ntv.de-Tipps zum Heim-Turnier Wer wird Europameister? Wo landet das DFB-Team?

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Deutschland träumt vom nächsten Sommermärchen, aber ist die DFB-Elf wirklich ein Kandidat für den Titel? Wer sind die größten Konkurrenten? Und auf welchen Spieler gilt es besonders zu achten? Hier gibt es die Prognosen der ntv.de-Sportredaktion.

Wer wird eigentlich Europameister?

David Bedürftig: Solch ein episches Comeback und dann doch nur Zweiter: Nach der Pleite im WM-Finale in Katar, als Frankreich Argentinien beinahe noch den Titel entriss, hat die Équipe Tricolore Wut im Bauch und will mehr. Vor allem, nachdem die Heim-EM 2016 bitter im Finale und die EM 2021 mit dem Achtelfinal-Aus gegen die Schweiz im Elfmeterschießen endete. Es wird also Zeit, dass Didier Deschamps' Truppe Europameister wird. Frankreich hat auch statistisch die größte Chance aller Teams auf den Titel.

Das Bestehen der schweren Gruppe mit den Niederlanden und Ralf Rangnicks Österreichern stärkt den Zusammenhalt von Les Bleus. Sie marschieren anschließend durch die K.-o.-Phase mit einem Mix knallharter Defensive (selbst wenn es das erste Turnier seit langem ohne Raphaël Varane und Hugo Lloris ist und Abwehr-Anker Lucas Hernández nach Kreuzbandriss fehlt) und pfeilschneller Offensive, aus jung (Augen auf den 21-jährigen Flügelstürmer Bradley Barcola) und erfahren (Antoine Griezmann in einer tieferen Rolle im Mittelfeld), individueller Klasse und einem guten Trainer - und schalten im Halbfinale England aus (wie schon bei der WM in Katar, damals im Viertelfinale).

Frankreich darf nur nicht zu selbstverliebt und siegessicher auftreten. Seit dem WM-Finale hat die Équipe nur zwei Spiele verloren, beide gegen Deutschland.

Tobias Nordmann: Wenn das Knie von Jude Bellingham hält - dann England! Ja, der letzte Test vor der EM gegen Island wurde zur "Wembley-Horrorshow", ging mit 0:1 verloren. Aber was heißt das schon? Sollte der finale Test maßgeblich sein, müsste auch Deutschland bange werden um die Chancen des DFB-Teams. Die "Three Lions" werden das Dingen wuppen, weil kein anderer Kader diese Extraklasse mit sich bringt: Bellingham verkörpert eine einzigartige Mischung aus Abräumer, Gestalter und Torjäger. Diesen Job teilt er sich mit Bayern Münchens Giganten Harry Kane, der bei der EM tatsächlich seinen Titel-Fluch ablegen kann. Was wäre das für eine Geschichte? Der ungekrönte Superstar stillt die Sehnsucht des Mutterlands!

Till Erdenberger: England wird den Titel holen und damit endlich das große Trauma der Titellosigkeit besiegen. Nationaltrainer Gareth Southgate hat eine gewaltige Auswahl an hochklassigen Offensivspielern zur Verfügung, die er auch einzusetzen weiß. Und seine spektakulären Angriffsmaschinen wissen auch, wie man gegen den Ball arbeitet. Edelkicker Jude Bellingham hat in seiner ersten Saison in Madrid nicht nur einen, sondern gleich zwei Schritte nach vorne gemacht., Harry Kane ist einer der drei, vier besten Stürmer der Welt und in den Reihen dahinter versammelt sich ebenfalls reichlich Klasse: Der FC Bayern wäre einst an der Personalie Declan Rice beinahe zerbrochen, weil Thomas Tuchel den Sechser unbedingt haben wollte und nicht bekam. Aber: In England ist mächtig Druck auf dem Kessel, die Erwartungen sind hoch, Southgate steht permanent unter kritischer Beobachtung. Kann die junge Mannschaft den Druck kanalisieren, wird sie herausragende Leistungen zeigen. Und Europameister werden.

Florian Papenfuhs: Frankreich. Die individuelle Klasse des Kaders überragt mal wieder die der anderen Teilnehmermannschaften. Dazu kommt, dass das Team längst weiß, wie man erfolgreich Turniere spielt. 2016 standen sie im Finale, 2018 wurden sie Weltmeister, 2021 scheiterten sie an sich selbst und auch da erst im Elfmeterschießen und 2022 wollten sie bei der Abschiedsparty für den vielleicht größten Fußballer aller Zeiten nicht der Spielverderber sein. Mit Antoine Griezmann, dem zurückgekehrten N’Golo Kanté oder dem ewigen Olivier Giroud gibt es noch immer wichtige Spieler im Kader, die all diese Momente miterlebt haben. Dazugekommen sind vielversprechende Talente wie Bradley Barcola oder Warren Zaire-Emery, die in Diensten von Paris Saint-Germain für viel Furore gesorgt haben. Und vorneweg geht mit Kylian Mbappé einer der besten Spieler der Welt.

