Fußball

Der Bundesliga-Check: Hertha BSC Alte Dame, alte Schule, alte Probleme

Nun, irgendwie drückt dieses Foto doch ziemlich gut das Attraktivitätslevel der vergangenen Hertha-Auftritte in der Bundesliga aus...

Nun, irgendwie drückt dieses Foto doch ziemlich gut das Attraktivitätslevel der vergangenen Hertha-Auftritte in der Bundesliga aus...

(Foto: imago/Metodi Popow)

Ideenarm, aber unsexy – das war die Hertha der Vorsaison. Sonderlich attraktiv dürften die Berliner auch in diesem Jahr nicht auftreten, Trainer Pal Dardai gibt sich eher als Zuchtmeister. Warum sollte das gutgehen?

Wir befinden uns im Jahre 2015 nach Christus. Ganz Berlin ist besetzt. Von rollkofferziehenden Easy-Jet-Touristen, Latte-Muttis und bärtigen Macbook-Hipstern. Ganz Berlin? Nein, tief im Westen leistet ein Fußballverein Widerstand gegen das moderne Berlin. Ein Klub, so trendy wie Günther Pfitzmann in "Praxis Bülowbogen". Während die "Alte Dame" aus Turin im Champions-League-Finale im Olympiastadion noch in der Niederlage pure Grandezza versprühte, peinigte ihre bucklige Cousine das Berliner Publikum regelmäßig mit Fußball aus einer längst versunken geglaubten Zeit. Die Hertha, sie braucht dringend eine Verjüngungskur. Auf und neben dem Platz.

Was gibt’s Neues?

Trainer Pal Dardai konzentriert sich jetzt ausschließlich auf seinen Job in Berlin. Mit der Nationalmannschaft von Ungarn lag der 39-Jährige auf dem aussichtsreichen 3. Platz in der EM-Qualifikationsgruppe F, doch er verzichtet auf die mögliche Reise nach Frankreich im nächsten Sommer. Er brauche "alle Energie" für die Hertha, ließ er verlauten – daran wird niemand zweifeln, der sich die Leistung der Berliner in der vergangenen Saison in Erinnerung ruft. Nach der Entlassung von Jos Luhukay vor dem 20. Spieltag installiert, stärkte Dardai die Defensive und holte in 15 Spielen 17 Punkte bei nur 14 Gegentoren. Der Ungar will genau da weitermachen, der chronisch wankelmütigen Mannschaft mehr Konstanz verleihen, vor allem durch bessere Fitness. Schon als Spieler war Dardai ein Vertreter der alten Schule, als Trainer redet er so, als ob ihm der legendäre Schinder Max Merkel auf der Schulter säße: "Fitness ist die Basis für alles. Kriege gewinnst du nur über Mentalität, Charakter und Laufbereitschaft." Er hat wirklich "Kriege" gesagt.

Auf wen kommt es an?

Pal Dardai schwört seine Mannschaft mit markigen Worten auf die neue Saison ein: "Kriege gewinnst du nur über Mentalität, Charakter und Laufbereitschaft."

Pal Dardai schwört seine Mannschaft mit markigen Worten auf die neue Saison ein: "Kriege gewinnst du nur über Mentalität, Charakter und Laufbereitschaft."

(Foto: dpa)

Wie gut kennen Sie Hertha BSC?
Alte Dame, alte Schule, alte Probleme. Zumindest schätzen sich die Berliner realistisch ein und peilen eine Platzierung auf "Platz 15 bis 10" an. Testen Sie Ihr Wissen über die alte Dame hier im n-tv Quiz.

Wenn sich ein Klub trotz mehrerer Trainerwechsel einfach nicht weiterentwickelt, verbreitert sich bei der Suche nach den Verantwortlichen irgendwann der Fokus. Siehe Schalke, wo Sportdirektor Horst Heldt nicht den einfachsten Stand bei den Fans hat. Ähnliches gilt für Michael Preetz in Berlin. Seit 2009 leitet er die Geschicke der Hauptstädter, als Erfolge stehen zwei Aufstiege zu Buche. Mit Jos Luhukay meinte Preetz endlich den passenden Trainer gefunden zu haben, doch der Niederländer scheiterte an seiner spröden Art und einem noch spröderen Kader. Den muss der Manager nun ausmisten. Käufer werden unter anderem gesucht für das wandelnde Missverständnis Ronny, den Ex-Kapitän Peter Niemeyer und Sandro Wagner. Nur wenn Preetz Abnehmer findet, kommen zu Mitchell Weiser und Vladimir Darida noch weitere Verstärkungen hinzu. Gesucht werden vor allem Spieler, die Dynamik und Torgefahr entwickeln – in der Rückrunde erzielte die Hertha kümmerliche zwölf Treffer.

Was fehlt?

Lange Zeit sah es so aus, als würde die Hertha mit blanker Brust in die Saison gehen. Die Bahn hatte ihr Engagement als Trikotsponsor im Januar für beendet erklärt. Interessenten wie Zalando und Opel winkten ab, zu teuer. Doch Manager Preetz machte dieses Mal einen guten Job - ab dem 1. August wird auf dem Trikot der Schriftzug des Wettanbieters "Bet at home" zu sehen sein. Wenn man einberechnet, dass eine Million pro Jahr verloren geht, weil sich der bisherige Premium-Partner und Wettanbieter "X-Tip" zurückzieht, bringt das der Hertha fünf Millionen Euro im Jahr. Die Witzeleien über das Café King gibt’s gratis.

Wie lautet das Saisonziel?

Und wieder ein Punkt, in dem die Hertha so gar nicht zu ihrer Stadt passen will: Die Verantwortlichen wissen um ihre Lage und schätzen sie realistisch ein. So wie Präsident Werner Gegenbauer, gefragt nach der angepeilten Platzierung: "Platz 15 bis 10. Mir kann man keine Euphorie entlocken."

Die n-tv.de Prognose

Hertha erreicht das Pokalfinale. Kleiner Scherz. Im besten Falle verpflichtet Michael Preetz noch ein Kreativgenie, kommen die Langzeitverletzten wie Alexander Baumjohann und Julian Schieber schnell in Tritt und die Berliner marschieren geschlossen und seriös Richtung Tabellenmitte. Wenn man allerdings die Verletzung von Mitchell Weiser als Omen nimmt und die Verletzungssorgen Pal Dardai erhalten bleiben, könnte die Hertha ihr Glück nach dem Vorbild des 1. FC Köln versuchen – hinten dicht, vorne hilft der liebe Gott. Mit dem haben sie es in Berlin aber nicht so, also droht im schlimmsten Fall eine Neuaufführung des Hinrundendesasters und der Abstiegskampf.

Quelle: ntv.de

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