Löws Eleven sind zurück DFB-Elf spielt wieder so, wie es der Chef will
06.09.2015, 11:46 Uhr
Deutschlands Fußball-Chefdirigent Joachim Löw wird von seinem Orchester wieder erhört.
(Foto: AP)
Spielfreudig wie lange nicht trumpft das DFB-Team gegen Polen auf. Weil die Abwehr wackelt, wird’s trotzdem spannend. Weltmeisterliche Komfortzone war gestern, jetzt zählt die EM. Und das, was der Bundestrainer Mission II nennt.
Es war ein starkes Signal, das die deutschen Fußballer da gesendet haben. Mit dem 3:1-Sieg gegen Polen am Freitagabend in Frankfurt erspielten sie sich nicht nur so gut wie sicher die Teilnahmeberechtigung für die Europameisterschaft. Joachim Löws Weltmeister haben nach einem arg mäßigen Jahr auch gezeigt, dass sie von nun an wieder gewillt und in der Lage sind, ernst zu machen, ergo den nächsten Titel anzupeilen. Der Bundestrainer hatte in der vergangenen Woche die EM, die in neun Monaten in Frankreich stattfindet, gar nur als Etappenziel bezeichnet. Sein Plan reicht weiter, sein Augenmerk gilt dem, was er "Mission II" nennt. Er will mit seiner Mannschaft 2018 in Russland erfolgreich den WM-Titel verteidigen.
Da verwundert es kaum, dass Löw nach dem ebenso leidenschaftlichen wie spielerisch hochklassigen Erfolg gegen ein starkes polnisches Team sagte: "Wir werden in Schottland konzentriert auftreten. Und wir werden das Spiel gewinnen." Er tat das so betont beiläufig, dass es fast schon wieder gezielt platziert wirkte: Liebe Leute, über einen Gegner, der am Freitag in Georgien verloren hat, diskutieren wir nun wirklich nicht. In der Tat ist die Lage für die DFB-Elf vor diesem drittletzten EM-Qualifikationsspiel am Montag (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker auf n-tv.de) in Glasgow durchaus komfortabel. Deutschland führt nach der Kurskorrektur nun mit 16 Punkten die Tabelle der Gruppe D an, vor Polen (14), Irland (12) und Schottland (11). Da auch der Zweitplatzierte nach Frankreich darf und selbst der Dritte noch eine Chance in den Playoffs bekommt, dürfte es schwer werden, das zu vermasseln.
"Was wir wollten, wirklich gut umgesetzt"
Aber darüber denkt der Bundestrainer auch gar nicht nach. Er wollte zwar nicht explizit zugeben, dass das 3:1 der besten Leistung seit dem Titelgewinn in Brasilien entsprungen war. Aber: "Es war auf jeden Fall über weite Strecken ein gutes Spiel, in dem wir gut kombiniert haben. Die Mannschaft hat das, was wir wollten, wirklich gut umgesetzt." Was im krassen Gegensatz zu den Darbietungen der Nach-WM-Saison stand, die als Sabbatjahr mit ausdrücklicher Billigung des Chefs in die Geschichte des DFB eingehen wird. Löw hatte mit diesem, wie er es nannte, "emotionalen Abfall" gerechnet und räsoniert: "Meine Ansprüche sind ja immer irgendwie relativ hoch gehängt. Aber die Dinge, die man als Trainer erwartet, werden ja nicht immer unbedingt erfüllt." Das gilt ab sofort nur noch bedingt.
So hatte er durchaus gesehen, dass - trotz aller Spielfreude und einem Ballbesitzanteil von über 70 Prozent - gegen eine dennoch weniger defensiv als erwartet auftretende polnische Mannschaft nicht alles prima war. Mario Götze beendete zwar mit seinen zwei Toren zumindest bis zur nächsten Partie die Diskussion zu seinen Gunsten, ob das deutsche Team einen echten Mittelstürmer braucht, den es in der gebotenen Qualität nicht gibt - oder ob es auch passt, wenn einer diesen Job übernimmt, der seinen natürlichen Lebensraum im Mittelfeld hat.
Und überhaupt war das Angriffsspiel mit Thomas Müller, Mesut Özil und Karim Bellarabi, der nach einer knappen Stunde durch den mehr als gleichwertigen Ilkay Gündogan ersetzt wurde, zeitweise herrlich anzuschauen und in der Summe erfolgreich. Die Defensive aber wackelte bisweilen, was für das Publikum immerhin den positiven Effekt hatte, dass es zwischendurch nach dem Treffer von Robert Lewandowski zum 1:2 richtig spannend war. Das allerdings ist keine Löw’sche Kategorie, kein Trainer der Welt mag das.
"Wir waren fast über die ganze Zeit dominant, machen es uns aber manchmal durch eigene Fehler etwas schwer", räumte Löw das ein, was eh alle gesehen hatten. Flügelspieler Müller, der übrigens auch Mittelstürmer kann und das erste deutsche Tor erzielte, wurde da etwas deutlicher: "Wir sind sicher erleichtert, dass wir gewonnen haben. Ich hätte mir aber schon gewünscht, dass wir etwas stabiler stehen und nicht so viele Fehlpässe spielen. Auch ich habe da in der zweiten Halbzeit zweimal die Polen bedient. Das gibt dem Spiel für mich persönlich so einen kleinen negativen Touch." Das ist auch ein starkes Signal, wenn einer der Besten so etwas sagt.
Quelle: ntv.de