Anja Rau: Der FC Bayern wird sich ganz schön ärgern, nicht den künftigen Europameister-Trainer von sich überzeugt haben zu können. Denn ja, Österreich wird den Titel in Deutschland gewinnen. Mit Ralf Rangnick an der Seitenlinie, der das Team seit seinem Amtsantritt im Juni 2022 wiederbelebt hat. Österreich ist souverän durch die Qualifikation marschiert, hat seit 2023 nur ein Spiel verloren und nur drei Unentschieden gespielt (zuletzt allerdings im Test gegen die Schweiz). Auch das DFB-Team kam bei der 0:2-Pleite gegen den Nachbarn im November kräftig unter die Räder. Mit dem deutschen Trainer ist das Team gereift. Rangnick setzt auf Pressing, kompakte Verteidigung, schnelles Umschalten und konsequenten Torabschluss.

Auch wenn Kapitän David Alaba genauso verletzt fehlt, wie Xaver Schlager und Sasa Kalajdzic, gibt es mit Marcel Sabitzer vom BVB, Konrad Laimer vom FC Bayern zwei Anführer im Mittelfeld. Mit Christoph Baumgartner, dem manchmal genialen Marko Arnautovic und Michael Gregoritsch hat Österreich zudem mindestens drei torgefährliche Offensivspieler. Und die Bayern-Absage von Rangnick hat das Team zusätzlich beflügelt. Kommt Österreich durch die hammerharte Gruppe mit Frankreich, den Niederlanden und Polen, sind sie für alles in diesem Turnier gestählt. Der deutsche Coach und seine zumeist in der Bundesliga spielenden Stars sind darauf vorbereitet, den Deutschen in Deutschland die Show zu stehlen.

Sebastian Schneider: Ach, was soll’s. Wer die vergangenen Tage im DFB-Quartier in Herzogenaurach verbracht hat, der kann nicht anders, als von dieser für deutsche Verhältnisse positiven Stimmung angesteckt zu sein. Diese März-Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande haben einen Schalter umgelegt. Rund um die Herzo Base herrscht eine ganz zarte Zuversichtlichkeit. Das mag an der Nähe zum Ausrüster Adidas liegen, aber für die Welthauptstadt des Deutschlandtrikots kann es ohnehin nur einen Europameister geben: das DFB-Team.

Und warum nicht? Noch sind die Nagelsmänner für alle ein großes Rätsel, nach dem Schottland-Spiel sind wir schlauer. Was zählt, ist eh die Gegenwart: Wenn alle Mannschaftsteile ineinandergreifen, kann etwas ganz Besonderes entstehen - diese Mischung aus der absoluten Coolness von Toni Kroos, die gepaart wird mit der kompletten Unbedarftheit von Florian Wirtz und Jamal Musiala. Das kann schon Freude machen. Torwart Manuel Neuer patzt (oder verletzt) sich auf die Bank, Marc-André ter Stegen schreibt endlich seine Heldengeschichte, Kroos bekommt sein versöhnliches Kitsch-Ende und Kapitän İlkay Gündoğan reckt am 14. Juli den Pokal in den Berliner Nachthimmel. So oder so ähnlich wird es ablaufen.

Torben Siemer: Zum zweiten Mal suchen Europas beste Fußballer in Deutschland ihren Meister. Und es wäre doch schön, wenn 2024 so an 1988 anknüpfen könnte, dass am Ende eine Mannschaft feiert, die vorher noch nie Europameister war. Damals waren es die Niederlande, dieses Mal wird es England. Die Three Lions werden ihrem ewigen Favoritenstatus endlich einmal gerecht.

Wo landet das DFB-Team?

David Bedürftig: Der Sieg zuletzt gegen Les Bleus bringt den Nagelsmännern nicht viel, da a) die Franzosen in den Partien nicht den Ernstfall erprobten. Und b) das DFB-Team wohl schon im Achtelfinale an den immer schwer zu bespielenden Serben oder im Viertelfinale an den jungen Spaniern scheitert. Es sei denn, der Bundestrainer stellt im Laufe des Turniers um und bringt Niclas Füllkrug von Anfang an, den wuchtigsten und durchschlagkräftigsten im Offensivspiel der Deutschen - und den einzigen, der ein herausragendes Kopfballspiel besitzt, was bei Freistößen und Ecken in Turnieren oftmals der entscheidende Faktor ist. Die Nationalelf hat sich spätestens in Katar aus der Weltelite verabschiedet und muss erst einmal das Gegenteil beweisen, bevor sie zu den Favoriten gezählt werden kann.

