Die Deutschen im WM-Formcheck Verletzung der Unverzichtbaren plagt DFB-Frauen

Fehlt Oberdorf, fehlt es dem DFB-Team an Stärke.

Fehlt Oberdorf, fehlt es dem DFB-Team an Stärke.

(Foto: picture alliance / Sportfoto Zink / Peter Kotzur)

Die peinliche 2:3-Pleite gegen Sambia vom vergangenen Samstag wirkt noch immer nach. Weniger bei den DFB-Spielerinnen selbst, die voller Vorfreude und Optimismus in den Flieger via Dubai nach Sydney stiegen, als vielmehr bei den Fans, die schon unken, die Frauen hätten sich an das maue Niveau der deutschen Fußball-Männerteams angepasst. Schließlich gab das Länderspieljahr noch nicht allzu viel Hoffnung auf eine erfolgreiche Weltmeisterschaft. Ein torloses Remis gegen Schweden, ein Duselsieg gegen die Niederlande, dazu eine Niederlage gegen die möglichen Achtelfinalgegnerinnen aus Brasilien und ein knapper Sieg gegen die WM-Teilnehmerinnen aus Vietnam. Es läuft bislang alles andere als optimal.

Als Vize-Europameisterinnen ist die Aufmerksamkeit für das Nationalteam viel größer als zuletzt, doch das kann es bislang nicht in Leistung und Qualität ummünzen. Im Gegenteil, zuletzt offenbarten sich teils große Probleme, obwohl die Spielerinnen des vergangenen Jahres auch in diesem Sommer den Großteil des Kaders stellen. 19 von 23 EM-Finalistinnen sind auch in Australien dabei. 24 Spielerinnen haben die weite Reise angetreten, denn Martina Voss-Tecklenburg und ihr Team haben Janina Minge als Backup fürs defensive Mittelfeld ausgewählt, gut möglich aber, dass sie es nicht in den Kader schaffen wird, wenn es in der Gruppe H gegen Marokko (24. Juli/10.30 Uhr/ZDF), Kolumbien (30. Juli/11.30 Uhr/ARD) und Südkorea (3. August/12 Uhr/ZDF/sowie alle im ntv.de-Liveticker) geht.

Die Topform des Teams scheint vor den Duellen mit den deutlichen Underdogs weit entfernt, doch wie sieht es im Einzelnen aus? Welche Spielerin kann schon überzeugen, wer rennt noch seinem Können hinterher? Details im Form-Check - heute Mittelfeld und Angriff:

Defensives Mittelfeld:

Auf der Sechs hat Deutschland Weltklasse zu bieten: Lena Oberdorf. Die 21-Jährige, die nach der WM 2019 und der EM 2022 schon beim dritten Turnier dabei ist, ist für das DFB-Team eigentlich unersetzlich. Nun muss Voss-Tecklenburg zumindest zu WM-Beginn aber vielleicht das Unmögliche vollbringen, denn Oberdorf musste gegen Sambia mit einer Muskelblessur im Oberschenkel zur Halbzeit ausgewechselt werden. Die Wolfsburgerin strotzt im Spiel vor Dominanz, glänzt mit Präsenz und Zweikampfstärke, ist eine unnachgiebige Abräumerin, die den Gegnerinnen Respekt einflößt, die aber auch kluge, öffnende Pässe spielen kann. Vergangenes Jahr stand sie bei der EM im Allstar-Team und wurde sowohl bei dem Turnier in England als auch in der Champions League zur besten Jungspielerin gewählt.

Gegen Sambia kam Melanie Leupolz für Oberdorf ins Spiel, die 29-Jährige vom FC Chelsea kehrte nach ihrer Schwangerschaft zum DFB zurück, mit dem sie bereits EM- und Olympia-Gold gewinnen konnte. Ihr Sohn ist in Australien mit dabei, bei den Londonerinnen bewies sie bereits, dass sie zu ihrer alten Stärke zurückkehren konnte. Seit vielen Jahren überzeugt sie mit ihrer Übersicht fürs Spiel, ist pass- und zweikampfstark. Seit Januar gehört sie wieder bei Chelsea zum Spielerinnenkader, auch einen Nasenbeinbruch im März steckte sie weg. Voss-Tecklenburg hatte sie erstmals im April zum Duell mit Brasilien wieder nominiert.

