finale, Wales die Ehre. Ohne außergewöhnlich zu sein haben die Kollegen von Ronaldo ein zu zögerliches Wales um Bale bezwungen."
Spanien
In Portugals Nachbarland Spanien gibt es nur ein Thema: Cristiano Ronaldo. Marca schreibt über das Duell zwischen dem portugiesischen und dem walisischen Superstar: "Er ist Gold wert. Cristiano bringt Portugal mit einem Tor und einer Vorlage ins Finale. Cristiano stellte Bale in den Schatten. Bale war auf sich alleine gestellt.[...] Ronaldo, das Biest, war nicht zu kontrollieren."
Als "Schlüsselspieler des Matches" bezeichnet El Mundo Deportivo Ronaldo. "Cristiano war zur Stelle, als Portugal ihn am meisten brauchte. CR7 tötete den Drachen, aber dessen Geist lebt weiter."
Die Zeitung El Pais sieht Ronaldo nun kurz seinem größten Triumph: "Cristiano ist nur noch einen Schritt vom letzten Gipfel entfernt." Cristiano habe die Champions League im Rucksack. "Und am Sonntag könnte er in Paris wieder gekrönt werden."
Quelle: ntv.de, fma/sid