Tobias Nordmann: Die Vorrunde wird knackig für das DFB-Team. Schottland, Ungarn und die Schweiz sind unangenehme Gegner, spielen sehr robust. Da braucht es Widerstandskraft und Geduld. Nicht unbedingt die ersten Tugenden, um ein Sommermärchen zu schreiben. Aber mit dem gezeigten unbedingten Willen der Mannschaft, Spiele für sich zu entscheiden, hat sie das Publikum zuletzt wieder hinter sich gebracht. Ein gutes Fundament, um erfolgreich zu sein. Um sich womöglich in einen Turnierrausch zu spielen. Der kann weit führen - aber nicht zum Titel. Dafür fehlt es an Reife, trotz der Champions-League-Riesen Toni Kroos und Antonio Rüdiger sowie der Bayern-Stars Manuel Neuer und Thomas Müller. Und auch ein Stück weit an individueller Qualität. Im Halbfinale ist (leider) Schluss, die große Zeit dieser Mannschaft kommt danach. Auch ohne Kroos, Neuer und Müller.

Florian Papenfuhs: Die Frage wird zum Großteil die zuletzt gegen Griechenland wieder wackelige Defensive beantworten müssen. Und die Auslosung in der K.-o.-Runde. Denn während die DFB-Elf gegen die vermeintlichen Underdogs häufig Probleme offenbarte, sah sie gegen Turnierfavoriten selbst in den ganz finsteren Tagen noch gut aus (man erinnere sich an das Gruppenspiel gegen Spanien in Katar). Jedoch: Die Dichte an kompakten, konterorientierten Teams im Turnier ist beachtlich. Fußball spielen will kaum jemand. Bis ins Viertelfinale sollten individuelle Klasse und Stimmung im Land tragen. Dann könnte es knapp werden.

Till Erdenberger: Erinnern wir uns an die 2021 ausgetragene Corona-EM 2020: Da hatte der damals amtierende Bundestrainer Joachim Löw kurz vor dem Turnier die Haudegen Thomas Müller und Mats Hummels zurück ins strauchelnde DFB-Team beordert - und damit ein bisschen Euphorie entfacht. Die Weltmeister, so war vor allem bei vielen Fans der Geist, werden es richten. Es kam anders, auch weil Mats Hummels den Siegtreffer gegen Frankreich erzielte (dafür allerdings ins falsche Tor traf) und Thomas Müller im Achtelfinale von Wembley freistehend vor dem Tor den Ausgleich verpasste.

Löws Nach-Nachfolger Julian Nagelsmann wagte einen ähnlichen Coup, indem er Toni Kroos zurück in die Nationalmannschaft holte. Die Idee ist stimmiger, Kroos ist der wichtigste Stabilisator im so lange so wackligen Gebilde. Mit Kroos gibt es die Garantie, dass das DFB-Team eine Mindestqualität erreicht. Die reicht, um die Gruppe zu gewinnen und im Achtelfinale Dänemark zu schlagen. Danach ist vieles möglich und nichts selbstverständlich. Aber auch nichts ausgeschlossen.

Anja Rau: Selten war diese Frage so schwer zu beantworten wie bei diesem Turnier. Hurra-Fußball gegen Frankreich und die Niederlande, zähes Ringen gegen Griechenland, Chancen-Vergeben gegen die Ukraine. Ich packe die drei Euro gleich im Anschluss ins Phrasenschwein, aber es ist wie es ist: Nur schön spielen verhilft nicht zum Sieg, da zählen ausschließlich Tore. Und da die Gruppengegner Schottland, Ungarn und die Schweiz eher wie Griechenland zu erwarten sein dürften als wie Frankreich, könnte es ganz schön zäh werden.

Selbst das Spiel zu machen, damit tut sich das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann schwer. Geduld, Wille, Durchsetzungsfähigkeit vor dem Tor werden die Schlüssel zum Einzug in die K.-o.-Runde sein. Je spielstärker die Gegner sind, desto mehr wird das DFB-Team aufblühen - ein gutes Omen für die K.-o.-Spiele. Ein Rausch wie 2006 - als ebenfalls das Finale im Berliner Olympiastadion der große Traum war - wird sich aber nicht einstellen. Im Halbfinale ist Schluss, weil es anders als bei der WM bei der EM kein Spiel um Platz 3 gibt, endet das Turnier mit deutschen Tränen.

