Fußball

Die DFB-Elf übt für die EM Boateng belächelt Rassisten, Kapitän wackelt

Oh Käpt'n, mein Käpt'n!: Jérome Boateng.

Oh Käpt'n, mein Käpt'n!: Jérome Boateng.

(Foto: imago/Ulmer)

Während Jérôme Boateng einen braunen Randgruppenpolitiker ignoriert, steht der Bundestrainer vor der Frage, wen er mit zur EM nimmt. Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels stehen auf der Kippe. Dafür ist Mario Gomez guter Dinge.

Was sagt der Bundestrainer?

Also sprach Joachim Löw: "Es wird schwierig, klar. Verdient hat es niemand, dass er nach Hause fahren muss." Der Trainer der deutschen Fußball-Nationalelf muss bis spätestens Dienstag um 24 Uhr entscheiden, welche vier der 24 Spieler er aus seinem Kader für die Europameisterschaft in Frankreich streicht - und das dann auch der Uefa melden. Mitleid aber verbittet er sich. "Das ist schließlich meine Aufgabe." Dass die drei Torhüter Manuel Neuer, Marc-André ter Stegen und Bernd Leno mitfahren, ist klar.

Und so geht's weiter

Samstag, 4. Juni: Deutschland - Ungarn, ab 18 Uhr in Gelsenkirchen

Dienstag, 7. Juni: Bezug EM-Quartier in Évian-les-Bains

Sonntag, 12. Juni: EM-Endrunde: Deutschland - Ukraine, ab 21 Uhr in Lille

Donnerstag, 16. Juni, EM-Endrunde: Deutschland - Polen, ab 21 Uhr in St. Denis

Dienstag, 21. Juni, EM-Endrunde: Deutschland - Nordirland, ab 18 Uhr in Paris

Und so sitzt Löw nun am Lago Maggiore im Fünf-Sterne-Hotel Giardino, grübelt und berät sich mit seinen Kollegen. Oder weiß er etwa schon, wen es trifft? Falls ja, sagt er es nicht. Nur so viel: "Wir müssen jetzt eine Standortbestimmung machen, wie es bei einigen Spielern aussieht." Das leicht missglückte 1:3 im Testspiel gegen die Slowakei am Sonntagabend in Augsburg, das in der zweiten Halbzeit zur Schlitterpartie auf dem überfluteten Rasen geriet, dürfte ihm dabei kaum valide Erkenntnisse geliefert haben. So sollten die vier Jungspunde Julian Brandt, Joshua Kimmich, Leroy Sané und Julian Weigl eigentlich für sich und ihre Nominierung werben. Doch das Vorspielen geriet zur Farce. Brandt, nach 45 Minuten, für Mario Gomez gekommen, versprühte immerhin ein wenig Esprit, Kimmich wurde Opfer des missglückten Experiments mit der Dreier-Abwehrkette, Sané wirkte sehr gehemmt, und die Leistung des nach der Pause für Sami Khedira eingewechselten Weigl war inmitten der schwäbischen Seenplatte kaum zu bewerten. Löws Erkenntnis: "Dieses Spiel alleine gibt nicht den Ausschlag." Nicht nur deswegen wird er sich auch "zuallererst mit den Medizinern zusammensetzen". Womit wir bei den beiden Problemfällen sind.

Wie ist der Krankenstand?

Immerhin: Radfahren klappt.

Immerhin: Radfahren klappt.

(Foto: imago/Schüler)

Es wird langsam eng für Bastian Schweinsteiger von Manchester United und Mats Hummels, ab Juli beim FC Bayern unter Vertrag. Obwohl es kaum vorstellbar scheint, dass der Bundestrainer die beiden verletzten Weltmeister zu Hause lässt, stehen sie auf der Kippe. "Natürlich entscheiden die Mediziner bei dem ein oder anderen Spieler ein bisschen mit", sagt Löw. Er werde sich danach richten, wenn ihm signalisiert wird, "der oder der Spieler wird die nächsten Wochen nicht belastbar sein. Ich möchte bei den verletzten Spielern schon das Okay vom Arzt haben, dass es keine Risiken für die nächsten Wochen birgt". Eine Nominierung Schweinsteigers ließe sich im Grunde nur begründen, wenn der Bundestrainer seinem Kapitän wie vor der WM 2014 in Brasilien einen Sonderstatus gewährt.

