Alarm vor EM-Auftakt des DFB Wildgewordene Schotten trinken ganz München leer
14.06.2024, 18:38 Uhr
Die Schotten lassen es seit Tagen krachen.
(Foto: IMAGO/Offside Sports Photography)
Schotten-Eskalation in München: Vor dem EM-Auftakt gegen Deutschland feiert die "Tartan-Army" eine große Party für ihre "Bravehearts". Darauf haben sie so lange gewartet, dass selbst William Wallace und die Bier-Vorräte kaum mithalten können.
Ausnahmezustand. Die Angst geht um. Und das so kurz vor dem EM-Auftaktspiel zwischen Deutschland und Schottland. Doch um 12 Uhr mittags verkündet ein lokaler Radiosender die gute Kunde: München hat noch Bier. Kurzes Aufatmen. Allerdings, die Betonung liegt auf "noch". Denn angesichts der Szenen in der bayerischen Landeshauptstadt muss man tatsächlich bangen: Ist München auch wirklich vorbereitet? Sind jegliche Fässer zuvor randvoll aufgefüllt worden?
Es scheint, als hätten die Schotten bald alles leergesoffen. Die britische Zeitung "The Sun" berichtete tatsächlich, dass die Anhänger der "Bravehearts", der schottischen Nationalmannschaft, bereits am Mittwoch im Café "Woerner's" am Marienplatz kurzzeitig die kompletten Bierbestände ausgetrunken hätten.
Irre. Durchgeknallt. Aber irgendwie eben auch liebenswert, wie damals, als die Iren bei der EM 2016 in Frankreich mit Liedern und verrückten Aktionen begeisterten. Manch einer mag das schottische Englisch kaum bis gar nicht verstehen, die Freude auf dieses Turnier ist aber an jedem Gesicht abzulesen.
Freude beim Biertrinken
Seit Tagen wirbeln die Fans der "Bravehearts", die "Tartan Army", München durcheinander. Mit Dudelsack, Kilts - und natürlich Bierkrügen en masse. Bei einigen - okay, wahrscheinlich bei fast allen Schotten über 16 Jahren, die nach Deutschland gekommen sind, - ist der Alkoholkonsum so bedenklich wie beeindruckend. Am Spieltag werden in Berlin am Hauptbahnhof und im ICE gen Süden schon ab 10 Uhr morgens die Sechserpacks geöffnet.
Vier Stunden vor Anpfiff, Marienplatz: Die Sonne knallt, etwa 14.000 Fußball-Fans, zu zwei Drittel Schotten, feiern hier schon den ganzen Tag über. Bierkästen stapeln sich am Brunnen, in dem sich ein paar Anhänger der "Tartan-Army" erfrischen. Nebenan zieht ein in traditioneller Tracht gekleideter Dudelsackspieler vorbei, Bierdunst steigt aus allen Ecken in die Nase. Es herrscht eine freundliche Stimmung. Gesänge aus beiden Lagern.
Kevin und Grant sind extra für das Spiel angereist, am Samstag geht es bereits zurück in die Heimat. "Wir haben seit Mittag hier am Platz Bier getrunken und saßen im Restaurant mit deutschen Fans an einem Tisch, das war super nett." Für die Auftaktpartie wünschen sie sich ein Unentschieden, das würde ein Weiterkommen der "Bravehearts" um einiges erleichtern. Was die beiden in München so getrieben haben, außer Bier zu trinken? "Wir sind herumgelaufen und haben Bier getrunken." Simple Freuden, die für ein friedliches Fußball-Fest und einen Party-Auftakt in die EM sorgen.
Erst zum vierten Mal bei EM dabei
Die Ekstase ist verständlich. Mehr als ein Vierteljahrhundert hat die Fan-Armee auf ein richtiges Fußball-Fest mit Beteiligung des schottischen Teams warten müssen. Denn überhaupt erst zum vierten Mal ist die Elf von der Insel bei einer europäischen Endrunde dabei. Und lediglich zum zweiten Mal in 26 Jahren - beim einzigen anderen, der Covid-Euro vor drei Jahren, gab es allerlei Einschränkungen und Bedenken, sodass die Anhänger-Schar erst jetzt in Deutschland beim Feiern in die Vollen gehen kann.
Das tut sie mit Stolz und Mut. "Bravehearts" eben. Nun geht es direkt gegen den Gastgeber. Da will man auch fußballerisch und nicht nur am Tresen Erfolge feiern. So lebt in Deutschland dieser Tage der schottische Widerstand gegen die großen Fußballnationen auf. Anders als William Wallace im Kampf gegen die englischen Besatzer Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts sind die Waffen diesmal nicht Schwerter, sondern Fußballschuhe bei den Kickern und Bierkrüge bei den Fans. Der Braveheart-Look aus dem gleichnamigen, historisch aber wenig akkuraten Hollywood-Historienepos stimmt von Odeonsplatz bis Marienkirche dafür: Kilts, wehende Haare, blau-weiß bemalte Gesichter, wilder Blick.
Disco-Hit statt Ballermann-Song
Zwar würde der Ballermann-Hit "Füllkrug" mit dem auf Ballermann-Niveau getexteten Refrain "Füll Krug mit Bier" gut passen zu den Massen in Trikots und Kilts. Aber die Schotten in München geben lieber den Disco-Hit "Yes Sir, I Can Boogie" aus den 1970er-Jahren lautstark zum Besten (von Trällern bis Krakeelen ist alles dabei), der seit einigen Jahren zur inoffiziellen Hymne der "Tartan-Army" aufgestiegen ist.
Natürlich steht auch der EM-Song "No Scotland No Party" hoch im Kurs, der auf Tiktok unter anderem in Argentinien viral ging, weil die Melodie von einem bekannten Lied über Diego Maradona stammt. Schließlich ist da noch die inoffizielle Schottland-Nationalhymne, "Flower of Scotland", die den schottischen Sieg über England beim Battle of Bannockburn im Jahr 1314 besingt. William Wallace war neun Jahre zuvor bereits auf schrecklichste Art und Weise hingerichtet worden, doch seine Fußball-Gefolgsmänner in Deutschland lieben das Lied noch immer.
"Sie sind die Underdogs. Sie werden es genießen und ohne Angst auftreten", sagte Paul Lambert, Schottland- und BVB-Ikone, dem Portal "Der Westen" über die schottischen Nationalspieler. Auf dfb.de fügte er hinzu: "Das Auftaktspiel der EM zwischen Deutschland und Schottland wird ein echter Festtag werden. Und das dürfte auch mit der "Tartan Army" zusammenhängen. Unsere Fans freuen sich wahnsinnig auf dieses Turnier und natürlich auch auf die Atmosphäre in Deutschland - sowie das Münchner Bier." Solange es noch welches gibt.
Quelle: ntv.de