Sebastian Schneider: Das ist eine interessante Frage, lassen Sie mich auf eine andere antworten (weil siehe oben schon auf EM-Titel getippt). Auf welches Team sollte man denn eigentlich achten? Klar, die Engländer sind titelmäßig diesmal wirklich fällig. Die Franzosen sind irgendwie schon auch gut. Und die Belgier? Der ewige Geheimtipp wird sicher wieder weit kommen und trotzdem enttäuschen. Aber: Vielleicht haben Sie auch ein Auge auf die Nationalmannschaft der Ukraine. Nicht nur lastet auf dem Team ein Druck, der nur schwer vorstellbar ist. Auf dem Rasen steht auch eine Gruppe vielversprechender Fußballer. Die Mannschaft ist eine gute Mischung zwischen Alt und Jung, bekannt und unbekannt. In der EM-Qualifikation bereitete das Team von Serhij Rebrow den Italienern und England arge Probleme. Die Vorrunde ist mit Belgien, Slowakei, Rumänien definitiv machbar, danach kann sich ein Lauf entwickeln. Das sind die besten Voraussetzungen für eine (kleine) Überraschung.

Torben Siemer: Da 16 von 24 Mannschaften die Gruppenphase überstehen, halte ich ein Vorrundenaus für ausgeschlossen. Und für die K.-o.-Runde wage ich die Prognose, dass die Fans der DFB-Elf auf möglichst namhafte Gegner hoffen sollten, wie bei den Euphorie entfachenden Siegen gegen Frankreich und die Niederlande im März. Denn wie schwer sich die Mannschaft tut, wenn sie selbst das Spiel machen muss, war in den Tests gegen die Ukraine und Griechenland zu erkennen. Es gibt dann zwar im Achtelfinale den ersten Sieg in einem K.-o.-Spiel seit der EM 2016 - im Viertelfinale ist aber Schluss.

Welcher Spieler wird das Turnier prägen?

David Bedürftig: Wer auf Frankreich tippt, muss hier Kylian Mbappé sagen. Losgelöst von allen PSG-Problemen kann der Franzose in seinem ersten Turnier als Kapitän auf der größten europäischen Bühne glänzen, während sein Widersacher in Sachen bester Stürmer des nächsten Jahrzehnts, Erling Haaland, nicht qualifiziert ist (und Vinicius Junior als Brasilianer nicht mitmachen darf). Sein neuer Klub Real Madrid freut sich schon, die deutschen Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion dürfen es ebenfalls. Denn der immer noch erst 25-Jährige ist eine Show voller Urgewalt, Finesse und Fußballschönheit. Mon Dieu!

Gut möglich aber, dass auch die England-Youngster Jude Bellingham und Phil Foden und sogar Altmeister Cristiano Ronaldo (ein wirklich letztes Mal) für Furore sorgen. Außerdem wird eine Überraschung wie Rumänien oder die Türkei (ihre Fans werden das Turnier auf den Straßen prägen) weiter kommen, als viele denken.

Tobias Nordmann: England hat Bellingham, den Weltstar. England hat Kane, den Superstürmer. Aber vor allem hat England Phil Foden. Seit Jahren lobt Manchester Citys Starcoach den Angreifer über den grünen Klee, in der abgelaufenen Saison ist der 24-Jährige endgültig eskaliert, im besten Sinne. In 53 Spielen erzielte er 27 Tore und legte zwölf Treffer auf, wurde zum Spieler der Saison in der Premier League gewählt. Wie der kleine, schnelle, wendige Rechtsaußen den Ball annimmt, wie er sich das Spielgerät mit dem ersten Kontakt perfekt vorlegt, auf den starken Fuß, dieses spektakuläre Paket findet derzeit kaum Vergleichbares im Weltfußball. Foden hat ein aberwitziges Handlungstempo, das kaum zu verteidigen ist.

