Es zählt nur die E-Note Bayern-Fan Nagelsmann fordert Klopp
23.08.2017, 10:28 Uhr
"Vorfreude beschreibt mein Gefühl besser als Ehrfurcht": Julian Nagelsmann, hier beim Hinspiel in Sinsheim mit seinem Trainerkollegen Jürgen Klopp.
(Foto: imago/Michael Weber)
Deutsche Fußballtrainer sind in England angesagt. Jetzt spielt Julian Nagelsmann in Liverpool vor. Er geht demonstrativ selbstbewusst in das Playoff-Rückspiel um die Champions League. Kollege Jürgen Klopp warnt vor Hoffenheim.
Ob es vor drei oder vier Jahren war, hat Julian Nagelsmann nicht mehr parat, und auch an das genaue Ergebnis kann er sich nicht mehr erinnern. Er weiß nur, dass Newcastle United der Gegner war, und dass der FC Liverpool gewann. Damals, als er zum ersten Mal zu Gast war im berühmten Stadion an der Anfield Road, als interessierter Besucher. "Ich saß ziemlich nah am Feld, in der zweiten Reihe. Jetzt freue ich mich darauf, in der ersten Reihe zu sitzen", berichtete er in der Medienrunde vor dem Rückspiel seiner TSG Hoffenheim im Champions-League-Playoff in Liverpool an diesem Mittwoch (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de).
Nagelsmann, der 30 Jahre junge Fußball-Lehrer, betritt die große Bühne. In der aus Mythen und Legenden gebauten Sportstätte soll seine Mannschaft die 1:2-Niederlage aus dem Hinspiel umbiegen und doch noch den Einzug in die Königsklasse schaffen. Der Neue im Kreis der Elite geht die Aufgabe ohne Angst an. "Wir müssen uns nicht wegducken, nur weil es gegen einen großen Klub geht. Vorfreude beschreibt mein Gefühl besser als Ehrfurcht", sagte er. Doch, wirklich: Nagelsmann freut sich.
Er machte einen lockeren, einen gelösten Eindruck im Pressesaal im Stadion an der Anfield Road. Vergnügt berichtete er von seinen ersten Erinnerungen an den Europapokal, das Champions-League-Finale von 1999, das der FC Bayern in der Nachspielzeit gegen Manchester United verlor, was dem damaligen Bayern-Fan Nagelsmann spöttische Kommentare seines Vaters eingebracht habe, einem Mönchengladbach-Fan. Und er gab an, dass er es ziemlich unsinnig finde, im Training für ein mögliches Elfmeterschießen zu üben. "Der Druck, den man in einem vollen Stadion hat, ist auf unserem Trainingsgelände in Zuzenhausen ziemlich schwer zu simulieren", sagte er. Gelächter im Saal.
"Wir wollen auch ein großes Spiel machen"
Beim örtlichen Publikum dürften solche Auftritte gut ankommen. Deutsche Trainer sind angesagt in England. Jürgen Klopp in Liverpool, David Wagner bei Huddersfield Town, Daniel Farke eine Etage tiefer, bei Norwich City in der zweiten Liga. Jetzt spielt also Nagelsmann vor. Es gilt als ausgemacht, dass er für höhere Aufgaben bestimmt ist, wenn es ihm bei der TSG Hoffenheim zu eng wird oder er der Meinung ist, dort alles erreicht zu haben. Noch ist es natürlich nicht so weit. Er will mit dem Klub in die Champions League. Und glaubt daran.
Nagelsmann ist sich sicher, dass das Playoff gegen Liverpool noch nicht entschieden ist. Trotz der Niederlage im Hinspiel. Trotz Anfield. "Natürlich ist das ein geschichtsträchtiger Ort, an dem schon viele große Spiele stattgefunden haben. Wir wollen auch ein großes Spiel machen", sagte er. Mit Rechnereien wegen der Auswärtstorregel will er sich nicht beschäftigen. "Für uns geht es darum, zwei Tore zu schießen. Dann sehen wir weiter." Zwei Tore - ausgeschlossen ist das nicht seiner Meinung nach.
Und er ist nicht alleine mit dieser Meinung. Kurz nach Nagelsmanns Auftritt betrat Klopp die Bühne und setzte einen ernsten Blick auf. "Im ersten Spiel haben wir ein gutes Ergebnis erzielt, im zweiten Spiel müssen wir noch einmal besser sein", sagte er über das Duell mit Hoffenheim. Seine Botschaft war klar: niemand soll denken, dass Liverpools Weiterkommen schon feststeht. Vielleicht dachte er dabei auch an die ersten beiden Partien in der Premier League. An das 3:3 gegen Watford, bei dem sich Liverpools Abwehr mehrfach überrumpeln ließ. Und an das 1:0 zuletzt gegen Crystal Palace, bei dem sich seine Mannschaft schwer tat, zu Chancen zu kommen. Klopps Team ist noch nicht gefestigt. Dazu kommt das seit Wochen andauernde Theater um den wechselwilligen Philippe Coutinho.
Für die Partie gegen Hoffenheim stellt der Trainer Einsatz, Leidenschaft und andere Tugenden aus dem robusten Sektor in Aussicht. "Wir müssen das Spiel annehmen und kämpfen. Dazu sind wir bereit", sagte Klopp. Nach drei Jahren Abwesenheit will der fünfmalige Europapokalsieger Liverpool zurück in die Champions League. Es soll wieder rauschende Nächte geben im Stadion an der Anfield Road. Das Wie ist auf dem Weg dahin zweitrangig. "Wir sind hier nicht beim Eiskunstlaufen, wo es eine A- und B-Note gibt. Es geht nicht um Schönheit", sagte Klopp. Es zählt alleine die E-Note: das Ergebnis. Nach dem Sieg im Hinspiel vor einer Woche hat Liverpool die besseren Aussichten. Aber eben auch Druck. Ein Aus gegen Hoffenheim wäre eine Sensation.
Sollte es dazu kommen, würde Julian Nagelsmann die Details der Partie sicher nicht vergessen.
Quelle: ntv.de