Sieg bei Tottenham in Wembley Bayer 04 Leverkusen krönt sich ein bisschen
03.11.2016, 09:31 Uhr
"Ein einzigartiges Gefühl": Kevin Kampl.
(Foto: imago/Sportimage)
Der TSV Bayer 04 Leverkusen gewinnt tatsächlich ein Spiel in der Champions League - und nimmt prompt Kurs auf das Achtelfinale. Mit dem ersten Königsklassen-Auswärtssieg seit zwei Jahren hat sich die Werkself beste Chancen. Doch Rudi Völler warnt.
Kevin Kampl erlebte den Schlusspfiff irgendwo zwischen Gang und Kabine, nicht mehr live auf dem Rasen des Fußball-Tempels Wembley. Humpelnd und am rechten Fuß sockenlos verließ der Torschütze zum 1:0 (0:0)-Auswärtssieg in der Champions League gegen Tottenham Hotspur die legendäre Londoner Arena. Und trotz aller Schmerzen strahlte Kampl später in der Mixed-Zone, war "extra stolz" auf sich und seine Mitstreiter der Leverkusener Mannschaft. "Definitiv, mit sechs Punkten bist du richtig gut dabei", bekannte er.
Dies war der wohl bedeutungsvollste Satz, den der 26-Jährige nach seinem entscheidenden Treffer in der 65. Minute hören ließ. Nach einer längeren Zeit ohne positive Erlebnisse war es ein wichtiges Erfolgserlebnis für die Bayer-Fußballer. Dessen war sich auch Kampl bewusst, als er festhielt, die jüngere Vergangenheit sei "für uns alle ein bisschen eine schwere Zeit" gewesen. Wohl wahr. Das Aus im DFB-Pokal beim Drittligisten Lotte, nur Platz zehn nach neun Bundesligaspielen, in Europas Königsklasse vor dem Auftritt am Mittwochabend in Wembley nach drei Remis eine Art Mitläufer - und jetzt wieder mittendrin im Wettbewerb darum, wer die K.o.-Runde erreicht. Bayer-Chef Michael Schade betonte: "Jetzt sind alle Möglichkeiten offen." Sportchef Rudi Völler indes warnte: "Wir sind noch nicht durch."
"Jetzt haben wir es in der Hand"
Trainer Roger Schmidt zeigte ein strahlendes Lachen, als er den Erfolg kommentierte. "Sehr mutig und entschlossen" sei seine Mannschaft vor den 85.512 Zuschauern aufgetreten. "Und der Sieg hier ist etwas sehr Außergewöhnliches", ließ er nach dem ersten Sieg seines Teams in der laufenden Königsklassensaison wissen. Für Bayer hat Kampls Saison-Premierentreffer nach den Unentschieden gegen ZSKA Moskau (2:2), bei der AS Monaco (1:1) und im Hinspiel (0:0) gegen die Spurs nur positive Konsequenzen. "Jetzt haben wir es in der eigenen Hand. Das war unser Ziel." Der Bundesligist verbesserte sich in der Gruppe E mit sechs Punkten auf den zweiten Platz hinter Monaco (acht) und vor Tottenham (vier). Moskau hat als Letzter zwei Zähler.
Für Leverkusen war es der erste Champions-League-Auswärtssieg seit dem 4. November 2014. Und ein extrem wichtiger, auch psychologisch: Jetzt wissen sie, dass sie es noch können. "Das ist die Leistung, die wir sehen wollen", bewertete Schade die 95 Minuten von London; mit einem angstvollen Rückblick auf die letzten 60 Sekunden der Nachspielzeit: "Die letzte Minute war schlimm." In Monaco hatte Bayer mit dem Schlusspfiff noch den Ausgleich hinnehmen müssen. "Natürlich denkt man daran", kommentierte Kampl. Nun erlebte er "ein bisschen die Krönung, ein einzigartiges Gefühl".
Für Verteidiger Jonathan Tah war es "eine der schönsten Nächte. Das war Gänsehautfeeling. Man hat einfach nur Bock, hier zu spielen". Und jetzt? Kommt der Alltag in der Bundesliga zurück. Am Samstag gegen Darmstadt 98 - da muss die Bayer-Mannschaft verdrängen, dass sie durchaus Großes geleistet hat gegen die Spurs. Völler forderte: "Nicht nachlassen!" Denn nicht nur dem Sportchef ist bewusst: Dieses fast schon chronische Auf und Ab ist bei den Ansprüchen, die Bayer an sich stellt, einfach nur kontraproduktiv.
Quelle: ntv.de, Dietmar Fuchs, dpa