Englands Meister empfängt Barça Chelseas Conte macht sich keine Illusionen
20.02.2018, 15:46 Uhr
(Foto: imago/Sportimage)
Antonio Conte führt den FC Chelsea in seiner ersten Saison zum Titel in England. Doch bald dürfte für den Trainer vorzeitig Schluss sein. Grund dafür ist nicht nur das Sportliche. Aber erst einmal geht's gegen den FC Barcelona.
Vor zwei Wochen sah es so aus, als wäre das Wirken von Antonio Conte als Trainer des FC Chelsea beendet. Nach der erschütternden 1:4-Niederlage in der Premier League beim FC Watford versuchte er gar nicht mehr, um seinen Posten zu kämpfen. Stattdessen bot er seinen Vorgesetzten in bemerkenswerter Offenheit an, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. "Ich arbeite jeden Tag und gebe 120 Prozent. Wenn das nicht reicht, kann der Klub eine andere Entscheidung treffen. Ich kann morgen noch Chelsea-Trainer sein oder nicht. Wo ist das Problem?", sagte Conte. Er hatte resigniert, er hatte sich mit seinem Aus abgefunden, das war der Eindruck. Doch anders als erwartet wurde er nicht entlassen.
FC Chelsea: Courtois - Azpilicueta, David Luiz, Cahill - Moses, Alonso, Fabregas, Kanté, Bakayoko, Hazard - Morata. - Trainer: Conte
FC Barcelona: Ter Stegen - Sergi Roberto, Umtiti, Piqué, Alba - Busquets, Rakitic, Paulinho, Iniesta - Suarez, Messi. - Trainer: Valverde
Schiedsrichter: Cüneyt Cakir (Türkei)
Der 48 Jahre alte Italiener wird auch an diesem Dienstag beim Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den FC Barcelona (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) auf der Bank des Klubs aus dem Südwesten Londons sitzen. Nach allgemeinem Empfinden wurde die Ablösung des Trainers allerdings nur aufgeschoben. Fans und Fachleute gehen davon aus, dass er am Ende der Saison seinen Posten räumen muss oder ihn freiwillig räumt. Was wieder einmal ein Beleg dafür wäre, wie schnelllebig der Fußball ist, ganz besonders beim FC Chelsea. Der Klub hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Trainers verbraucht. Kontinuität auf dem Posten des wichtigsten Mitarbeiters gibt es nicht. Conte ist schon der zwölfte Übungsleiter, der nach der Übernahme des Vereins durch Roman Abramowitsch im Sommer 2003 sein Glück an der Stamford Bridge versucht. Er ist seit 2016 bei Chelsea angestellt und führte die Mannschaft gleich in seiner ersten Saison zum Titel, und das ziemlich beeindruckend.
"Wir sind Außenseiter, ganz klar"
Doch von der Dominanz der vergangenen Spielzeit ist nicht mehr viel übrig. Aktuell hat das Team keine Chance auf die Meisterschaft, liegt 19 Punkte hinter Spitzenreiter Manchester City und muss als Tabellenvierter mit nur einem Zähler Vorsprung auf Verfolger Tottenham Hotspur sogar um die Zulassung zur Champions League fürchten. Seit dem Jahreswechsel gewann die Mannschaft nur fünf von zwölf Spielen. Trainer Conte macht sich daher keine Illusionen vor der Partie gegen den FC Barcelona, dem Tabellenführer der spanischen Primera División.
"Wir sind Außenseiter, ganz klar. Diese beiden Spiele sind wichtig, um zu verstehen, auf welchem Level wir uns in diesem Wettbewerb befinden", sagt er. Die sportlich mäßige Saison ist allerdings nicht der entscheidende Grund dafür, dass Conte im Sommer wohl seinen Ausstand geben muss. Die größere Rolle dürfte die Tatsache spielen, dass es zwischen ihm und der Vereinsführung knirscht. Im Gegensatz zur Anfangszeit unter Abramowitsch hat der FC Chelsea nun den Ruf, auf junge Spieler mit Entwicklungspotenzial zu setzen, auf Spieler wie den ehemaligen Mönchengladbacher Andreas Christensen und den Franzosen Tiemoué Bakayoko. Conte dagegen scheint erfahrene Profis zu präferieren.
Er warnte vor einer "Mourinho-Saison"
Diese unterschiedlichen Auffassungen wären noch zu verschmerzen, doch offenbar verpasste es der Klub im Sommer, mehrere von Contes Wunschspielern zu verpflichten, unter anderem Verteidiger Virgil Van Dijk (jetzt beim FC Liverpool) und Angreifer Romelu Lukaku (jetzt bei Manchester United). Der Trainer hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er unglücklich ist über die Transferpolitik des Klubs. Er warnte schon früh vor einer "Mourinho-Saison", wie er es nannte. Das war eine Anspielung auf den Absturz des Klubs unter seinem Vorgänger José Mourinho in der Spielzeit 2015/2016, übrigens auch als amtierender Meister.
Tatsächlich ist es Chelsea in dieser Saison nicht gelungen, die Weggänge im Sommer - Nemanja Matic wechselte zu Manchester United, Diego Costa wurde zu Atlético Madrid abgeschoben - gleichwertig zu ersetzten. Das belegen auch die hektischen Transfers, die der Klub im Januar tätigte. Chelsea verpflichtete Ross Barkley vom FC Everton und Olivier Giroud vom FC Arsenal. Als Helfer in der Not sozusagen. Für einen Klub, der in vier Wettbewerben gestartet ist, verfügt Chelsea über einen ziemlich dünnen Kader, Ausfälle sind nur schwer aufzufangen.
Beim Verein soll Contes Öffentlichkeitsarbeit nicht gut angekommen sein. Zwar wurde der Trainer vor der Saison mit einem neuen Vertrag ausgestattet, allerdings nur zu veränderten Bezügen, die Laufzeit (bis Sommer 2019) wurde nicht erweitert. Ein merkwürdiges Manöver. Als der Trainer von seinen Vorgesetzten neulich ein öffentliches Signal der Unterstützung forderte, blieb diese Bitte unbeantwortet. Immerhin behielt er nach der Niederlage gegen Watford vor zwei Wochen seinen Job. Doch dieser Vertrauensbeweis dürfte nur bis zum Ende der Saison gelten.
Quelle: ntv.de