Als Alternative könnte auch die Wolfsburger Lena Lattwein den defensiven Part im Mittelfeld spielen. Bei den Wölfinnen spielt sie gemeinsam mit Oberdorf, die beiden teilen sich die Aufgaben, beim DFB kam sie aber noch nicht über die Rolle der Ersatzspielerin hinaus. Die 23-Jährige, die neben dem Fußball Wirtschaftsmathematik im Master studiert, fehlte zuletzt längere Zeit, weil sie sich das Schlüsselbein gebrochen hatte, wurde aber rechtzeitig zum Champions-League-Finale wieder fit.

Offensives Mittelfeld:

Sara Däbritz ist eine der erfahrensten Spielerinnen im Kader, die 28-Jährige ist seit der EM 2013 bei jedem Turnier dabei, gewann damals den Titel und holte auch Olympia-Gold 2016. Die Frau von Olympique Lyon ist gesetzt in der Zentrale, gleiches gilt für Bayern-Kapitänin Lina Magull. Die Spielmacherinnen wussten zuletzt gegen defensiv stehende Gegnerinnen nicht wirklich etwas mit ihrem Ballbesitz anzufangen, die Spielstärke, die Offensivkraft und das Passverständnis verpuffte. Kapitänin Alexandra Popp könnte aus dem Sturm etwas nach hinten rücken und mit ihrer Körperlichkeit einen anderen Stil ins Spiel bringen, jedoch wären ihre Qualitäten als Torjägerin dann beschränkt.

Als Alternative steht Sydney Lohmann im Kader - ihr Name rührt tatsächlich daher, dass ihre Eltern in Sydney geheiratet haben, wie passend für die WM -, die auch gegen Sambia nach 0:2-Rückstand mit ihrer Power für einen Aufwärtstrend sorgte und einen Torschuss an die Latte setzte. Die Bayern-Spielerin ist durchsetzungs- und zweikampfstark und kommt bei den Meisterinnen des FC Bayern nicht nur in der Zentrale, sondern auch auf dem rechten Flügel zum Einsatz. Dort ist aber auch die angestammte Position von Huth, die Position, auf der sie seit Jahren mit unermüdlichen Sprints die Gegnerinnen müde läuft, mit ihren Dribblings, ihrer Zähigkeit und ihrem Engagement überzeugt. Die 32-Jährige, die ebenfalls bei EM- und Olympia-Gold dabei war, bekam bislang den Vorzug der Bundestrainerin. Sollte sie tatsächlich in die Defensive rücken, könnte der Platz für Lohmann frei werden.

Angriff:

Je nach Ausrichtung konkurriert Lohmann dabei auch mit Jule Brand, die in Wolfsburg zwar auf der linken Angriffsseite zum Einsatz kommt, die Position aber beim DFB durch Klara Bühl besetzt ist. Die Münchnerin hatte das EM-Finale nach ihrer Corona-Infektion verpasst, sehnt sich nun nach der Möglichkeit, im WM-Finale aufzulaufen. Gegen Sambia spielte sie anfangs engagiert und gefährlich auf, hatte schon in der 2. Minute eine Kopfballchance, vertändelte den Ball im Spielverlauf aber mehrfach und wirkte ungewohnt unbeholfen. Gleiches galt für Brand, die beim ersten Gegentor den Ballverlust zum schnellen Umschalten verantwortete. Der Shootingsstar der EM hofft auf mehr Einsatzzeiten, gegen Sambia bekam sie sie durch die neue Position für Huth.

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In der Zentrale ist Popp mit ihrer Wucht gesetzt, im von Voss-Tecklenburg bevorzugten 4-3-3-System ist nur Platz für eine Mittelstürmerin. Von daher wird es eng für die Bayern-Angreiferin Lea Schüller, die mit Popp konkurriert. Weiter hinten anstellen müssen werden sich Fan-Liebling Laura Freigang, die beim Champions-League-Qualifikanten Eintracht Frankfurt in 19 Bundesliga-Partien 10 Tore schoss. Voss-Tecklenburg ist offenkundig nicht ihr größter Fan, es kursierten gar Gerüchte, dass Freigang als Streichkandidatin noch vor der Abreise aussortiert wird. Es kam anders, aber wie ihre Teamkollegin Anyomi wird sich mit der Reservistenrolle begnügen müssen.

Lesen Sie hier den Form-Check zum Tor und der Abwehr.

Quelle: ntv.de

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