"Einige mit 0-Prozent-Quote" Der FC Bayern ist mächtig sauer, aber nur auf sich selbst
20.03.2023, 06:55 Uhr
Der FC Bayern ärgert sich über sich selbst.
(Foto: picture alliance/dpa)
Es liegt was in der Luft: Zum ersten Mal seit elf Jahren steht der FC Bayern München nach dem 25. Spieltag der Fußball-Bundesliga nicht an der Tabellenspitze. Das haben sie sich in einem kuriosen Spiel selbst eingebrockt. Entsprechend sauer sind die Verantwortlichen.
Kinder, die nach dem 5. Mai 2012 geboren wurden, haben in ihrem Leben nie einen anderen deutschen Fußball-Meister erlebt, als den FC Bayern. Seitdem haben sie ihre Kindergartenzeit hinter sich gebracht, manche kicken inzwischen selbst, alle wurden sie inzwischen eingeschult, die ersten Jahrgänge besuchen schon eine weiterführende Schule. In diese Zeit fällt das Ende von "Wetten, dass ...?" und ein Abenteurer ließ sich irgendwann dazwischen unter weltweiter Anteilnahme aus 39 Kilometern Höhe auf die Erde plumpsen.
Es sind viele verrückte Dinge passiert seitdem, aber nie wieder stand am Ende einer Bundesligasaison jemand anderes ganz oben als der FC Bayern. Und meistens waren die Dinge ja auch schon früh geregelt, so wie eben das Aus von "Wetten, dass ...?!" niemanden mehr überraschte: Immer führte der FC Bayern auch nach dem 25. Spieltag schon die Tabelle an - bis jetzt!
"Einige Spieler mit 0-Prozent-Quote"
Denn erstmals seit Beginn seiner gewaltigen Meisterserie, die in Europa ihresgleichen sucht, ist der Rekordmeister zu diesem Zeitpunkt der Saison wieder nur Zweiter. Durch das kuriose 1:2 (1:0) bei Bayer Leverkusen fiel der FC Bayern vor dem Bundesligaknaller am 1. April gegen Borussia Dortmund wieder hinter eben jenen BVB zurück. Als es zuletzt diese Konstellation gab, wurde Borussia Dortmund Meister - und der FC Bayern nicht.
Und es knallte beim FC Bayern nach dem dürftigen Auftritt in Leverkusen ordentlich. Vereint schimpften Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Trainer Julian Nagelsmann auf ihre Mannschaft ein, die noch unter der Woche Paris St. Germain vergleichsweise locker und voll konzentriert aus der Champions League befördert hatte. "Außer die letzten zehn Minuten waren wir die schlechtere Mannschaft. Es war wenig Power auf dem Feld, wir haben kein gutes Spiel gemacht. Also haben wir verdient verloren", sagte Nagelsmann bei DAZN. "Das hatten wir immer wieder mal. In den letzten Wochen war es besser geworden, diese Paarung aus Emotion und Qualität. Heute waren wir träge. Defensiv und offensiv hatten einige Spieler eine 0-Prozent-Quote. Im eigenen Spielvortrag waren wir ganz schwach gewesen."
Tatsächlich fiel Joshua Kimmichs Führungstreffer in der 22. Minute eher überraschend, der Sieg von Bayer Leverkusen, das am Donnerstag gegen die Ungarn von Ferencvaros Budapest den Einzug ins Viertelfinale der Europa League klargemacht hatte, war trotz der kuriosen Begleitumstände verdient. Dass Schiedsrichter Tobias Stieler auf Hinweis des VAR zwei vermeintliche Schwalben Amine Adlis nachträglich zu zwei Elfmetern umwürdigte, war hinterher in der Analyse der Bayern-Granden kaum ein Thema. "Das war nicht das, was Bayern München bedeutet. Wir haben alles vermissen lassen", schimpfte Salihamidzic. "Wir haben uns von einer Mannschaft, die am Donnerstag noch gespielt hat, überrennen lassen. Bayer war in allen Belangen besser."
"Bitter, aber fair"
Die beiden Elfmeterszenen, die das Spiel auch rechnerisch zu Ungunsten des FC Bayern drehte, kommentierte man unisono fair. "Ich hatte beide Male gute Sicht und daher war es für mich relativ schnell ersichtlich, dass beides Elfmeter waren", sagte Nagelsmann. "Beim ersten Mal habe ich mir gleich gedacht, dass Adli an der Ferse getroffen wurde. Beim zweiten Mal wusste ich, dass es eine Schwalbe auf jeden Fall nicht war." Schiedsrichter Stieler hatte in beiden Fällen Leverkusens Amine Adli zunächst Gelb gegeben. Beide Male nahm er diese zurück und entschuldigte sich und gab Elfmeter, durch die Exequiel Palacios Leverkusens 2:1-Sieg sicherte.
"Wenn es über den Videobeweis gecheckt wird, denke ich, dass es zweimal klar gewesen sein wird", sagte auch Torschütze Joshua Kimmich. Und Nagelsmann zog versöhnlich einen Strich unter die Thematik. "Ich bin generell ein Freund vom VAR", sagte der Coach: "Heute waren es zwei Elfmeter, demnach war alles im Sinne der Gerechtigkeit. Von daher war es bitter, aber fair."
Beim FC Bayern arbeiteten sie sich an diesem ärgerlichen Abend von Leverkusen eben lieber an der eigenen Mannschaft ab - und das so heftig, dass für etwas anderes ohnehin kaum Zeit und Luft gewesen wäre: "So wenig Antrieb, so wenig Mentalität, so wenig Zweikampfführung, so wenig Durchsetzungsvermögen habe ich selten erlebt. Diese Mannschaft ist so gut, wenn sie von Anfang an eine Mentalität hat und 100 Prozent geht", sagte Sportvorstand Salihamidzic. "Und genauso ist sie nicht so gut, wenn sie spielt wie heute. Wenn sie träge ist und denkt, dass sie mit der spielerischen Qualität alles erledigen kann. Das kann sie einfach nicht."
Nun geht der Rekordmeister als Jäger in die Länderspielpause. "Die paar Spieler, die da sind, werden trainiert. Und ab Mittwoch werden wir uns vorbereiten", kündigte Nagelsmann an. Am 1. April kann der FC Bayern die schwache Leistung schnell wieder reparieren: Mit einem Sieg gegen Tabellenführer Borussia Dortmund kann man die Tabellenführung zurückerobern. Als der FC Bayern zuletzt am 26. Spieltag in der Rolle des Jägers war, wurde Borussia Dortmund Deutscher Fußballmeister. Danach nicht mehr.
Quelle: ntv.de, ter