Fußball

Trainer auf Abschiedstour Das triste Ende der Ära Wenger bei Arsenal

"Arsenal! Arsenal! Arsenal!"

"Arsenal! Arsenal! Arsenal!"

(Foto: REUTERS)

Beim FC Arsenal herrscht wenig Wehmut über den Abschied von Trainer Arsène Wenger. Die Fans scheinen froh zu sein, dass er nach 22 Jahren geht. Sie sind lethargisch und gleichgültig. Ein letzter Titel bleibt ihm wohl verwehrt.

Riefen sie seinen Namen? Oder den Namen ihres Klubs? Kurz vor dem Einmarsch der Mannschaften zum Halbfinal-Hinspiel der Europaliga gegen Atlético Madrid schwenkte das Publikum im Stadion des FC Arsenal rote und silberne Fahnen, die der Verein bereitgelegt hatte. Dazu blitzten und blinkten die Flutlichter. Dramatische Musik donnerte aus den Lautsprechern. Es war eine große Show zum Auftakt einer vermeintlich großen Fußball-Nacht. Die Fans waren bestens bei Stimme. Sie riefen an diesem Donnerstagabend: "Arsenal! Arsenal! Arsenal!" Man musste genau hinhören, um das zu erkennen. Es hätte auch heißen können: "Arsène! Arsène! Arsène!" Tat es aber nicht.

Vergeigt: Mesut Özil.

Vergeigt: Mesut Özil.

(Foto: REUTERS)

Am Ende der Saison gibt Arsène Wenger seinen Posten als Trainer des Klubs auf, nach fast 22 Jahren. Es ist das Ende einer Ära, die so einzigartig ist wie gegensätzlich. In der ersten Hälfte seiner Amtszeit machte Wenger das einst für seinen langweiligen Fußball bekannte Arsenal zu einem der aufregendsten Vereine Europas mit drei Meisterschaften um die Jahrtausendwende und die Erfindung der berühmten Invincibles. Die zweite Hälfte war geprägt durch einen sportlichen Sinkflug und von ständigen Fan-Protesten gegen den Trainer.

Wahrscheinlich wird Wenger viel Applaus bekommen, wenn er kommende Woche Sonntag, am 6. Mai, gegen den FC Burnley sein letztes Heimspiel als Arsenal-Trainer erlebt, doch bis dahin müssen Wehmut und Dankbarkeit warten. Noch haben die Fans nicht das Bedürfnis, die Partien zu Abschiedsfeiern für den scheidenden Trainer zu machen. Das war gegen Atlético zu beobachten, als Arsenal trotz 80-minütiger Überzahl nur zu einem 1:1 kam und sich eine ziemlich trübe Ausgangslage für das Rückspiel am kommenden Donnerstag in Madrid verschaffte. Es gab keine Gesänge für Wenger, keine Spruchbänder, die seine Verdienste würdigten. Nur die üblichen Banner hingen im Stadion. Arsenal Malaysia. Arsenal Sweden. Singapore Gooners. Und so weiter.

"Aber 22 Jahre sind in jedem Job zu viel"

Dan Landau betreibt keine fünf Fußminuten von der Spielstätte entfernt eine Mischung aus Fanshop und Museum. Er verkauft alte Trikots, Pins, gerahmte und unterschriebene Fotos von Helden der Vergangenheit wie Thierry Henry, Robert Pires oder Dennis Bergkamp. "Wenger ist einfach viel zu lange geblieben. Er dachte, er tut den Leuten damit ein Gefallen. Aber 22 Jahre sind in jedem Job zu viel", sagt er. Sein Interesse an Arsenal hat nachgelassen in den vergangenen Jahren, in denen der Klub keine Kandidat mehr auf die Meisterschaft war und den Anhang mit Siegen im FA-Cup nur mäßig beglücken konnte. Trotz Dauerkarte ist Landau zuletzt immer öfter zu Hause geblieben, wenn sein Verein spielte. So ist es bei vielen Fans. Sie sind lethargisch und gleichgültig geworden. Deshalb ist keine Trauer über Wengers Abschied zu spüren, sondern eher Erleichterung, dass er endlich Platz macht für einen Neuanfang.

Warum das so ist, zeigte die Partie gegen Atlético. Arsenal hatte beste Chancen nach dem frühen Platzverweis gegen Sime Vrsaljko und hätte deutlich höher führen müssen als nur 1:0 durch den Treffer von Alexandre Lacazette nach einer Stunde. Am Ende vergeigte die Mannschaft das Spiel wie wahrscheinlich nur Arsenal ein Spiel vergeigen kann. Nach einem langen Ball patzte die Abwehr doppelt, Laurent Koscielny und Shkodran Mustafi rutschten aus und gestatteten Antoine Griezmann mit Atléticos einziger echter Chance den Treffer zum Ausgleich. "Der Abend schmeckt bitter für uns", musste Wenger hinterher gestehen.

Nach dem Remis wird es ziemlich schwer mit dem Einzug ins Endspiel am 16. Mai in Lyon. Die Chance, Wenger mit seinem ersten internationalen Titel mit Arsenal zu verabschieden, und das auch noch in seinem Heimatland, ist auf einen niedrigen Prozentsatz geschrumpft. Dabei ist der Europapokal alles, worum es für Arsenal noch geht in den letzten Wochen von Wengers Wirken. In der Premier League verpasst der Klub in dieser Saison zum zweiten Mal nacheinander die Champions-League-Plätze.

Die Spieler haben zuletzt bei jeder Gelegenheit betont, wie sehr sie dem Trainer eine Trophäe zum Abschied wünschen. Der ehemalige Mönchengladbacher Granit Xhaka zum Beispiel berichtete von einer Art Titelschwur. Doch damit wird es eng. Arsenal, in diesem Jahr in der Liga noch ohne einen einzigen Punkt auswärts, bräuchte (wohl) einen Sieg im Rückspiel bei Atlético, das seit elf Heimspielen kein Tor mehr kassiert hat. Die Mannschaft müsste eine Reife zeigen, die ihr so oft gefehlt hat in den vergangenen Jahren. Deshalb steht zu befürchten, dass Wengers Abschied vom FC Arsenal so verläuft wie der zweite Teil seiner Amtszeit. Nämlich traurig und trist. Und ohne großen Triumph.

Quelle: ntv.de

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