Personal-Rochade seit Bewerbung Der DFB sucht dringend die zerstörte EM-Euphorie
29.11.2023, 12:31 Uhr
Grindel, Bierhoff, Curtius. Keiner ist mehr beim DFB.
(Foto: picture alliance/dpa)
Als der DFB vor zehn Jahren seine Bewerbung für die EM 2024 einreicht, herrscht in Deutschland noch Fußball-Euphorie. Seitdem aber hat sich ziemlich viel geändert: Das DFB-Team stürzt ab, der Verband verschleißt eine ganze Reihe Präsidenten. Ein neues "Sommermärchen" ist weit weg.
Am 27. September 2018 feierte Reinhard Grindel den Deutschen Fußball-Bund (DFB) - und vor allem sich selbst. "Ich habe gekämpft. Aber nicht für mich, sondern für den DFB. Für das große Ziel, mit der EM 2024 einen Erfolg für den deutschen Fußball zu erreichen", jubelte der damalige DFB-Präsident am Tag der Endrunden-Vergabe nach Deutschland. Ein halbes Jahr später musste er zurücktreten.
Dass beim DFB seit der Ankündigung der Bewerbung am 24. Oktober 2013 vier Präsidenten und zwei Interimsbosse am Ruder waren oder sind, sagt alles über den Zustand des größten Einzelsportverbands der Welt. Dennoch war die Vergabe am Ende eine klare Sache. Das Votum des Exekutivkomitees der Europäischen Fußball-Union (UEFA) fiel mit 12:4 bei einer Enthaltung deutlich für Deutschland aus, der Mitbewerber aus der Türkei hatte keine Chance.
Wie lange das Ganze bereits zurückliegt, zeigen die Namen der Gratulanten aus der Politik, die längst nicht mehr im Amt sind. "Wir freuen uns auf spannende Spiele bei der EM und auf den Besuch von Fans aus ganz Europa", ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel ausrichten. "Das wird die Gelegenheit sein, zu zeigen, wofür wir in Deutschland einstehen: Für Weltoffenheit und Toleranz, für Freiheit und Respekt", sagte Außenminister Heiko Maas.
Fünf Jahre von Interesse bis Vergabe
Im Vorfeld der Abstimmung hatte die UEFA der deutschen Bewerbung in ihrem Evaluierungsbericht das bessere Zeugnis ausgestellt. Schnell wurde vom "Sommermärchen 2.0" gesprochen - 18 Jahre nach der WM 2006. Ganz so leicht war der Weg zur zweiten EM-Endrunde auf deutschem Boden nach 1988 aber nicht.
Nachdem der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach beim Bundestag in Nürnberg im Oktober 2013 das Interesse des Verbandes bekundet hatte, stieg der DFB ein Jahr später aus dem Rennen um die Finalrunde der damals für 2020 geplanten paneuropäischen EM aus. Durch die Vermeidung der Kampfabstimmung gegen London sollten die Chancen auf 2024 erhöht werden.
Ein weiteres Jahr später musste Niersbach im Zuge der Sommermärchen-Affäre seinen Hut nehmen. Niersbachs Nachfolger Grindel rief die EM 2024 zum "Leuchtturmprojekt" aus. Im Januar 2017 beschloss das DFB-Präsidium dann offiziell die Bewerbung, einen Monat später zog die Türkei nach. Ende 2017 stieg Philipp Lahm als EM-Botschafter ein.
Die finale Phase der Bewerbung startete am 24. April 2018, als der DFB seine 868 Seiten starke Bewerbung bei der UEFA abgab, zwei Tage darauf folgten die Unterlagen der Türkei. Um seiner Bewerbung weiteren Schub zu geben, gab der DFB am 16. August 2018 bekannt, dass Lahm im Falle des Zuschlags den Posten des Turnierdirektors übernehmen wird. Kurz darauf durfte gefeiert werden.
Damalige Euphorie ist verflogen
Viele Hoffnungen, die mit dem Zuschlag verbunden waren, erfüllten sich allerdings nicht. In den krisengeplagten DFB kehrte keine Ruhe ein, die Nationalmannschaft liegt nach wie vor am Boden, von Euphorie im Land ist ein halbes Jahr vor dem Turnier (14. Juni bis 14. Juli) kaum etwas zu spüren.
Das hatte sich Grindel ganz anders vorgestellt, als die DFB-Mitarbeiter am Tag nach der Vergabe am damaligen Verbandssitz in Frankfurt am Main mit warmen Würstchen und Bier vom Fass den Erfolg feierten: "Das ist ein ganz großer Tag für den Spitzen- und den Breitenfußball in Deutschland." Rund fünf Jahre später sieht die Realität anders aus. Mit der Gruppenauslosung an diesem Samstag (17.45 Uhr/RTL und im ntv.de-Liveticker) beginnt nun allerdings so langsam die heiße Phase des Turniers.
Quelle: ntv.de, ara/sid