Eine Entscheidung zugunsten Schweinsteigers hat Löw aber bereits mit seiner "Zwei-Phasen-Theorie" vorbereitet. Er brauche für Frankreich zwei Mannschaften, sagte er - eine für die Gruppenphase mit dem Auftakt am 12. Juni in Lille gegen die Ukraine, und eine für die K.o.-Phase, hatte er im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. "Wir müssen abwägen. Und dann müssen wir Entscheidungen treffen." Das gilt wohl auch für den Dortmunder Marco Reus, den immer noch die Adduktoren plagen. Leverkusens Karim Bellarabi ist angeschlagen. Dafür ist Lukas Podolski an Bord. Als vorletzter Profi traf Podolski im Trainingslager ein, nachdem er in der vergangen Woche schnell noch seinen Klub Galatasaray im türkischen Pokalfinale gegen den Istanbuler Stadtrivalen Fenerbahce zum Sieg geschossen hatte. Nun fehlt nur noch Champions-League-Sieger Toni Kroos.

Wer ist der Mitarbeiter des Tages?

Deutschlands beliebtester Nachbar: Jérôme Boateng.

Deutschlands beliebtester Nachbar: Jérôme Boateng.

(Foto: imago/Ulmer)

Jérôme Boateng, am Sonntag in der zweiten Halbzeit Kapitän der deutschen Fußball-Nationalelf, bleibt nach dem rassistischen Ausfall eines Randgruppenpolitikers bewundernswert ruhig. Er könne darüber nur lächeln, obwohl es traurig sei, "dass so etwas heute noch vorkommt". Und er hat sich darüber gefreut, wie die Zuschauer in Augsburg reagierten. Über das Transparent mit dem Herzchen zum Beispiel, auf dem stand: "Jérôme sei unser Nachbar!" Auch über das Plakat, das drei Kinder in die Höhe hielten: "Jérôme zieh neben uns ein." Ansonsten betonte Boateng, das ihn das Ganze "nicht sonderlich beschäftigt" habe. "Ich bin froh, Deutscher zu sein. Ich bin stolz, sonst wäre ich auch nicht hier in der Mannschaft und heute nicht Kapitän gewesen", sagte der Weltmeister nach dem Testspiel gegen die Slowakei. Zur Erinnerung: Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" hatte Alexander Gauland, den stellvertretenden Vorsitzenden der AfD mit den Sätzen zitiert: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben."

War sonst noch was?

Mario Gomez, 30 Jahre alt, hat nicht nur das einzige Tor bei der Testspielpleite gegen die Slowakei erzielt und damit in seinem 63. Länderspiel zum 27. Mal getroffen, er ist auch ansonsten mit sich und der Welt zufrieden. In der türkische Süper Lig wurde er mit Besiktas Meister und mit 26 Treffern auch Torschützenkönig. "Mein Ziel ist offen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, noch ein oder zwei Jahre bei Besiktas zu spielen. Denn ich habe wieder mal gelernt, dass man keine Vorurteile haben sollte", sagte er dem "Kicker". In Istanbul gefällt es ihm prima: "Ich habe vor dem Wechsel mit vielen Menschen geredet, wie sie die Sache einschätzen. Jeder, der nie da war, sagte: Mach es nicht. Alle, die schon einmal da waren, sagten: Du wirst die beste Zeit deines Lebens haben. Und es war eines der schönsten Jahre meiner Karriere." Und was die EM betrifft, da schätzt er die Lage durchaus realistisch sein. Nachdem ihn Löw vor zwei Jahren nicht mit zur WM nach Brasilien genommen hatte, ist er froh, überhaupt dabei zu sein - und sei es als Joker: "Ich bin weit entfernt davon, zu sagen, es geht nur mit mir. Sehr weit sogar. Ich bin auch Fan von dieser Mannschaft und habe viele Spiele gesehen, in denen es ohne echten Stürmer, sondern mit der falschen Neun hervorragend geklappt hat. Da wurden Gegner teilweise an die Wand gespielt", sagte er der "Welt". Aber: "Es gab eben auch Spiele, in denen ein Mittelstürmer gebraucht wurde. Ob es am Ende dann alle sieben oder zwei Spiele werden, in denen ich zum Einsatz komme, oder nur ein Spiel oder vielleicht auch nur eine Halbzeit, werden wir ja sehen."

Quelle: ntv.de

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