Auch Süle macht den Abgang Der Spieler, der beim FC Bayern kein Glück fand
25.01.2022, 06:40 Uhr
Niklas Süle und der FC Bayern, das passte irgendwie nie so richtig zusammen.
(Foto: picture alliance / Wagner)
Der FC Bayern verliert den vierten Defensivspieler nacheinander, ohne für ihn eine Ablöse zu kassieren. Niklas Süle sucht im Sommer eine neue Herausforderung. Über einen Fußballer, der beim Rekordmeister in München nie das wurde, was er eigentlich hätte werden sollen.
Was macht Niklas Süle eigentlich in der kommenden Spielzeit? Diese Frage ist seit diesem Montag in Teilen beantwortet. Der Innenverteidiger wird nach ntv-Informationen nicht mehr für den FC Bayern auflaufen. Steht also nur noch die Teilantwort aus, wohin es den hünenhaften Abwehrspieler zieht. Womöglich ist die Sache ja auch schon geklärt, nur bestätigt ist sie noch nicht. Wahrscheinlich zieht es den 26-Jährigen ins Ausland. In der Bundesliga dürfte es jedenfalls keinen Verein geben, der ihm attraktiver erscheint als der Rekordmeister. Und ohnehin hatte Süle in der Vergangenheit häufiger mal seine Zuneigung für die Premier League angedeutet.
Vielleicht zieht es ihn ja zu Newcastle United, zum neuerdings reichsten Klub der Welt, der derzeit noch um den Ligaerhalt zittert, aber ab der kommenden Saison um Titel spielen will. Das Gerücht jedenfalls ist in der Welt. Ebenso wie jenes zum FC Chelsea. Beim Londoner Topklub könnten im Sommer zwei Plätze für Innenverteidiger frei werden. Antonio Rüdiger und Andreas Christensen sollen sich intensiver mit einem Abgang befassen. Das Bizarre daran: Beide Fußballer werden beim FC Bayern gehandelt. Alle Spieler wären demnach potenzielle Nachfolger ihrer Vorgänger. Klar so weit? Wer da nun womöglich den besseren Deal macht? Die Münchner dürfte das vorerst nicht beschäftigen. Denn drängender ist doch die Frage, warum sie nun nach David Alaba erneut den wichtigsten Abwehrspieler nicht halten können. In der Aufarbeitung dürfte es auch um den Faktor Wertschätzung gehen. Nicht nur monetär.
Süle ist bereits der vierte Defensivspieler in Serie, der die Münchner ohne Ablöse verlässt. Für den so aufopferungsvoll arbeitenden, aber ausgelaugten Helden Javi Martinez hatte man keine Verwendung mehr. Auch bei Jérôme Boateng war der Verzicht eine bewusste Klubentscheidung. Bei Alaba war die Sache ebenfalls klar. Ein Piranha namens Pini Zahavi hatte den Klub mit seinen Forderungen so sehr gestresst, dass ein neuer Vertrag nicht mehr möglich wurde.
Die Zweifel blieben - immer
Wie genau die Lage bei Süle war, ob auch er nur wegen des angebotenen Gehalts auf eine Verlängerung verzichtete, ist (noch) unklar. Womöglich hatte Süle auch mit seiner wahrgenommenen Rolle gehadert. Denn der Abwehrchef, der er nach seinem Wechsel aus Hoffenheim im Sommer 2017 in München werden sollte, ist er bis heute nicht. Zumindest nicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Dazu hat auch beigetragen, dass die Bosse des Klubs es nie geschafft haben, Berichte über Zweifel am Spieler glaubhaft abzumoderieren.
Vor gut zwei Jahren, im November 2020, wurde plötzlich im Land über die körperliche Verfassung des Abwehrspielers debattiert. Für den damaligen Bundestrainer Joachim Löw war Süle fit genug, für den Trainer des FC Bayern, für Hansi Flick, nicht. Er sprach von einem Trainingsrückstand. Nun, bei dieser unterschiedlichen Bewertung der Trainer blieb es nicht. Die "Sport Bild" schob damals nach, dass es "interne Diskussionen" in der Führungsriege gebe, ob man Süles Vertrag wirklich verlängern sollte. Ein Spiel "auf Bewährung" wurde ausgerufen. Süle sollte dem Bericht zufolge nachweisen, dass er "ein Bayern-Spieler" ist. Einer mit Hingabe, Gier und Professionalität. Die wurde ihm immer mal wieder abgesprochen. Ein etwas zu großes Plus an Hüftgold war das Stichwort.
Stand jetzt, also gut zwei Jahre später, hat Süle nachgewiesen, dass er ein Mann für den FC Bayern ist. Unter seinem ehemaligen Förderer bei der TSG Hoffenheim, unter Trainer Julian Nagelsmann, ist der 26-Jährige in dieser Saison zum besten und souveränsten Innenverteidiger aufgestiegen. Mit dem ebenfalls starken Lucas Hernández bildet er das stabilste Duo beim Rekordmeister, während der von RB Leipzig gekommene Dayot Upamecano viel zu oft zwischen in den Leistungen schwankt. Der Mann, der mancherorts wie einst Süle ebenfalls schon zum neuen Abwehrchef ausgerufen worden war, deutet zwar immer wieder an, dass er das Potenzial hat, eine herausragende Kraft im Zentrum zu werden, dann aber unterlaufen ihm immer wieder aberwitzige Fehler.
Nagelsmann trifft das hart
Einer, den der Abgang von Süle besonders hart trifft, ist Nagelsmann. Der Abwehrspieler ist, wenn man so will, der Lieblingsschüler des Trainers. Im Spätsommer schwärmte er von den "unglaublich vielen Schritten", die der 26-Jährige noch gehen könne. Und dass man ihn, wenn denn "alles normal läuft, in drei, vier Monaten nicht mehr wiedererkennen" würde. So weit ist es indes vermutlich nicht gekommen. Aber dass Süle wieder zu Deutschlands bestem Innenverteidiger aufsteigen würde, das war Mitte des vergangenen Jahres längst keine ausgemachte Sache. Und diese Bewertung verliert auch nicht dadurch an Gewicht, dass Mats Hummels und Matthias Ginter längst nicht mehr auf Top-Niveau spielen. Und dass über Jérôme Boateng überhaupt nicht mehr diskutiert wird.
Auch so eine Sache, die Süle ja geschafft hat. All die Warnungen, dass der FC Bayern ohne Alaba und Boateng ein Problem bekommen würde, sind nicht nachhaltig eingetroffen. Und dennoch ist es nicht so, dass er deshalb zu großer Ehre gekommen wäre. Als Unverzichtbarer wird er auch im Winter 2022 nicht gehandelt. Den Heldenstatus, den Alaba (immer) und Boateng (oft) in München innehatten, der blieb Süle verwehrt. Süle war zwar immer dabei, aber nie mittendrin, wenn es um Anerkennung ging. Vielleicht wird sie ihm im Nachgang noch zuteil, denn der FC Bayern muss erst mal einen Nachfolger auf diesem Niveau finden…
Quelle: ntv.de