Florian Papenfuhs: Einer, der womöglich nicht einmal viel spielt: Cole Palmer. Im offensiven Mittelfeld der Engländer gibt es Phil Foden, den Spieler der Saison aus der Premier League oder Jude Bellingham, den Motor von Real Madrid. Aber es gibt eben auch Palmer. Der schlaksige 22-Jährige war für einen zunehmend in der Bedeutungslosigkeit versinkenden FC Chelsea in 33 Ligaspielen an 33 Toren beteiligt. Nur Citys Erling Haaland verhinderte, dass Palmer als Mittelfeldspieler Torschützenkönig wurde. International glänzen konnte er bisher noch nicht, Chelsea hatte sich für keinen Europapokal qualifizieren können. Das könnte er jetzt nachholen. Er ist schnell auf den Beinen, noch schneller im Kopf und trifft eine beachtliche Anzahl an richtigen Entscheidungen. Der vielleicht beste Joker des Turniers – falls er von der Bank kommt. In den letzten zwei Testspielen stand er immerhin in der Startelf.

Till Erdenberger: Die Europameisterschaft könnte zur ganz großen Bühne machen für einen, dem zum Start nur eine Nebenrolle zufällt: Beim Auftakt gegen Schottland wird DFB-Torjäger Niclas Füllkrug wohl zunächst nur auf der Bank sitzen. Der Bundestrainer hat sich bereits auf Kai Havertz als seinen Startstürmer festgelegt, daneben ist kein Platz für einen zweiten. Dabei ist mindestens die deutsche Gruppenphase prädestiniert dafür, den klassischen Mittelstürmer Füllkrug ins Rennen zu werfen: Die DFB-Elf wird durchgehend das Spiel machen müssen, das liebt sie nicht. Ist es eng, hilft bisweilen einer, der richtig steht. Oder einen Standard veredelt. Beides kann Füllkrug, der inzwischen auch längst reichlich Erfahrung auf der großen Bühne gesammelt hat. Bei der aus deutscher Sicht desaströsen WM 2022 traf er schon zweimal, darunter wenige Minuten nach seiner Einwechslung gegen Spanien. Auch von der Bank aus kann man ganz schnell im Rampenlicht landen.

Anja Rau: "Manchmal habe ich das Gefühl, er bekommt von einer Drohne am Himmel Signale geschickt." Belgiens Nationaltrainer Domenico Tedesco schwärmt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" überschwänglich von seinem Kapitän Kevin De Bruyne. Der 32-Jährige von Manchester City ist längst ein anerkannter Superstar, seine Kreativität und sein Spielverständnis sind unübertroffen. Kein Spieler hat in den Top-Ligen mehr Vorlagen gegeben als De Bruyne, seit er 2015 vom VfL Wolfsburg auf die Insel wechselte. Trotz seiner 101 Länderspiele und 27 Tore konnte er mit dem Nationalteam nicht so glänzen, wie es möglich wäre. Ein Jahr lang hat er dem Team komplett gefehlt. Bei der EM 2021 spielte ebenfalls alles gegen ihn.

Im vorangegangenen Champions-League-Finale verlor City nicht nur gegen den FC Chelsea, sondern er zog sich beim Zusammenprall mit Antonio Rüdiger auch noch einen Nasenbein- und Augenhöhlenbruch zu. Im Achtelfinale 2021 gegen Portugal zog er sich dann auch noch einen Bänderriss im linken Sprunggelenk zu, spielte dennoch beim knappen Aus gegen Italien im Viertelfinale. Diesmal ist er fit - und die jahrelang hochgelobten Roten Teufel haben mit ihrer Gruppe E bei der Auslosung großes Glück gehabt, es geht gegen Rumänien, Slowakei und die Ukraine. Mit einem De Bruyne, der gar keine Drohne braucht, um zu glänzen.

Sebastian Schneider: Hier könnte jetzt etwas völlig Überraschendes stehen. Aber am Ende läuft es doch auf Jude Bellingham hinaus. Wer als 20-Jähriger in seinem ersten Jahr bei Real Madrid schon zur unverzichtbaren Stammkraft geworden ist, der kann nicht schlecht sein. Das ist meine Fachmeinung. Und um ihn herum hat er eine englische Nationalelf, die mit ihm scheinen wird.

Torben Siemer: Manuel Neuer. Denn der 38-Jährige ist seit Wochen erstaunlich fehleranfällig: Patzer im Bundesliga-Finale in Hoffenheim, Patzer im Champions-League-Halbfinale bei Real Madrid, Patzer im Test gegen die Ukraine, Patzer im Test gegen Griechenland. Viermal entstanden daraus Gegentore, auch wenn eines wegen einer Abseitsstellung nicht zählte. Deshalb spielt Neuer bei der EM unter besonderer Beobachtung. Findet er die Form alter Tage wieder, könnte er zum Helden werden. Setzt er die Patzer-Serie fort, wird die Diskussion, warum sich Bundestrainer Julian Nagelsmann gegen Marc-André ter Stegen entschieden hat, noch deutlich lauter.

Quelle: ntv.de

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